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Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 32 – Kausalität


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


8. Kapitel Kausalität

Der Begriff Kausalität beschreibt den Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden. Durch die Pflichtverletzung muss der Schaden verursacht worden sein. Ein Anleger kann seine Bank z.B. für fallende Aktienkurse nicht verantwortlich machen, wenn sie richtig beraten hat. Ein Schadensersatzanspruch erfordert, dass der Schaden eingetreten ist, weil die Bank eine Pflichtverletzung begangen hat.

Beispiel

Frau Lang erfährt in dem Beratungstermin mit dem Bankhaus Müller nicht, dass der Fonds, in den sie investieren möchte, nicht von einem Einlagensicherungsfonds gedeckt ist. Dies war für Frau Lang jedoch zur Absicherung ihres eingesetzten Kapitals wichtig. 6 Monate später verliert sie ihr gesamtes eingesetztes Kapital.

Hätte Frau Lang gewusst, dass der Fonds, in den sie investieren möchte, nicht von einem Einlagensicherungsfonds gedeckt ist, hätte sie die Fondsanteile nicht erworben. Dann hätte sie auch ihr eingesetztes Kapital nicht verloren. Der unterlassene Hinweis war ein Beratungsfehler und damit eine Pflichtverletzung. Diese Pflichtverletzung hat zum Erwerb der Anteile geführt und damit zum Kapitalverlust von Frau Lang, so dass die Pflichtverletzung kausal für den eingetretenen Schaden war.

Beispiel

Frau Winter investiert auf Grund einer Beratung der Berliner Bank in Aktien der Bau und Boden AG. Frau Winter wurde bei der Beratung durch die Berliner Bank nicht über das Verlustrisiko bei einer Unternehmensbeteiligung aufgeklärt. Nach 6 Monaten stellt sich heraus, dass der Vorstand der AG in großem Stil Bodengutachten gefälscht hat. Er wird in Untersuchungshaft genommen. Der Aktienkurs des Unternehmens fällt auf Grund dieser Ereignisse so sehr, dass Frau Winter ihr gesamtes eingesetztes Kapital verliert. Die unterlassene Aufklärung des Beraters der Berliner Bank war kausal für den eingetretenen Verlust. Hätte Frau Winter von dem Risiko gewusst, hätte sie die Aktien nicht erworben und dadurch keine Verluste erlitten. Es ist unerheblich, dass der Aufklärungsfehler sich nicht auf das Verhalten des Vorstands bezog.

Eine Haftung für eine fehlerhafte Beratung besteht also nur, wenn sich eine Pflichtverletzung auch tatsächlich auswirkt.

Bei Prüfpflichten (siehe z.B. 2.3.2.2. Prüfung mit banküblichem kritischem Sachverstand) führt deshalb nicht jeder Fehler zu einem Schadensersatzanspruch. Wenn eine Bank z.B. einen Emissionsprospekt nicht ausreichend prüft, haftet sie nur, wenn der Prospekt fehlerhaft ist. Das ist der Fall, wenn sich ein Fehler auf etwas bezieht, worüber die Bank hätte aufklären müssen oder wenn die Empfehlung der Kapitalanlage wegen des Fehlers nicht mehr anleger- oder objektgerecht gewesen wäre.

Beispiel

Herr Thomas möchte bei seiner Bank einen Betrag von 15.000 € in Aktien anlegen. Dazu empfiehlt ihm seine Bank Aktien eines Stahlherstellers. Die Bank übergibt Herrn Thomas rechtzeitig ein Prospekt über den Stahlhersteller.
Dieses Prospekt ist nur deshalb fehlerhaft, weil als Sitz des Stahlherstellers Bad Cannstatt angegeben ist, obwohl das Unternehmen mittlerweile in Stuttgart ansässig ist. Die Bank hat das Prospekt überhaupt nicht auf Richtigkeit überprüft.
Kurze Zeit nach dem Aktienkauf verlieren die Aktien unvorhersehbar dauerhaft an Wert.
Die Bank hat ihre Pflicht zur Prüfung mit banküblichem kritischem Sachverstand verletzt, weil sie das Prospekt nicht überprüft hat und keine näheren Informationen zum Unternehmen eingeholt hat. Allerdings macht es für den eingetretenen Schaden keinen Unterschied, ob der Stahlhersteller in Bad Cannstatt oder in Stuttgart ansässig ist. Die Bank muss deshalb an Herrn Thomas keinen Schadensersatz zahlen.

Beweispflichtig für die Kausalität ist grundsätzlich der Kunde. Er muss beweisen, dass er die Anlage bei richtiger Aufklärung nicht erworben hätte. Dies ist schwierig.

Die Rechtsprechung hilft dem Kunden mit der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Danach muss die Bank beweisen, dass der Anleger das Wertpapier bei richtiger Aufklärung genauso erworben hätte. Diese Vermutung gilt, wenn eine Falschberatung festgestellt wird.

Unerheblich ist, ob bei richtiger Aufklärung nur eine einzige richtige Entscheidungsmöglichkeit besteht, oder ob ein Entscheidungskonflikt bestanden hätte.

Beispiel

Ein reicher, geschäftserfahrener Kaufmann erwirbt auf Empfehlung seiner Bank hochspekulative Wertpapiere. Er wird nicht darauf hingewiesen, dass die Wertpapiere hochspekulativ sind. Bei seinem Risikoverhalten hätte es aber Sinn gemacht, hochspekulative Anlagen zu kaufen.
Es gilt die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Die Kausalitätsvermutung gilt nur dann nicht, wenn die Bank beweist, dass der Kaufmann die Papiere auch bei richtiger Aufklärung gekauft hätte.

Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens kann selbst dann Anwendung finden, wenn ein Kunde beim ersten Geschäft nicht richtig aufgeklärt wurde, bei späteren identischen Geschäften schon.

Beispiel

Herr Müller möchte bei seiner Bank einen Betrag von 3.000 € anlegen. Dazu empfiehlt ihm seine Bank ein Optionsgeschäft. Sie klärt ihn nicht richtig über die Risiken auf.
Nachdem das Geschäft erfolgreich verlief, möchte er wieder ein solches Geschäft tätigen. Die Bank empfiehlt ihm daraufhin wieder ein solches Optionsgeschäft. Dieses Mal erfolgt die Aufklärung jedoch richtig. Leider tritt dieses Mal ein Totalverlust ein. Da Herr Müller hier erst nach dem erfolgreichen Abschluss des ersten Geschäftes das zweite abschließt, steht er der zweiten - richtigen - Aufklärung nicht mehr unvoreingenommen gegenüber.
Deshalb bleibt die erste unrichtige Aufklärung kausal und es gilt die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.


 

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
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Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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