Kreditsicherheiten – Teil 33 – Zustandekommen der Sicherungsabtretung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
8.3. Zustandekommen
8.3.1. Allgemeines
Eine Sicherungsabtretung ist ein dinglicher Vertrag und erfordert die Vereinbarung zwischen dem Sicherungsgeber und -nehmer, über die Übertragung einer gegenwärtigen oder/und künftigen Forderung oder eines sonstigen Rechts.
Mit der Abtretung wird der Sicherungsnehmer rechtmäßiger Inhaber der Forderung des Sicherungsgebers gegen den Drittschuldner. Er tritt gegenüber dem Drittschuldner in die Stellung des früheren Gläubigers, des Sicherungsgebers ein. Er darf im Außenverhältnis, d.h. gegenüber dem Drittschuldner oder gegenüber Dritten über diese Forderung verfügen. Ob diese Verfügung gegenüber dem Sicherungsgeber wirksam ist, regeln Sicherungsgeber und -nehmer im sog. Sicherungsvertrag.
Bei einer Sicherungsabtretung liegen zwischen dem Sicherungsgeber und -nehmer mit dem Abtretungs- und dem Sicherungsvertrag zwei Rechtsverhältnisse vor.
Beispiel
Die Bank gewährt Herrn Groß ein Darlehen in Höhe von 10.000 Euro.
Zur Sicherung tritt Herr Groß an die Bank Forderungen, die ihm gegen Herr Schneider aus einem Kaufvertrag in Höhe von 10.000 Euro zustehen, ab.
Anforderungen an die Publizität der Abtretung gegenüber dem Drittschuldner sind nicht erforderlich. Der Drittschuldner muss von dem Gläubigerwechsel nichts erfahren und ist somit nicht unmittelbar an der Abtretung beteiligt.
8.3.2. Abtretungsvertrag
Mit der Abtretung nach § 398 S.1 BGB wird die Übertragung einer Forderung bzw. eines Rechts von einem Gläubiger auf den anderen begründet. Der Abtretungsvertrag ist formlos gültig.
8.3.2.1. Bestimmtheitsgrundsatz
Bei der Vereinbarung, welche Forderungen abgetreten werden sollen, muss der Bestimmtheitsgrundsatz beachten werden.
Dies ist insbesondere bei künftigen Forderungen wichtig.
Beispiel
Herr Sommer nimmt bei der G-Bank ein Darlehen auf, um die Ladeneinrichtung seines Fahrradgeschäftes zu renovieren. Zur Sicherung des gewährten Darlehens, lässt sich die G-Bank die Herrn Sommer gegen seine Kunden mit den Anfangsbuchstaben A-Z der Nachnamen zustehenden Forderungen abtreten.
Herr Dienst erwirbt eines der Fahrräder von Herrn Sommer. Der Forderungsinhaber des Kaufpreises ist die G-Bank und nicht Herr Sommer.
8.3.2.2. Abtretungshindernisse
Eine Sicherungsabtretung kann unwirksam sein, wenn der Sicherungsgeber mit dem Drittschuldner vertraglich vereinbart hat, dass die Forderung nicht abgetreten werden darf, bzw. sonst ein Abtretungsverbot gem. § 399 ff. BGB besteht. Die Vereinbarung eines Abtretungsverbots zwischen Alt- und Neugläubiger ist nicht möglich, sondern betrifft nur das Verhältnis Alt-Gläubiger und Schuldner.
Beispiel
Zur Besicherung der Darlehensschuld gegenüber der G-Bank tritt Herr Sommer seine Kaufpreisforderung, die ihm gegen Herrn Koch zusteht, an die G-Bank ab. Herr Sommer und Herr Koch haben jedoch ein Abtretungsverbot vereinbart. Als Herr Koch von der G-Bank in Anspruch genommen wird, verweigert er die Zahlung und beruft sich dabei auf das Abtretungsverbot. Die Sicherungsabtretung durch Herrn Sommer ist unwirksam. Herr Sommer kann direkt von der G-Bank in Anspruch genommen werden.
Handelt es sich bei den Parteien der Sicherungsabtretung um Kaufleute und ist die Abtretung für beide ein Handelsgeschäft i.S.d. § 344 HGB, sind Abtretungsverbote gem. § 354 a Abs.1 S.1 HGB unzulässig.
Beispiel
Herr Sommer beliefert das Druckunternehmen des Herrn Borchert mit Druckerfarbe. Herr Borchert wiederum führt Druckaufträge größerer Unternehmen aus. Da Herr Borchert noch Rechnungen bei Herrn Sommer offen hat, tritt Herr Borchert seinen Anspruch auf Zahlung gegenüber Herrn Post, für den er einen großen Druckauftrag ausgeführt hat, an Herrn Sommer ab. Würde zwischen Herrn Borchert und Herrn Post ein Abtretungsverbot bestehen, könnte Herr Borchert seinen Zahlungsanspruch gegenüber Herrn Post dennoch an Herrn Sommer abtreten. Der Druckauftrag stellt für Herrn Post und Herrn Borchert ein Handelsgeschäft dar, so dass Abtretungsverbote unwirksam sind und der Abtretung an Herrn Sommer nicht im Wege stehen. Herrn Sommer kann sich wegen seiner Forderung gegenüber Herrn Borchert für die Lieferung der Druckfarbe bei Herrn Post befriedigen.
