17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - Teil 03 - Einstufung Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Oliver Ahnseel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
2. Was genau ist als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis einzustufen?
2.1. Begriff des Geschäfts- und Betriebsgeheimnis
Der Gegenstand des strafrechtlichen Schutzes des § 17 UWG sind die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Unternehmen. Während das Gesetz keine Unterscheidung beider Termini kennt, kann eine Abgrenzung wie folgt vorgenommen werden:
- Geschäftsgeheimnis
- Betriebsgeheimnis
- Know-How
Teilweise werden die Begriffe des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses unter den Oberbegriffen der
- Unternehmensgeheimnisse und
- Wirtschaftsgeheimnisse
zusammengefasst.
2.1.1. Geschäftsgeheimnis
Geschäftsgeheimnisse betreffen geheim zuhaltende Tatsachen aus dem kaufmännischen Bereich eines Unternehmens. Sie sind dem allgemeinen Geschäftsverkehr zuzuordnen.
Beispiele:
Kunden- und Lieferantendaten, Bilanzen, Absatzplanungen, geschäftspolitische Ziele des Unternehmens, Umsätze, Guthaben bei Banken, Marktuntersuchungen, Preiskalkulationen und Marktuntersuchungen
2.1.2. Betriebsgeheimnis
Ein Betriebsgeheimnis ist ein Geheimnis aus dem technischen Bereich eines Unternehmens. Betriebsgeheimnisse sind Geheimnisse, die der Erreichung des Betriebszwecks dienen.
Beispiele:
Konstruktionspläne, Fertigungsmethoden, Computerprogramme mit Schutzvorkehrungen, Spezifika von Werkzeugtechniken, Rezepturen
Nicht als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis angesehen werden z.B.:
- Anzahl der Arbeitnehmer,
- die Störanfälligkeit eines Kopiergerätes oder
- die Absicht eines Arbeitnehmers, dass Arbeitsverhältnis kündigen zu wollen.
Die Unterscheidung der Begriffe des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses ist in der Praxis bedeutungslos, da sämtliche Unternehmensgeheimnisse vom Schutzbereich des § 17 UWG erfasst werden.
2.1.3. Know-How
Im alltäglichen Sprachgebrauch wird der Begriff des Know-Hows oft synonym mit dem des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses verwendet.
Eine Definition zum Begriff des Know-How findet sich u.a. in Art. 1 Abs. 1 lit. i der Technologie-Tranfer-Freistellungsverordnung VO 772/2004 vom 27.04.2004:
„Know-How“ ist demnach eine Gesamtheit nicht patentierter praktischer Kenntnisse, die der Lieferant durch Erfahrung und Erprobung gewonnen hat und die geheim, wesentlich und identifiziert sind.
Nach dieser Definition können sowohl technische, als auch kaufmännische Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Gegenstand von Know-How sein. Jedoch sind im Umkehrschluss nicht automatisch alle Unternehmensgeheimnisse als Know-How einzustufen.
2.2. Gesetzliche Anforderungen an Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
Die Anforderungen an Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wurden auf Grundlage einer langen Rechtssprechungshistorie entwickelt. Die gesetzlichen Merkmale sind:
- Beziehung zum Geschäftsbetrieb
- Nichtoffenkundigkeit
- Geheimhaltungswille
- Geheimhaltungsinteresse
2.2.1. Beziehung zum Geschäftsbetrieb
Ein wesentliches Merkmal eines Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses ist dessen Bezug zu einem bestimmten Unternehmen. Die Eigenschaft dieser sog. Unternehmensbezogenheit schützt nicht die geheimen Tatsachen an sich, sondern die Tatsache, dass bspw. ein bestimmtes Herstellungsverfahren in einem speziellen Unternehmen angewendet wird.
Eine Beziehung zum Geschäftsbetrieb ist immer dann anzunehmen, wenn ein Geheimnis hinreichend eindeutig einem Unternehmen zugeordnet werden kann.
Beispiele:
Schutz durch § 17 UWG erfährt ein Betriebsinhaber, der ein fremdes Betriebsgeheimnis rechtmäßig, im Rahmen eines Lizenzvertrags nutzt.
An dem Merkmal der Unternehmensbezogenheit fehlt es bei Geheimnissen privater Natur, Wissenschafts- oder Staatsgeheimnissen sowie bei nicht gewerblichen Informationen.
