Das Recht der GmbH – Teil 33 – Einziehung von Gesellschaftsanteilen, Erwerb eigener Anteile durch die GmbH, Gesellschafterliste
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
5.4 Einziehung von Gesellschaftsanteilen
Kommt es zwischen Gesellschaftern einer GmbH zu unüberwindbaren Zerwürfnissen, hilft oftmals nur die Einziehung des Gesellschaftsanteils eines oder mehrerer Gesellschafter und das damit verbundene automatische Ausscheiden aus der GmbH, damit die Geschäfte der Gesellschaft überhaupt noch sinnvoll weiter geführt werden können.
Mit Urteil vom 24. 1. 2012 – II ZR 109/11 hat der BGH entschieden, dass ein Einziehungsbeschluss unmittelbar mit Bekanntgabe gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter wirksam wird. Der Gesellschafter scheidet außerdem unmittelbar zum Zeitpunkt der Feststellung des Einziehungsbeschlusses aus der Gesellschaft aus.
Das Ausscheiden aus der Gesellschaft und der Verlust der Gesellschaftsanteile erfolgt natürlich nicht entschädigungslos. Die übrigen Gesellschafter haften dem Gesellschafter, dessen Gesellschaftsanteil eingezogen wurde, anteilig und persönlich für den Abfindungsbetrag wenn sie nicht dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann oder sie die Gesellschaft nicht auflösen.
Seit dem MoMIG geht der Gesellschaftsanteil durch Einziehung unter.
Daraus folgt, dass für die Wirksamkeit der Einziehung neben dem Einziehungsbeschluss zugleich entweder
- ein neuer Gesellschaftsanteil geschaffen werden muss oder
- eine Nennwerterhöhung der verbleibenden Gesellschaftsanteile oder
- eine Kapitalerhöhung erforderlich ist.
Weiterhin muss die aktualisierte Gesellschafterliste beim Handelsregister eingereicht werden. Die Einreichung muss elektronisch erfolgen. Dies kann durch den Notar oder durch Anwälte erfolgen, soweit diese hierzu technisch ausgestattet sind.
5.5 Erwerb eigener Anteile durch die GmbH, 33 GmbHG
Für eine GmbH besteht die Möglichkeit, eigene Geschäftsanteile zu erwerben. Dabei handelt es sich um einen außergewöhnliches Geschäft, weshalb für den Geschäftsführer im Zweifel ein Gesellschafterbeschluss mit qualifizierter Mehrheit notwendig ist. Das Fehlen eines solchen Beschlusses kann den Erwerb der eigenen Anteile auch im Außenverhältnis unwirksam machen. Die Voraussetzungen des Erwerbs eigener Anteile wird durch § 33 GmbHG festgelegt. § 33 Abs. 1 GmbHG besagt, dass die Stammeinlagen der Geschäftsanteile, welche von der GmbH selbst erworben werden sollen, vollständig eingezahlt sein müssen. § 33 Abs. 2 GmbHG verlangt, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb zu bilden ist. Dabei darf weder das Stammkapital noch eine statutarische Rücklage gemindert werden. Der Erwerbspreis muss aus freiem, ungebundenem Vermögen geleistet werden. Der maßgebliche Zeitpunkt, an dem das ungebundene Kapital verfügbar sein muss, ist wohl der Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts. Eine vollständige Übernahme aller Anteile der GmbH (= Kein-Mann-GmbH) ist möglich und wirksam. Der GmbH ist es dann allerdings aufgrund fehlender, wichtiger Organe nicht möglich am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Folglich führt eine vollständige Übernahme aller Anteile zur Liquidation der GmbH.
Sobald das Sperrjahr gemäß § 73 GmbHG abgelaufen ist kann der Liquidationserlös an die Gesellschafter verteilt werden. Mit der Verteilung an die Gesellschafter des Liquidationserlöses ist die Liquidation der GmbH beendet.
Beim Erwerb werden im Umlaufvermögen die eigenen Anteile aktiviert (§ 266 Abs. 2 B III Nr. 2 HGB "eigene Anteile"). Buchhalterisch sind dabei die geltenden Bewertungsvorschriften einzuhalten, insbesondere das Niederstwertprinzip.
Die Gesellschaft hat keinen Gewinnanspruch gegen sich selbst, d.h. die Gewinnansprüche der erworbenen, eigenen Anteile ruhen.
Verstöße gegen die Vorschriften des § 33 GmbHG können den handelnden Geschäftsführer schadensersatzpflichtig nach § 43 Abs. 3 Satz 1 GmbHG machen. Die Gesellschaft selbst kann im Außenverhältnis gegenüber einstandspflichtig werden.
5.6 Die Gesellschafterliste, §§ 40, 16 GmbHG
Bei jeder Änderung im Gesellschafterbestand muss der Geschäftsführer unverzüglich eine aktualisierte Gesellschafterliste beim Handelsregister einreichen, § 40 GmbHG. Bei der Anmeldung muss der Geschäftsführer die Liste unterschreiben.
Eine unrichtige Gesellschafterliste hat gravierende Auswirkungen. Der weniger gravierende Punkt ist die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs eines Gesellschaftsteils vom Nichtgesellschafter, der nach 3 Jahre wirksam wird.
