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Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising - Teil 09-1 Vorvertragliche Haftung


9. Haftung

9.1. Grundlegendes zur Haftung

Der Begriff Haftung bedeutet, dass jemand im Schadensfall in Anspruch genommen werden kann. Eine Haftpflicht kann sich für die Franchisepartner aus einem angestrebten, bestehenden oder beendeten Vertragsverhältnis ergeben. Außerdem kann eine Haftpflicht außerhalb des Vertragsverhältnisses entstehen.

Näher betrachtet werden daher:

  • vorvertragliche Haftung (9.2.),
  • vertragliche Haftung (9.3.),
  • nachvertragliche Haftung (9.4.),
  • Haftung im Außenverhältnis (9.5.)

Wer mit Recht in Anspruch genommen wird, muss für den entstandenen Schaden einstehen, also Schadensersatz leisten.

Nachstehende Varianten des Schadenersatzes sind denkbar:

  • Schadenersatz neben der Leistung,
  • Schadenersatz statt der Leistung

9.2. Vorvertragliche Haftung

Eine vorvertragliche Haftung ist namentlich nur vor Abschluss eines Vertrages möglich. Sie kann durch Vertragsverhandlungen entstehen und kommt sowohl für den Franchisegeber (9.2.1.), als auch für den Franchisenehmer (9.2.2.) in Betracht. In besonderen Fällen kann sich zudem eine vorvertragliche Haftung eines außenstehenden Dritten ergeben (9.2.3.).


9.2.1. Vorvertragliche Haftung des Franchisegebers

Eine wichtige Pflicht des Franchisegebers ist die vorvertragliche Aufklärungspflicht (5.2.). Verstößt der Franchisegeber gegen diese Pflicht und führt dadurch einen Schaden bei einem Franchisenehmer herbei, so begründet sich dadurch eine Haftpflicht des Franchisegebers. Eine vorvertragliche Haftpflicht entsteht jedoch nicht nur bei einem Verstoß gegen die Aufklärungspflicht. Jede denkbare Pflichtverletzung des Franchisegebers, die einen Schaden beim potenziellen Franchisenehmer herbeiführt, kann zu einer Haftpflicht führen.

Beispiel 76: Vorvertragliche Haftung (Franchisegeber)
N ist am Franchisekonzept des G interessiert. Bei den Vertragsverhandlungen versäumt G fahrlässig, N umfassend über den genauen Ablauf der Eingliederung in das Franchisenetz aufzuklären. Ein Franchisevertrag wird geschlossen, doch als erhebliche und unerwartete Kosten auf N zukommen, ist dieser empört. Er gibt an, dass er mit diesem Wissen einem Vertragsschluss niemals zugestimmt hätte, verlangt von G den Schaden ersetzt und möchte im Übrigen nicht am Vertrag festhalten.Hat N mit seinen Forderungen Erfolg?N hat gute Aussichten auf Erfolg, wenn er einen Anspruch gegen G auf Schadenersatz hat. N beruft sich auf eine vorvertragliche Haftung des G. Sofern der Franchisevertrag für diese Situation keine Regelung vorsieht, greifen die gesetzlichen Regelungen. Gemäß § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB müsste G eine Pflicht aus dem Franchiseverhältnis verletzt und so einen Schaden bei N herbeigeführt haben. Nach § 311 Absatz 2 Nr. 1 entsteht ein Schuldverhältnis bereits durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Weiterhin müsste G die Pflichtverletzung zu vertreten haben. Gemäß § 276 Absatz 1 Satz 1 BGB hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. G handelte fahrlässig (§ 276 Absatz 2 BGB), hat die Pflichtverletzung mithin zu vertreten. N möchte den Schaden ersetz haben, im Übrigen aber nicht am Vertrag festhalten. Er verlangt den so genannten Schadenersatz statt der Leistung, der nach § 280 Absatz 3 BGB nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB, des § 282 BGB oder des § 283 BGB geltend gemacht werden kann. In Betracht kommen hier die zusätzlichen Voraussetzungen des § 282 BGB in Verbindung mit § 241 Absatz 2 BGB. Da G nicht angemessen auf die Interessen des N Rücksicht genommen hat und N ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar ist, liegen die Voraussetzungen für einen Schadenersatz vor. Nach § 249 Satz 1 BGB ist N so zu stellen, als wäre der Schaden nie eingetreten. Das bedeutet, dass G dem N die Kosten zurückerstatten muss, wenn dieser den Vertrag im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht abgeschlossen hätte.N hat mit seinen Forderungen gute Aussichten auf Erfolg, sofern die Kosten des N tatsächlich als Schaden gewertet werden.


