Kreditvertragsrecht – Teil 48 – Verstoß gegen die Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin
3.9.2. Verstoß gegen die Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen
Bearbeitungsgebühren sind als allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 BGB einzuordnen, weil sie in den vorformulierten Preis- und Leistungsverzeichnissen der Banken enthalten und somit der richterlichen Kontrolle zugänglich sind.
3.9.2.1. Keine überraschende Klausel gem. § 305 c BGB
Bearbeitungsgebühren sind in Verbraucherkreditverträgen in der Praxis sehr verbreitet, so dass ein erfahrener Verbraucher bei Abschluss eines Verbraucherkreditvertrags mit einer Bearbeitungsgebühr rechnen muss. Hinzu kommt, dass die Bearbeitungsgebühren im Verbraucherdarlehensvertrag in der Regel gut sichtbar, an zentraler Stelle mit dem Netto-Darlehensbetrag, den Zinsen, der monatlichen Rate und den Gesamtkosten des Darlehens ausgewiesen werden. Damit können Bearbeitungsgebühren nicht als überraschende Klausel gem. § 305 c BGB eingestuft werden.
3.9.2.2. Unwirksamkeit gem. § 307 Abs. 2 BGB
Mit der Abrechnung einer Bearbeitungsgebühr wird von dem gesetzlichen Leitbild der Gegenleistung für ein Darlehen - laufzeitabhängiges Entgelt in Form von Zinsen - abgewichen und der Verbraucher damit unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung liegt im Allgemeinen vor, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Gedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Entgelte stellen außerdem dann eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar, wenn die mit dem Entgelt vergütete Nebenleistungen aus eigenem bzw. überwiegendem Interesse der Bank oder zur Erfüllung einer eigenen gesetzlichen Pflicht vorgenommen wird und nicht als Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher. Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten erfüllen diese Voraussetzungen, so dass sie ihn unangemessen benachteiligen.
Selbst wenn mit der Bearbeitungsgebühr ein gerechtfertigtes Entgelt für eine gesonderte Dienstleistung im überwiegenden Interesse des Verbrauchers abgerechnet werden würde, ergäbe sich unter dem Aspekt, dass die Bearbeitungsgebühren nicht nach dem Aufwand der Bank berechnet werden, sondern nach der Höhe des Nettodarlehensbetrages, eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers. Mit der Darlehenssumme steigen die Bearbeitungsgebühren, ohne dass der Aufwand steigt bzw. die gesteigerten Bearbeitungsgebühren aus einem anderen Grund sachlich gerechtfertigt sind. Bearbeitungsgebühren benachteiligen damit den Verbraucher unangemessen und sind deshalb im Sinne von § 307 Abs. 2 BGB unwirksam.
3.9.2.3. Verstoß gegen das Transparentgebot gemäß § 307 I 2 BGB
Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherdarlehensverträgen verstoßen zudem als Preisnebenabreden gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 I 2 BGB. Das Transparenzgebot gebietet der Bank, dem Kunden die Höhe der Gebühren und die dadurch resultierenden Nachteile zu verdeutlichen.
Die Höhe der Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten wird von den Banken in der Regel in Prozent vom Nettodarlehensbetrag und damit in einem Euro-Betrag angegeben, sodass die Höhe der Bearbeitungsgebühr selbst transparent dargestellt wird.
Anders sieht es hingegen mit den wirtschaftlichen Nachteilen aus. Die wirtschaftlichen Nachteile liegen in der Höhe der Bearbeitungsgebühr und in der Tatsache, dass die Bearbeitungsgebühr auf die Kreditsumme aufgeschlagen wird. Die Höhe der Bearbeitungsgebühr allein macht die tatsächlichen Kosten und damit die Nachteile für den Verbraucher nicht ersichtlich, sondern führt ihn vielmehr in die Irre. Denn die auf die Bearbeitungsgebühr anfallenden Zinsen werden ihm verschwiegen.
Nur durch einen entsprechenden Hinweis auf die Zinsen, die der Verbraucher für die um die Bearbeitungsgebühr erhöhte Kreditsumme aufbringen muss, wäre das Transparenzgebot gewahrt.
Indem die Bearbeitungsgebühr zu dem eigentlichen Darlehensbetrag hinzugerechnet wird, erscheint der Sollzinssatz, der von den Verbrauchern oft als Preis wahrgenommen wird, niedriger. Darüber hinaus entsteht für den Verbraucher durch die Bearbeitungsgebühr ein Nachteil, wenn dieser das Darlehen vorzeitig zurückzahlen will. Die Bearbeitungsgebühr wird bei einer vorzeitigen Kündigung nicht anteilig rückerstattet.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.
Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches
Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Kreditvertragsrecht
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand: Dezember 2014