Die gravierendere Folge einer unrichtigen Gesellschafterliste ist, dass Beschlüsse, die die tatsächlichen Gesellschafter der GmbH schließen, die aber nicht auf der Liste stehen, unwirksam sind. Dies ergibt sich als Umkehrschluss aus § 16 I Satz 2 GmbHG, der besagt, dass Beschlüsse (nur) dann von Anfang an wirksam sind, wenn die Gesellschafterliste unverzüglich (!) nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Im Fall der Einreichung der Gesellschafterliste wird ein Zeitraum von maximal 4 Wochen diskutiert. Sicherheitshalber sollte dieser Zeitraum nicht ausgenutzt werden. Die Rechtsprechung hat dies noch nicht entschieden. In der Folge sind damit Beschlüsse endgültig unwirksam, wenn die Gesellschafterliste nicht unverzüglich nach Erwerb eines Gesellschaftsanteils geändert wurde.
Wer einen Gesellschaftsanteil erwirbt darf also unmittelbar nach Erwerb des Gesellschaftsanteils bereits an der Beschlussfassung der Gesellschaft mitwirken. Die Beschlüsse sind so lange schwebend unwirksam, bis die neue Gesellschafterliste eingereicht ist. Wird diese aber nicht unverzüglich eingereicht, ist die Beschlussfassung ganz unwirksam. Vor diesem Hintergrund ist die Abberufung eines Geschäftsführers durch einen schwebend unwirksamen Beschluss höchst problematisch, da dann eine Rechtsunsicherheit besteht, ob der bisherige Geschäftsführer noch rechtswirksam handeln kann. Der Erwerber sollte daher im Zuge des Erwerbs zunächst den bisherigen Gesellschafter noch den alten Geschäftsführer abberufen und den neuen Geschäftsführer bestellen lassen und erst danach den Gesellschaftsanteil erwerben.
Nach § 16 I Satz 1 gelten im Verhältnis zur Gesellschaft nur diejenigen als Gesellschafter, die im Handelsregister als Gesellschafter mit den richtigen Gesellschaftsanteilsbesitzverhältnissen eingetragen sind. Ein Erwerber, der noch nicht als Gesellschafter in die Gesellschafterliste aufgenommen wurde, ist damit im Verhältnis zur Gesellschaft noch kein Gesellschafter geworden.
Wie diese Fassung des § 16 GmbHG, die 2008 durch das MoMiG in das GmbHG aufgenommen wurde, von der Rechtsprechung umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.
In der Konsequenz muss vor der Einladung zur Gesellschafterversammlung die Gesellschafterliste gezogen werden, da ein einzelner Gesellschafter ja seinen Gesellschaftsanteil in der Zwischenzeit abgetreten haben könnte.
Offenbart sich indes in der Gesellschafterversammlung ein (noch auf der Liste stehender) Ex-Gesellschafter als ehemaliger Gesellschafter und damit als Nichtgesellschafter, muss er umgehend aus der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden. Damit kann es nicht mehr zu einem Gesellschafterbeschluss durch den Ex-Gesellschafter kommen.
Dem Veräußerer eines Gesellschaftsanteils verbleiben auch nach Abtretung des Gesellschaftsanteils alle Ansprüche, die noch bis zur Eintragung in die Gesellschaftsliste entstehen. Diese Ansprüche sollten daher im Vertrag über die Abtretung der Gesellschaftsanteile sicherheitshalber mit abgetreten werden.
Im Erbfall muss der Geschäftsführer die Gesellschafterliste möglicherweise mehrfach ändern lassen.
Würde die Gesellschafterliste nicht rechtzeitig und mit richtigem Inhalt eingereicht, wären zwischenzeitlich gefasste Beschlüsse der Gesellschafter gegebenenfalls unwirksam oder angreifbar.
Beispiel 1
Vater V ist Mitgesellschafter der X-GmbH. V stirbt und hinter-lässt drei Kinder, darunter Sohn S, und eine Ehefrau. Er vermacht per Vermächtnis seine GmbH-Anteile an seinen Sohn S.
Der Geschäftsführer der X-GmbH muss nun unverzüglich nach Kenntnis des Todesfalls alle Erben (also die drei Kin-der und die Ehefrau von V) in die Gesellschafterliste eintragen. Dann müssen S, seine zwei Geschwister und die Ehefrau zum Notar gehen um das Vermächtnis zu erfüllen, indem sie die Gesellschaftsanteile gänzlich an S abtreten. S ist nicht automatisch Inhaber der Gesellschaftsanteile geworden, da ein Vermächtnis nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft gibt. Sobald die Abtretung erfolgt ist, muss der Notar, der die Abtretung beurkundet hat, (Fußnote) oder der Geschäftsführer die Liste erneut ändern und S anstelle der Erben eintragen.
In einer Due Diligence muss der Prüfer mithin nicht nur die gesamte Gesellschafterkette sondern auch eventuell gegebene Erbfälle im vollen Umfang prüfen. Einer einfachen Angabe eines Gesellschafters zu glauben, er sei Erbe und damit Gesellschafter geworden, wäre grob fahrlässig, da die wenigsten Menschen die korrekte rechtliche Abbildung eines Erbfalls wiedergeben können.
Die vorzunehmenden Eintragungen kann der Geschäftsführer über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) vornehmen. Alternativ kann die Liste von einem An-walt eingereicht werden. Dazu muss sie allerdings vom Ge-schäftsführer unterschrieben sein. Hat ein Notar, etwa bei einer Abtretung von Anteilen, mitgewirkt, hat er die aktualisierte Liste einzureichen (Fußnote).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der GmbH“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-33-5.
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Stand: Januar 2015
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
- Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
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