9.2.2. Vorvertragliche Haftung des Franchisenehmers

Der Aufklärungspflicht des Franchisegebers steht die Informations- und Auskunftspflicht des Franchisenehmers (5.4.) gegenüber. Konsequenterweise führt ein Verstoß gegen diese Pflicht im Schadensfall zu einer vorvertraglichen Haftung des Franchisenehmers.

Beispiel 77: Vorvertragliche Haftung
FNN unterlässt es vorsätzlich, den G vor Vertragsschluss über finanzielle Unzulänglichkeiten zu informieren. Als N wegen seiner finanziellen Lage keinen Kredit erhält, ist es ihm nicht möglich, den Franchisebetrieb zu eröffnen und an G die angefallenen Gebühren zu entrichten. G hatte wiederum Beratungs- und Schulungskosten für N zu tragen und verlangt von N nun den entstandenen Schaden ersetzt.Hat N mit seinen Forderungen Erfolg?Entsprechend der Lösung von Beispiel 76 ist N dem G schadenersatzpflichtig.


9.2.3. Vorvertragliche Haftung eines Dritten

In bestimmten Fällen kann eine Haftung eines Dritten in Betracht kommen. Dies ist dann möglich, wenn ein Dritter, der nicht Vertragspartei werden soll, maßgeblich auf die Vertragsverhandlungen einwirkt und dabei einen Schaden verursacht. Geregelt ist diese Möglichkeit in § 311 Absatz 3 BGB.

Beispiel 78: Vorvertragliche Haftung eines Dritten
Franchisegeber G und der Interessent N verhandeln in der Systemzentrale des G über den Abschluss eines Franchisevertrages. Während einer Pause tritt D an den N heran. D ist bereits Franchisenehmer des G und berichtet N von seinen außergewöhnlich hohen Gewinnen. D informiert N dabei jedoch unbewusst falsch. N schließt daraufhin begeistert mit G einen Franchisevertrag. Als N aber erkennt, dass die Angaben des D nicht korrekt waren, möchte er sich an diesen halten und einen tatsächlich entstandenen Schaden ersetzt haben. Am Franchiseverhältnis mit G möchte N jedoch festhalten.Hat N mit seinen Forderungen gegen D Erfolg oder müsste er sich an G halten?Eine Haftpflicht des G kommt nicht in Betracht, da dieser keine seiner Pflichten verletzte. Demnach kann nur eine Haftung des D in Frage kommen. Da D als Dritter außerhalb der Vertragsbeziehung zwischen N und G steht, kommt eine Haftung über § 311 Absatz 3 BGB in Betracht. Die weitere Vorgehensweise kann aus den Beispielen 76 und 77 entnommen werden.N hat demnach einen Anspruch auf Schadensersatz gegen D.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising" von Harald Brennecke und Christian Metzger, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-15-1.


 

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Stand: September 2007


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist seit Jahren im Bereich Franchiserecht und dem weiteren Vertriebsrecht tätig. Er gestaltet Franchisekonzepte und berät Franchisegeber beim Aufbau von Franchisesystemen und verwandten Partnerkonzepten. Neben der Prüfung von Franchiseverträgen namhafter bundesweiter Franchisegeber für verschiedene Franchisenehmergruppen hat er Erfahrung mit der Erstellung von Einzel-Franchiseverträgen wie Masterfranchiseverträgen.
Rechtsanwalt Brennecke berät hinsichtlich der Durchsetzung und den Grenzen der Franchisepflichten. Er vertritt bei Streitigkeiten der Franchisevertragspartner und bei der Kündigung des Franchisevertrages. Er begleitet Franchisenehmer und Franchisegeber bei der Einführung von zentralen Datenhaltungen, insbesondere unter dem oft übersehenen Blickwinkel des Datenschutzes.

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Bereich Franchiserecht und Vertriebsrecht veröffentlicht:

  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Provision des Handelsvertreters – Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Franchiserecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Franchisesysteme gründen – weitsichtige Planung von Franchise- und Partnersystemen
  • Datenschutz in Franchisesystemen – das unterschätzte Problem
  • Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
  • Schuldübernahme des vorhergehenden Franchisenehmers nach 25 HGB als Risiko bei der Fortführung Franchisestandorte durch neue Franchisenehmer

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