8.3.2.3. Besonderheiten bei der Abtretung von bestimmten Rechten
Im Rechts- und Wirtschaftsverkehr besteht die Möglichkeit, Forderungen in einer Urkunde festzuhalten. Dies nennt man „verbriefen“. Die Urkunde verkörpert gewissermaßen die Forderung. Grundsätzlich gilt, dass der, der die Urkunde hat, die Forderung geltend machen kann. Die Veräußerung der Forderung erfolgt durch Veräußerung der Urkunde. Dies erleichtert die Übertragung und den Umgang mit den Forderungen im Rechtsverkehr, weil durch die Urkunde ein Nachweis dafür gegeben ist, dass die Forderung existiert. Die Forderungen werden somit durch die Verbriefung in einem Dokument bzw. Wertpapier „verkehrsfähig“. Das bietet sich vor allem dann an, wenn viele gleichartige Forderungen bestehen. Eines der bekanntesten Beispiele für Wertpapiere ist die Aktie: sie verkörpert die Beteiligung an einem Unternehmen.
Bei den sog. Namenspapieren (Rektapapiere) handelt es sich um Wertpapiere, die die Besonderheit haben, dass sie den Berechtigten namentlich ausweisen. Nur die in dem Namenspapier ausgewiesene Person ist dazu berechtigt, das Papier zu übertragen und die verbriefte Forderung zu geltend zu machen. Die Forderung, die in dem Papier verbrieft wird, kann gem. § 398 BGB durch Abtretung übertragen werden. Der Neu-Gläubiger erwirbt zusammen mit der Forderung auch das Eigentum an dem Namenspapier (§ 952 BGB). Eine bloße Übereignung des Namenspapiers ist nicht möglich.
Beispiel
Herr Müller bestellt Frau Sauer eine Hypothek an seinem Grundstück im Wert von 100.000 Euro. Dazu wird ein Hypothekenbrief ausgestellt, der Frau Sauer als Berechtigte namentlich benennt. Der Hypothekenbrief ist ein Rektapapier. Deshalb kann nur Frau Sauer aus der Hypothek vorgehen oder die Hypothek übertragen, indem sie die gesicherte Forderung abtritt. Das Eigentum am Hypothekenbrief geht dann automatisch mit an den Erwerber über.
Will Frau Sauer ihr Darlehen bei der T-Bank mit dem Anspruch aus der Hypothek besichern, so muss sie die durch die Hypothek gesicherte Forderung an die Bank zur Sicherheit abtreten. Gleichzeitig mit der Abtretung geht das Eigentum an dem Hypothekenbrief auf die Bank über.
Eine weitere Sonderform der Wertpapiere sind die sogenannten „hinkenden Inhaberpapiere“. Diese verkörpern ebenfalls eine bestimmte Forderung, wobei derjenige, der die Forderung erhalten soll (Forderungsinhaber) wie beim Namenspapier namentlich benannt ist. Im Unterschied zum Namenspapier wird beim hinkenden Inhaberpapier durch den Aussteller zusätzlich festgelegt, dass er die in dem Papier versprochene Leistung nicht nur gegenüber dem Forderungsinhaber bewirken darf, sondern gegenüber jedem, der die Urkunde vorlegt. Das ist eine Besonderheit, denn grundsätzlich darf eine Forderung nur gegenüber demjenigen erfüllt werden, der auch der Inhaber der Forderung ist. Andernfalls macht der Schuldner sich schadensersatzpflichtig. Bei einem hinkendem Inhaberpapier verspricht also der Aussteller einem in der Urkunde namentlich benannten Forderungsinhaber eine Leistung, bestimmt aber gleichzeitig, dass die Leistung an jeden Inhaber der Urkunde bewirkt werden kann, ohne sich gegenüber dem Forderungsinhaber schadensersatzpflichtig zu machen.
Beispiel
Max hat bei der S-Bank ein Sparbuch. Sein Guthaben beträgt 500 Euro.
Seine Schwester Susanne leiht ihm 200 Euro, will dafür aber eine Sicherheit von Max. Max tritt die Forderung gegen die S-Bank auf Auszahlung der 500 Euro sicherungsweise an seine Schwester ab. Sie ist neue Forderungsinhaberin und erhält zugleich Eigentum an dem Sparbuch.
Gelangt nun Susannes Freund Ingo an das Sparbuch und hebt die 500 Euro mit Hilfe des Sparbuchs ab, wird die Bank von ihrer Verpflichtung zur Auszahlung frei, obwohl Ingo gar nicht Forderungsinhaber war. Weder Susanne noch Max können später erneut die Ausbezahlung der 500 Euro verlangen.
Die Übertragung des hinkenden Inhaberpapiers erfolgt durch Abtretung der verbrieften Forderung. Das Eigentum am Inhaberpapier folgt dann der Forderung und geht auf den Erwerber über.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand: Januar 2015