40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung – Teil 17 – Altersgrenze, Invalidität, Teilrentenanspruch
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.4. Betriebliche Altersversorgung und Altersgrenze im Betriebsrentengesetz
Mit dem Begriff Alter meint das Betriebsrentengesetz das Ruhestandsalter. Es legt dafür kein bestimmtes Lebensalter fest. Die Beteiligten haben es in der Hand, das Ruhestandsalter selbst zu bestimmen. Dabei hängen die Auswirkungen maßgeblich von der Versorgungszusage ab. Insoweit ist die feste Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Indiz zur Ermittlung.
Die feste Altersgrenze bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem nach der Versorgungszusage im Regelfall, und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 Betriebsrentengesetz, mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und dem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist. Für die Altersgrenze nicht erforderlich ist, dass das Ende des Arbeitsverhältnisses von vornherein bindend festgelegt wird. Nimmt ein von einer Versorgungszusage Begünstigter die vollen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch, ist damit der betriebsrentenrechtliche Versorgungsfall Alter eingetreten. Dies gilt auch dann, wenn der Begünstigte in rentenversicherungsrechtlich zulässigem geringfügigem Umfang für seinen Arbeitgeber weiterarbeitet und die Versorgungsleistungen bis zu seinem endgültigen Ausscheiden nicht in Anspruch nimmt. Das den Versorgungsanspruch vermittelnde Arbeitsverhältnis ist beendet, der Arbeitnehmer aus dem Erwerbsleben aus-geschieden.
Als Untergrenze für betriebliche Altersversorgung bei altersbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt im Regelfall das 60. Lebensjahr. In Ausnahmefällen können betriebliche Altersversorgung auch schon vor dem 60. Lebensjahr gewährt werden, so z. B. bei Berufsgruppen wie Piloten, bei denen schon vor dem 60. Lebensjahr Versorgungsleistungen üblich sind. Für Versorgungszusagen, die nach dem 31.12.2011 erteilt werden, tritt an die Stelle des 60. Lebensjahres regelmäßig das 62. Lebensjahr, denn aus dem gesetzlichen Unverfallbarkeitsalter gemäß § 1 b Abs. 1 Satz 1 Betriebsrentengesetz von fünf Jahren lässt sich erkennen, dass eine fünfjährige Betriebstreue ausreiche, um eine Anwartschaft zu erzielen. Das bedeutet unter Berücksichtigung eines Renteneintrittsalters von 67 Jahren, dass das niedrigste zulässige Höchstalter für die Aufnahme bei 62 Jahre läge.
Überdies stellt eine vor dem Rentenversicherung-Altersgrenzenanpassungsgesetz entstandene Versorgungsordnung für den Eintritt des Versorgungsfalles auf die Vollendung des 65. Lebensjahres ab, so ist diese Versorgungsordnung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass damit auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nach §§ 35, 235 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch VI Bezug genommen wird. Zur Begründung verweist das Bundesarbeitsgericht darauf, dass die Regelaltersgrenze bereits seit 1916 durchgehend bei der Vollendung des 65. Lebensjahr lag und somit ein analoges Mitwandern der Altersgrenzen unumgänglich ist. Diese Auffassung des Bundesarbeitsgerichts wird im Schrifttum als äußerst bedenklich angesehen und zum Teil auch kontrovers diskutiert. Ferner ist zu beachten, dass die vereinbarten festen Altersgrenzen grundsätzlich nicht von der Gesetzesänderung beeinträchtigt werden.
Weiterhin kann der Arbeitnehmer in rentenversicherungsrechtlich zulässigen geringfügigen Umfang für seinen Arbeitgeber weiterarbeiten, wenn er die Versorgungsleistungen bis zu seinem endgültigen Ausscheiden nicht in Anspruch nimmt, denn sonst würden Doppelzahlungspflichten entstehen.
Die Aufnahme von Arbeitnehmer in ein System der betrieblichen Altersversorgung kann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitnehmer ein bestimmtes Alter bereits überschritten hat. Gemäß § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ist eine Benachteiligung eines Arbeitnehmers wegen des Alters unzulässig, wenn diese zwar nicht objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist vergleiche § 10 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz. Die jüngere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht und ein Teil des Schrifttum haben anerkannt, dass eine Bestimmung in einer vom Arbeitgeber geschaffenen Versorgungsordnung, wonach ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nur besteht, wenn der Arbeitnehmer eine mindestens 15-jährige Betriebszugehörigkeit bis zur Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zurücklegen kann, wirksam ist. Sie verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters oder des Geschlechts.
Das Bundesarbeitsgericht hat auch entschieden, dass wenn eine Versorgungsregelung vorsieht, dass als Dienstzeit die bis zum 65. Lebensjahr zurückgelegten Dienstjahre angerechnet werden und dass bei der Ermittlung der anrechenbaren Dienstzeit höchstens 40 Dienstjahre berücksichtigt werden, so verstößt diese Regelung nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und ist deshalb nicht nach § 7 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz unwirksam. Die Regelung bewirkt keine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Auch wenn die Regelung zur Folge hat, dass Dienstzeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres zurückgelegt werden, hinsichtlich des Erwerbs von Rentenanwartschaften eine andere Wertigkeit haben als danach erbrachte Zeiten, liegt darin auch keine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Betriebsrentengesetz ist wirksam. Sie bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters.
5.5. Invalidität
In den meisten Versorgungsordnungen werden Leistungen versprochen, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage ist seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Im Allgemeinen werden hierfür die Begriffe der Erwerbs- und Berufsfähigkeit im Sinne des Sozialrechts verwendet.
Die Regelung in einer Versorgungsordnung, dass Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente für die Dauer der festgestellten Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sowie der Rentenzahlung durch den Rentenversicherungsträger nach Auflösung des Arbeitsverhältnis gewährt wird, ist eine zeit- und inhaltsdynamische Verweisung auf die sozialversicherungsrechtlichen Tatbestände, an deren Erfüllung das jeweils geltende Sozialversicherungsrecht die Zahlung einer gesetzlichen Rente wegen Leistungsminderung knüpft.
Ein Indiz für die Invalidität des Arbeitnehmer ist, wenn er wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine gesetzliche Rente im Sinne von §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch VI bezieht. Es genügt auch, wenn der Arbeitnehmer den Bescheid des Rentenversicherungsträgers dem Arbeitgeber vorlegt.
Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Zahlung einer Invalidenrente für den Fall der Erwerbsunfähigkeit oder voraussichtlich dauernden Berufsunfähigkeit im Sinne des jeweiligen Sozialversicherungsrechts zu, so ist er auch dann zur Leistung verpflichtet, wenn der Sozialversicherungsträger dem Arbeitnehmer eine lediglich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VI bewilligt.
5.6. Teilrentenanspruch
Der ausscheidende Arbeitnehmer behält, soweit eine betriebliche Altersversorgung besteht, seinen fälligen und anspruchsbegründenen Teilrentenanspruch gemäß § 2 Abs. 5 Betriebsrentengesetz, da die Versorgungsanwartschaft allein dadurch zum Vollrecht erstarkt, dass die Zeit bis zum Versorgungsfall verstrichen ist.
Ein vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedener Arbeitnehmer, dem eine Versorgungszusage erteilt worden war, kann von seinem Arbeitgeber oder dem von diesem eingeschalteten Versorgungsträger Auskunft darüber verlangen, ob er eine unverfallbare Anwartschaft mitnimmt und welche Höhe sein Versorgungsanspruch bei Eintritt des vereinbarten Versorgungsfalls haben wird.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung“ von Dr. Maren Augustin, Fachanwältin für Insolvenzrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter.
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Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015