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Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG - Teil 21 - Irreführung durch Unterlassen Teil 1

5.1.4. Irreführung durch Unterlassen

Die Unlauterkeit der Irreführung kann auch durch ein Unterlassen herbeigeführt werden.

Unlauter handelt gemäß § 5a II UWG, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG (siehe auch unter Kapitel 3.1.2.) dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall und unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist.

Der § 5a II ist eher als Gebot zur transparenten Information zu verstehen.

In der „Schwarzen Liste“ gibt es bereits Tatbestände absolut verbotenen Unterlassens (siehe 3.1.3.1. Nr. 5 und 6: Unterlassene Information über zu geringe Bevorratung beworbener Waren oder Unterlassen des tatsächlichen Verkaufs der beworbenen Waren).

Das Verbot der Irreführung durch Unterlassen impliziert zugleich das Verbot, durch Schweigen oder Verschweigen von Informationen oder Tatsachen zu täuschen.

Wird ein Produkt üblicherweise in einer bestimmten Ausstattung geliefert, ist es irreführend, wenn das angebotene Produkt eines dieser üblichen Merkmale nicht aufweist und der Unternehmer das verschweigt.

Beispiel:

Das Anbieten eines Fahrzeugs, das für den Auslandsmarkt mit fehlenden in Deutschland üblichen Ausstattungsmerkmalen produziert wurde (ohne ESP, ABS o.ä.) ohne expliziten Hinweis hierauf ist unzulässig.

Daraus ergeben sich Informationspflichten, die der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher einzuhalten hat. Es muss sich dem Wortlaut des § 5a UWG nach aber um wesentliche Informationen handeln.

Beispiel:

Wenn dem Verbraucher durch eine sehr kleine Schrift wichtige Preisbestandteile (Anschlusspreis, monatlicher Mindestgesprächsumsatz, Mindestvertragslaufzeit) vorenthalten werden, handelt es sich um eine Irreführung über wesentliche Informationen.

In dem Verschweigen einer nachteiligen Eigenschaft kann eine irreführende Angabe liegen, wenn den Werbenden eine Aufklärungspflicht trifft. Beim Unterlassen des Hinweises muss zudem in einem wesentlichen Punkt getäuscht werden, der geeignet ist, den Kaufentschluss zu beeinflussen.

Die Aufklärungspflicht kann sich aus dem Gesetz, aus einem Vertrag oder aus vorangegangenem Tun ergeben.

Beispiel:

  • Beim Kauf eines Gebrauchtwagens muss man genau über die Anzahl der Vorbesitzer informiert werden.
  • Ein schriftlicher Hinweis in einer Fernsehwerbung ist nicht deshalb unbeachtlich, weil er von nur zuhörenden Teilnehmern nicht wahrgenommen wird.

Das Interesse des Verbrauchers an Informationen ist gegen das Interesse des Werbenden an einer einfachen, plakativen Werbeaussage abzuwägen. Dabei ist der Gesamteindruck zu berücksichtigen, den die Werbung hinterlässt. Durch das Verschweigen einer für den Kaufentschluss wesentlichen Tatsache wird meist ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen, was dann die gesamte Angabe irreführend macht. Maßgeblich ist die geschäftliche Relevanz der Irreführung.

5.1.4.1. Fallgruppen der Irreführung durch Unterlassen

Unter anderem wurden von der Rechtsprechung bereits folgende Beispielsfallgruppen anerkannt.

1. Auslaufmodelle

Verschweigt der Unternehmer, dass es sich bei der angebotenen Ware um ein Auslaufmodell handelt, liegt darin eine Irreführung. Maßgeblich dabei ist die Verkehrserwartung. Auslaufmodelle müssen als solche bezeichnet werden, wenn diese marktüblich günstiger gehandelt werden.

Beispiel:

Bei Elektrohaushaltsgroßgeräten besteht normalerweise eine Hinweispflicht durch den Verkäufer, wenn das Modell nicht mehr produziert und vom Hersteller selbst nicht mehr im Sortiment geführt wird oder vom Hersteller zum Auslaufmodell erklärt worden ist.

2. Werksgarantie

Beispiel:

Wenn ein Auto normal mit der üblichen Werksgarantie verkauft wird, muss ein Nicht-Vertragshändler, der Neuwagen ohne Werksgarantie verkauft, in seinen Anzeigen darauf hinweisen, dass die übliche Garantie fehlt.

Maßgeblich ist auch hier die Verkehrserwartung.

3. Parallel- oder reimportierte Kraftfahrzeuge

Der Verkäufer eines im Ausland erstausgelieferten Kraftwagens muss den Käufer auf das Land der Erstauslieferung hinweisen. Zusätzlich muss er darauf hinweisen, wenn inländische Vertragswerkstätten eine vom Hersteller zugesagte Gratisinspektion nur gegen Berechnung ausführen.

4. Verwendungsbeschränkungen

Eine Werbung ohne deutlichen Hinweis auf die verbotene Verwendung im Inland ist irreführend. Die Angabe „nur für den Export“ reicht nicht aus. Es muss explizit auch auf die gegebene Strafbarkeit einer Verwendung hingewiesen werden.

Beispiel:

Die Benutzung von Schreckschusspistolen darf im Normalfall nicht in der Öffentlichkeit geschehen, darauf muss beim Kauf hingewiesen werden.

5. Hinweis auf entfernte Kontrollnummern

Eine Irreführung liegt vor, wenn der Verkäufer nicht ausdrücklich beim Kauf auf eine etwa fehlende Geräte- oder Herstellernummer hinweist.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG" von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-12-0.


 

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Stand: November 2009


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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Harald Brennecke ist als Strafverteidiger, Anzeigenerstatter, Nebenklagevertreter oder Zeugenbeistand ausschließlich im Wirtschaftsstrafrecht tätig. 
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Als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz ist er im Bereich der UWG-Straftaten tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.
 
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In den komplexe wirtschaftsstrafrechtlichen Sachverhalten ist eine umfassende strategische Orientierung und vollständige Durchdringung des Sachverhalts schon vor der ersten Stellungnahme entscheidend.  

Rechtsanwalt Brennecke unterstützt auch Strafverteidiger durch rechtliche Zuarbeit im Hintergrund oder offene Begleitung in Bezug auf materiellrechtliche Themen.
   

Harald Brennecke hat im Wirtschaftsstrafrecht und angrenzenden Gebieten veröffentlicht:

  • „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl. ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
  • „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“, 2014, ISBN 978-3-939384-29-8, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“, 2014, ISBN 978-3-939384-26-7, Verlag Mittelstand und Recht

sowie etliche weitere Veröffentlichungen im Gesellschafts- und Insolvenzrecht.

Weitere Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht
  • Compliance
  • Insolvenzstraftaten

Harald Brennecke ist Dozent für Wirtschaftsstrafrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Im Bereich Wirtschaftsstrafrecht bietet er Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzstrafrechtliche Risiken für Geschäftsführer
  • Compliance im Mittelstand – Strafrisiken vermeiden durch kluge Unternehmensführung
  • Insolvenzstrafrecht für Steuerberater und Sanierungsberater  
  • Geschäftsführerhaftung – Die Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften: das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
  • Insolvenzrecht für Steuerberater und Unternehmensberater
  • Datenschutzstrafrecht
  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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