2.2.2. Nichtoffenkundigkeit
Als weitere Voraussetzung darf der Gegenstand des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses nicht offenkundig sein. Eine Offenkundigkeit tritt ein, wenn die Information auf normalem Weg ohne größere Schwierigkeiten erlangt werden kann. Der Kreis der Kenntnisnehmer beschränkt sich in diesem Zusammenhang auf interessierte Personen aus Fachkreisen.
Eine Offenkundigkeit ist nicht anzunehmen, wenn die geheime Tatsache einem begrenzten Personenkreis bekannt oder zugänglich gemacht wird.
An einer Offenkundigkeit fehlt es in Fällen, in denen die geheimen Tatsachen nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind. Entscheidend im Zusammenhang mit der Nichtoffenkundigkeit ist nicht die Größe des Personenkreises, sondern die Kontrolle der Mitwisser.
Beispiele aus der Rechtsprechung:
Der Verlust des Geheimnisschutzes tritt nicht ein:
- sofern Stoffmuster an einen beschränkten Kreis von Schneidermeistern überlassen werden,
- im Rahmen einer Bestellung privaten Endkunden ein Musterbuch präsentiert wird oder
- fremde Handwerken zur Herstellung einer Maschine beauftragt werden.
2.2.3. Geheimhaltungswille
Zusätzlich zu der Nichtoffenkundigkeit und dem Bezug zum Unternehmen, muss als weitere Voraussetzung der Wille zur Geheimhaltung durch das Unternehmen nach außen erkennbar gemacht werden. Der Geheimhaltungswille kann sich aus Verhaltensweisen ergeben oder explizit geäußert werden. Werden im Unternehmen gezielte Maßnahmen veranlasst, um bestimmte Informationen abzuschotten, ist eine Erkennbarkeit gegeben. Der Geheimhaltungswille ist ferner anzunehmen bei Arbeitsvertragsklauseln, die den Arbeitnehmer zur Verschwiegenheit anhalten.
Zur leichteren Beweisführung empfiehlt es sich, den Geheimhaltungswillen durch Vermerke oder Aktennotizen auf dem Objekt festzuhalten.
2.2.4. Geheimhaltungsinteresse
Das Unternehmen muss neben dem erkennbaren Geheimhaltungswillen ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an dem Schutz der Information haben. Das Geheimhaltungsinteresse verbietet es willkürlich die Geheimhaltung bestimmter Tatsachen zu verlangen. Ein wirtschaftliches Interesse braucht dabei nicht zwangsweise einen bezifferbaren Wert zu haben. Bereits die Tatsache, dass die Veröffentlichung einer Information zu einer Schädigung des eigenen Unternehmens führen könnte, ist ausreichend für das Geheimhaltungsinteresse.
Als Anknüpfungsmerkmal an den Tatbestand des Geheimhaltungsinteresses kann die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens herangezogen werden.
Das Geheimhaltungsinteresse ist immer dann gegeben, wenn die Veröffentlichung des Geheimnisses geeignet ist, die eigene Wettbewerbsposition zu schwächen oder die der Konkurrenten zu stärken.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ von Harald Brennecke, auf Vertriebsrecht spezialisierter Rechtsanwalt Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Oliver Ahnseel wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
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Harald Brennecke
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Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Oliver Ahnseel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Verstößen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs, sei es im außergerichtlichen Bereich der Abmahnungen und Abschlussschreiben, im Bereich der einstweiligen Verfügungen oder in gerichtlichen Hauptsacheverfahren und wehrt unberechtigte Abmahnungen ab. Er verhandelt Vertragsstrafevereinbarungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr zwischen Verletzern und Verletzten.
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Rechtsanwalt Brennecke berät Unternehmer beim Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse und Kundendaten. Er ist im Bereich der UWG-Straftaten als Srafverteidiger und bei der Ermittlung und Dokumentation von Straftaten und der Erstellung von Strafanzeigen tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.
Harald Brennecke hat im unter anderem veröffentlicht:
- "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0.
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- "Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-08-3
- "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9
Weitere Veröffentlichungen von Harald Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem zum Thema
- Recht im Marketing
Harald Brennecke ist Dozent für Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Lizenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
- Strategische Ausrichtung von Unternehmen aus wettbewerbsrechticher Sicht
- Markenschutzstrategien als betriebswirtschaftliches Instrument
- Onlineshops rechtssicher gestalten
- Lizenzvertragsgestaltung
- Der Gebrauchtsoftwarekauf
- Vertriebslizenzen in Recht und PraxisK
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