17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - Teil 16 - Straffreiheit bei Irrtum
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
1.6. Sorgfaltspflichten und Beratungspflichten
1.6.1. Grundsatz: Keine Sorgfalts- und Beratungspflichten
Grundsätzlich sind Banken nicht dazu verpflichtet, den Darlehensnehmer auf die Risiken der Darlehensverwendung hinzuweisen oder dahingehend zu beraten.
Die Überprüfung der Bonität des Kunden übernimmt die Bank nur im eigenen Interesse. Das Investitionsrisiko hat sie nicht zu tragen und nicht zu prüfen. Die Bank ist nur für eine ordnungsgemäße Kreditvergabe zuständig.
Genauso wenig ist die Bank verpflichtet, den Darlehensnehmer über Zinsschwankungen aufzuklären.
Die Banken haben die Pflicht, jede Anlageberatung bei Privatanlegern zu protokollieren und den Kunden eine Ausfertigung des Protokolls auszuhändigen (§ 34 Abs. 2a und 2b WpHG). Dies soll die Beweisbarkeit des Beratungsgesprächs verstärken. Wird der Kunde telefonisch beraten so hat der Kunde gem. § 34 Abs. 2 S. 4 WpHG im Falle der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des zugesandten Protokolls ein einwöchiges Rücktrittsrecht.
Wird das Protokoll allerdings falsch, unvollständig oder gar nicht ausgefüllt, erwächst daraus noch kein Schadensersatzanspruch des Kunden. Der Kunde hat keinen Anspruch auf Anfertigung eines Beratungsprotokolls. Die Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes sind allein öffentlich rechtlicher Natur. Sie sollen keine Rechte und Pflichten zwischen den Parteien des Zivilrechts - dem Kunde und der Bank - begründen, sondern nur dem Aufsichtsrecht dienen.
1.6.2. Ausnahmefall: Beratungsvertrag oder Beratung nach Treu und Glauben
Aufklärungspflichten können dann bestehen, wenn ausdrücklichen oder stillschweigend ein Beratungsvertrag (z. B. im Rahmen eines Finanzierungsvertrages) abgeschlossenen wurde.
Ein Beratungsvertrag liegt dann vor, wenn die Bank über die bloße Stellung als Darlehensgeber hinausgeht und den Bankkunden über verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten berät.
Die Praxis zeigt, dass Banken immer häufiger unabhängig von einem Beratungs- oder Auskunftsvertrag Aufklärungspflichten treffen.
Entscheidend für das Bestehen einer Aufklärungspflicht ist, ob der potenzielle Darlehensnehmer nach Treu und Glauben unter der Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicher Weise eine Aufklärung erwarten durfte. Wie weit die Aufklärungspflichten gehen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Eine Aufklärungspflicht wird von der Rechtsprechung dann angenommen, wenn
- die Bank einen Wissensvorsprung hinsichtlich des mit dem Geschäft verbundenen Risikos hat (z.B. drohende Insolvenz des Geschäftspartners)
- die Bank selbst an der Schaffung des Risikos mitgewirkt hat
- die dem Kunden angeratenen Maßnahmen (z.B. Risikoverlagerung auf den Kunden) auch dem Eigeninteresse der Bank dienen und die Bank sich dadurch in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befindet oder
- die Bank die Rolle als Kreditgeber überschreitet.
Eine Beratungs- bzw. eine Aufklärungspflicht ist dann zu bejahen, wenn die Bank sich in die Planung und Durchführung eines Vorhabens einschaltet und ihre Rolle als Kreditgeber dermaßen überschreitet, dass sie nach außen hin als eine Partei des zu finanzierenden Vorhabens wirkt. Nicht ausreichend für eine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflichten ist eine langjährige Zusammenarbeit der Bank mit einer Anlagegesellschaft oder einem Vertriebsunternehmen.
Beispiel
Der Unternehmer A will ein Projekt finanzieren und nimmt dazu bei der B-Bank ein Darlehen in Höhe von 100.000 € auf. Dabei agiert die Bank nicht nur als Kreditgeber, sie übernimmt auch die Rolle und Funktionen anderer Projektbeteiligter, in dem sie A beim Einsatz und der einzelnen Schritten der Projektfinanzierung berät.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Igor Ivanov wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015