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Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG – Teil 26 – Kritik an der aktuellen Rechtsprechung


4. Kritik an der aktuellen Rechtsprechung

a) Auskunftsanspruch als originäres Gesellschafterrecht

Hieran lässt sich zweifeln. Der BGH leitet von der BGB-Gesellschaft ein Recht auf Kenntnis der anderen Gesellschafter ab. Lässt sich der Grundsatz, dass man seinen Vertragspartner kennen muss, auf die Publikumskommanditgesellschaft anwenden? Ist die Kenntnis über die Identität des Mitgesellschafters in jedem Fall zur Führung der Gesellschaft notwendig? Gibt es diesbezüglich besondere Ausprägungen im Gesellschaftsrecht?

Vorrangig wird kritisiert, dass der BGH den Informationsanspruch nicht anlassbezogen und ohne Erforderlichkeitsprüfung zuspricht. Er versäume es, der zugenommenen Bedeutung des Datenschutzes Rechnung zu tragen, zumal es sich hier grundsätzlich um personenbezogene Daten, die dem Bankgeheimnis unterfallen, handele. Gerade gesetzgeberische Wertungen, die in der Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, aber auch bei der Einführung des § 67 Abs. 6 Satz 2 AktG - und damit auch für das Gesellschaftsrecht - zum Ausdruck gebracht worden sind, würden damit nicht hinreichend gewürdigt.

Selbst wenn man einen Auskunftsanspruch grundsätzlich bejahen würde, sei zu prüfen, ob die Übermittlung der Daten nach dem BDSG zulässig ist. Denn die Auskunftsansprüche des allgemeinen Zivilrechts stünden unter dem Vorbehalt der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit. Insbesondere der weite Anspruch auf Auskunft nach § 666 BGB werde durch das BDSG eingegrenzt. Der Auftragnehmer müsse also erst dann und insoweit Auskunft erteilen, als die Auskunft sich nach Maßgabe des BDSG und anderer datenschutzrechtlicher Sonderbestimmungen als zulässig erweist.

Die Weitergabe von Name und Anschrift der Treugeber impliziere weitere Eigenschaften derselben. So werde mit der Preisgabe der genannten Daten auch über die Eigenschaft der entsprechenden Person als Treugeber informiert.

Der Auskunftsersuchende erfahre also auch, dass die Person einen Gesellschafts- und Treuhandvertrag für die Gesellschaft unterzeichnet hat. Damit sei aber eine Reihe von weiteren Informationen denknotwendig verbunden. So folge aus der Mitteilung der Treugeberstellung auch die Kenntnis darüber, dass jemand über einen längeren Zeitraum Einnahmen aus der Anlage erzielt hat. Ferner enthalte die Liste auch Wahrscheinlichkeitsurteile über die Finanzkraft des Treugebers. Denn die Mitgliedschaft in einer Anlagegesellschaft sei nur für diejenigen möglich, die überhaupt entsprechende, nicht unerhebliche Geldbeträge zur Verfügung haben.
All diese Daten (Name und Anschrift, Wahrscheinlichkeitsurteil über Finanzkraft, Zinseinnahmen der Treugeber usw.) würden aber zu den besonders sensiblen, vom BDSG geschützten Daten zählen.

Komme das BDSG zum Tragen, sei sofort zu bedenken, dass das Gesetz vom Leitbild her jedwede Verarbeitung personenbezogener Daten verbietet (§ 4 BDSG). Das BDSG habe sich bewusst für eine Regelungstechnik entschieden, die im Zweifel eine Verarbeitung personenbezogener Daten untersagt.

Da eine unmittelbare Einwilligung der Treugeber zur Weiterleitung der Daten regelmäßig nicht vorliege, sei die Herausgabe der Daten allenfalls noch aufgrund gesetzlicher Erlaubnis durch das BDSG denkbar. In Betracht kämen hier als Ermächtigungsgrundlagen Vorschriften des § 28 BDSG, die aber als Ausnahme vom Verbot der Verarbeitung eng auszulegen seien. Denkbar sei eine Anwendung von § 28 Abs.1 Satz l Nr.1 BDSG. Hiernach ist „das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke (...) zulässig, wenn es für die Begründung, Durchführung oder
Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisse mit dem Betroffenen erforderlich ist“.

Daten, die dem Vertragszweck lediglich dienlich, hierfür aber nicht zwingend erforderlich sind, seien nicht vom Erlaubnisvorbehalt des § 28 Abs.1 SatzNr.1 BDSG gedeckt.

Bei der Weiterleitung der Treugeberdaten durch den Treuhänder handele es sich nicht um ein Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke des Treuhänders, und die Weiterleitung sei auch gerade nicht für die Durchführung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich.

Ein Wesensmerkmal vieler Treuhandverträge bestehe gerade darin, Publizität zu vermeiden und die Anonymität der Gesellschafter zu sichern.
In einer Publikums-KG bestünden erhebliche Gründe für die Annahme, dass die Betroffenen ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben. Wer sich z.B. einem Immobilienfonds anschließt, tue dies auch im Rahmen einer Publikums-KG zur Sicherung seiner Anonymität. Er möchte nicht, dass seine Finanzdaten und seine Mitgliedschaft als Treugeber Fremden bekannt gegeben werden. Insofern sei auch die Bindung der zu übermittelnden Daten an das Bankgeheimnis zu berücksichtigen. Durch den Übermittlungsvorgang würde jemand, der nur einen kleinen Treuhandanteil erwirbt, auf einen Schlag Listen mit Namen und Anschriften aller anderen Treugeber bekommen. Er würde damit gleichzeitig erfahren, dass die genannten Personen finanziell liquide Finanziers mit gewissen Geldreserven sind. Es handele sich dabei um sehr sensible Daten, die an einen einzelnen Treugeber herausgegeben werden. Zu bedenken sei, dass dieser Treugeber nicht wie bei einer typischen BGB-Gesellschaft durch eine Reihe von persönlich konzipierten Treuepflichten an die anderen Gesellschafter gebunden ist. Bei einer Publikums-KG fehle bewusst jedwede persönliche Verbindung zwischen den Treugebern. Es handele sich um eine „anonyme Kapitalsammelstelle". Diese gesellschaftsrechtliche Entscheidung gelte es zu respektieren, gerade auch im Interesse und zum Schutz einzelner Treugeber.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht,mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-28-1.


 

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Stand: Dezember 2014


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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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