17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen – Teil 26 – Die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Betriebsspionage
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Oliver Ahnseel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.6. Die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Betriebsspionage
Der Tatbestand der Betriebsspionage setzt wie der Geheimnisverrat ein subjektiv vorsätzliches Handeln des Täters voraus.
Der subjektive Tatbestand des Vorsatzes bei der Betriebsspionage nach § 17 Abs. 2 Nr.1 UWG entspricht den Ausführungen zum Geheimnisverrat nach § 17 Abs. 1 UWG. (--> 3.6.)
Der Täter der Betriebsspionage muss wie beim Geheimnisverrat zusätzlich zum Vorsatz zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder mit der Absicht gehandelt haben, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen.
- Vorsatz --> 4.6.1.
- Absicht --> 4.6.2.
4.6.1. Vorsatz beim Täter
Voraussetzung für alle Tatbestandsvarianten der Betriebsspionage nach § 17 UWG ist ein vorsätzliches Handeln des Täters nach § 15 StGB.
Wie beim Geheimnisverrat genügt auch bei der Betriebsspionage das Vorliegen des Eventualvorsatzes beim Täter zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandsmerkmals des Vorsatzes. (--> 3.6.1.3.)
Der Vorsatz ist bei allen genannten objektiven Tatalternativen des § 17 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) bis c) der Betriebsspionage notwendige Voraussetzung für die strafrechtliche Sanktionierung.
Der Täter der Betriebsspionage muss entweder positive Kenntnis oder zumindest das Bewusstsein der konkreten Gefahr haben, dass sich dieser ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis mit einem der in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG genannten Mittel (--> 4.5.4.) unbefugt verschafft oder sichert.
4.6.2. Absicht
Bei der Betriebsspionage müssen wie beim Geheimnisverrat zusätzlich zum Vorsatz weitere besondere subjektive Absichtserfordernisse beim Täter vorliegen.
Die Beweggründe des Täters nach § 17 Abs. 2 UWG sind alternativ ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz zugunsten eines Dritten oder die Absicht dem Inhaber des Unternehmens zu Schaden. Diese Motive des Täters der Betriebsspionage sind identisch mit den Motiven für den Geheimnisverrat nach § 17 Abs. 1 UWG. (--> 3.6.2.)
Einzig im Falle des Reverse Engineering erscheint eine Abweichung von diesen zusätzlichen Motiven des Täters denkbar. Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind die oftmals wissenschaftlichen oder detektivischen Absichten beim Reverse Engineering.
4.7. Rechtswidrigkeit Betriebsspionage
Eine weitere Voraussetzung für den Tatbestand der Betriebsspionage nach § 17 Abs. 2 UWG ist die Rechtswidrigkeit der Tat.
Der Täter der Betriebsspionage muss sich das Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis mit Hilfe eines der verbotenen Tatmittel unbefugt verschafft oder gesichert haben.
Das Tatbestandsmerkmal der Unbefugtheit soll dafür sorgen, dass ausschließlich rechtwidrige, unter § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG fallende Informationssammlungen, bestraft werden.
Eine unbefugte Sammlung betrieblicher Informationen liegt immer dann vor, wenn der Täter gegen den ausdrücklichen Willen des Geheimnisinhabers handelt oder sich die Zustimmung erschleicht.
Eine Rechtswidrigkeit ist ausgeschlossen, in Fällen in denen ein zivilrechtlicher Anspruch auf Überlassung des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses besteht. Dies ist auch dann der Fall, wenn zur Erlangung des Geheimnisses unerlaubte Mittel eingesetzt wurden. Die Rechtswidrigkeit einer Betriebsspionage liegt ferner nicht vor, wenn der Geheimnisträger sein Einverständnis erklärt hat.
Gibt der Inhaber des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses seine Zustimmung zum Verschaffen oder Sichern des Geheimnisses, handelt der Täter nicht unbefugt.
Die Einwilligung des Geheimnisträgers, den Kreis der Mitwisser um einzelne Beschäftigte zu erweitern, führt nicht zum Verlust des Geheimnischarakters des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses. (--> 2.2.)
Anders als beim Geheimnisverrat, sind gesetzliche Auskunfts- und Aussagepflichten (--> 3.7.3.) keine Rechtfertigungsgründe für die eigenmächtige Verschaffung von Unternehmensgeheimnissen.
Unterschiede zu den Rechtfertigungsgründen des Geheimnisverrates (--> 3.7.5.), ergeben sich bei der Betriebsspionage auch im Hinblick auf den rechtfertigenden Notstand nach § 34 StGB.
Der rechtfertigende Notstand ist bei der Betriebsspionage nur in absoluten Ausnahmefällen ein zulässiger Rechtfertigungsgrund. Dies können Konstellationen sein, in denen höchstpersönliche Individualgüter einer erheblichen Gefahr ausgesetzt sind.
4.8. Straffreiheit bei Irrtum
Grundsätzlich denkbar ist eine Straffreiheit in Folge eines Irrtums wie beim Geheimnisverrat auch im Zusammenhang mit der Betriebsspionage. (--> 3.8.)Hierbei irrt sich der Täter in Bezug auf die objektiven Tatbestandsmerkmale der Betriebsspionage oder nimmt irrtümlich an, er sei berechtigt sich geheime betriebliche Informationen zu verschaffen.
Die Ausführungen zu einer möglichen Straffreiheit im Falle des Irrtums beim Geheimnisverrat sind entsprechend auf die Betriebsspionage anwendbar.
Insofern kann auf die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Geheimnisverrat verwiesen werden. (--> 3.8.)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ von Harald Brennecke, auf Vertriebsrecht spezialisierter Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Oliver Ahnseel, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-38-0.
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Harald Brennecke
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Oliver Ahnseel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Verstößen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs, sei es im außergerichtlichen Bereich der Abmahnungen und Abschlussschreiben, im Bereich der einstweiligen Verfügungen oder in gerichtlichen Hauptsacheverfahren und wehrt unberechtigte Abmahnungen ab. Er verhandelt Vertragsstrafevereinbarungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr zwischen Verletzern und Verletzten.
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Rechtsanwalt Brennecke berät Unternehmer beim Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse und Kundendaten. Er ist im Bereich der UWG-Straftaten als Srafverteidiger und bei der Ermittlung und Dokumentation von Straftaten und der Erstellung von Strafanzeigen tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.
Harald Brennecke hat im unter anderem veröffentlicht:
- "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0.
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- "Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-08-3
- "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9
Weitere Veröffentlichungen von Harald Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem zum Thema
- Recht im Marketing
Harald Brennecke ist Dozent für Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Lizenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
- Strategische Ausrichtung von Unternehmen aus wettbewerbsrechticher Sicht
- Markenschutzstrategien als betriebswirtschaftliches Instrument
- Onlineshops rechtssicher gestalten
- Lizenzvertragsgestaltung
- Der Gebrauchtsoftwarekauf
- Vertriebslizenzen in Recht und PraxisK
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