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Das Recht der Baugenehmigung – Teil 16 – Zulässigkeit von Bauvorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB

1.2.1.1. Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung

Das Gebot des Sich-Einfügens ist nach der Rechtsprechung immer erfüllt, wenn sich das Vorhaben (nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll) in jeglicher Hinsicht innerhalb des durch die Bebauung seiner Umgebung geprägten Rahmens hält und die erforderliche Rücksicht auf die unmittelbare Umgebung nimmt. Aber auch, wenn es diesen Rahmen nicht einhält, fügt es sich ein, es sei denn es ist selbst oder infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung (konkret) geeignet, bodenrechtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen. Im Einzelnen bedeutet dies folgendes:

Die sog. „nähere Umgebung“ reicht weiter als die unmittelbare Nachbarschaft und umfasst weniger als den im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Daher muss die nähere Umgebung insoweit berücksichtigt werden, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und soweit die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst.

Die „Eigenart“ der näheren Umgebung wird vor allem durch die vorhandene Bebauung geprägt. Dabei kommt es auf die vorhandenen baulichen und sonstigen Anlagen an. Sofern die Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebiete (zum Beispiel allgemeines Wohngebiet, Dorfgebiet gem. §§ 4, 5 BauNVO) entspricht, gibt die Typisierung der BauNVO den Rahmen vor.

Sodann muss sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung „einfügen“. Das ist gegeben, wenn sich das Vorhaben hinsichtlich der einfügungsbedürftigen Merkmale innerhalb des Rahmens hält, der sich aus der Umgebung ableitet. Folglich muss sich das Vorhaben hinsichtlich der Merkmale Nutzungsart, Nutzungsmaß, Bauweise und Grundstücksüberbauung einfügen.

1.2.1.2. Gesicherte Erschließung

Ein Vorhaben nach § 34 BauGB ist nur zulässig, wenn die Erschließung gesichert ist. Die sich hieraus ergebenden Anforderungen sind aus dem besonderen Regelungszweck des § 34 BauGB abzuleiten. Für § 34 BauGB reicht grundsätzlich die Erschließung aus, die der jeweilige Innenbereich aufweist.

1.2.1.3. Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse

Dieses Merkmal spiegelt die planungsrechtlichen Grundsätze des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB wieder. Dort heißt es, dass „die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung“ bei der Aufstellung der Bauleitpläne besonders zu berücksichtigen sind. Unzureichende Wohn- und Arbeitsverhältnisse können vor allem durch schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, aber auch aufgrund von kontaminierten Böden („Altlasten“) bestehen.


1.2.1.4. Keine Beeinträchtigung des Ortsbildes

Auch der angeführte Belang des „Ortsbildes“ ist in den planungsrechtlichen Grundsätzen des § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB ausdrücklich genannt. Ein Vorhaben, das sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, kann gleichwohl das Ortsbild beeinträchtigen. „Beeinträchtigung ist allerdings deutlich mehr als ein „Berührtsein“. Die Beurteilung des Ortsbildes ist nur unter städtebaulichen Gesichtspunkten zu beurteilen und nicht im Hinblick auf die ästhetische Wirkung des Vorhabens. Das Ortsbild muss eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit bezogen auf einen größeren maßstabbildenden Bereich als die für das Gebot des Einfügens maßgebliche nähere Umgebung haben.


1.2.1.5. Keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche

Nach § 34 Abs. 3 BauGB dürfen von dem Vorhaben nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein. Der Begriff „zentrale Versorgungsbereiche“ wird homogen verstanden. Er umschreibt räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzung, häufig ergänzt durch Dienstleistungen und Gastronomie, eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt.

Ein Vorhaben lässt „schädliche Auswirkungen“ auf zentrale Versorgungsbereiche jedenfalls dann erwarten, wenn es deren Funktionsfähigkeit so nachhaltig stört, dass sie ihren Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substantiell wahrnehmen können.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der Baugenehmigung“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.


 

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Kontakt: olaf.buehler@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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  • BeckOK Berufsordnung für Rechtsanwälte BORA- Online-Kommentar, Autor(en): Volker Römermann, Tim Günther, Jan-Philipp Praß, Monika Dibbelt, Sabina Funke Gavilá, Herausgeber: Volker Römermann, Verlag C.H. Beck Verlag, 1. Auflage 2013

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