Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Teil 41 – Der Jahresabschluss, Gewinnverwendung
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Fabian Dietz
wissenschaftlicher Mitarbeiter
9. Der Jahresabschluss
Ein Geschäftsführer hat gemäß §§ 238 ff. HGB die kaufmännische Buchführung und Bilanzierung vorzunehmen. Nach § 42 a GmbH müssen Geschäftsführer den Jahresabschluss vorlegen. Die Gesellschafter haben diesen dann durch Prüfung der Bücher festzustellen und über die Ergebnisverwendung mit einer Mehrheit zu beschließen, § 46 GmbHG. Diese Kompetenz kann durch die Satzung anderen Organen übertragen werden.
Beispiel:
Die Positiver Denken GmbH hat die Gesellschafter A, B und P. A und B haben eine kleine Stammeinlage. Hauptgesellschafter ist P, der zugleich alleiniger Geschäftsführer ist.
Die Satzung bestimmt zum Jahresabschluss:
§ 11 Feststellung des Jahresabschlusses
Nach Vorlage des Jahresabschlusses durch die Geschäftsführung hat der Mehrheitsgesellschafter P diesen festzustellen.
9.1. Frist zur Vorlage
Geschäftsführer sind verpflichtet, die Unterlagen zur Rechnungslegung sowie die Stellungnahme zur Bilanz nach ihrer Aufstellung unverzüglich den Gesellschaftern vorzulegen. Unverzüglich heißt ohne schuldhaftes Zögern, § 121 BGB. Die Vorlage erfolgt nicht auf Verlangen der Gesellschafter, sondern ist selbst von den Geschäftsführern selbst zu beachten. Die Pflicht zur Vorlage ist zwingend (Lutter / Hommelhoff, § 42a, Rn 13). Die Geschäftsführer müssen unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, d.h. die Unterlagen zusammenstellen, kopieren, absenden etc. Geschieht dies nicht rechtzeitig, können die Gesellschafter die Geschäftsführer zur Vorlage anweisen und Leistungsklage erheben.
Beispiel:
Geschäftsführer A muss den anderen Gesellschaftern laut Satzung die Geschäftsunterlagen nach der Aufstellung innerhalb von 3 Wochen vorlegen. Nach 4 Wochen und zwei Aufforderungen passiert immer noch nichts. Jetzt können die Gesellschafter eine Leistungsklage gegen den Geschäftsführer auf Vorlage der Unterlagen erheben.
9.2. Inhalt
Der Jahresabschluss hat folgendes zu enthalten:
- Bilanz
- Gewinn- und Verlustrechnung
- Geschäftsverlauf
- Geschäftsergebnis
- Finanzielle Ausstattung der GmbH
Diese Voraussetzungen werden von §§ 284 ff HGB vorgegeben und müssen in jedem Fall eingehalten werden.
Beispiel:
§ 18 Jahresabschluss
Stellen die Geschäftsführer den Jahresabschluss auf, haben sie die handelsrechtlichen Vorschriften zu beachten. Daneben sollen alle steuerrechtlichen Vorschriften und Zweckmäßigkeiten berücksichtigt werden.Zweckmäßigkeiten sind v.a. Abschreibungsmöglichkeiten. Diese müssen durch die Geschäftsführer geprüft und ausgenutzt werden, um die finanzielle Situation der GmbH zu verbessern bzw. nicht zu verschlechtern.
10. Gewinnverwendung
Entscheidend für das Geschäft der GmbH ist die Regelung über die Verwendung der Gewinne.
Die GmbH hat regelmäßig ein Interesse an der Thesaurierung, d. h. an der Einbehaltung (zumindest eines großen Teils) des Gewinns, falls einer erwirtschaftet wurde. Die Gesellschafter haben dagegen ein Ausschüttungsinteresse. Hier ist eine Regelung zu treffen.
Ist hierzu nichts geregelt, greift § 29 GmbHG. Danach steht grundsätzlich der Gewinn der GmbH den Gesellschaftern zu. Der Gewinn wird, wenn nichts anderes geregelt ist, unter den Gesellschaftern gleichmäßig, je nach der Größe ihrer Beteiligung aufgeteilt.
Allerdings können die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit beschließen, dass das Jahresergebnis nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet wird, sondern einbehalten werden soll.
Der in § 29 GmbHG enthalten Grundsatz der Vollausschüttung gewährt jedem Gesellschafter, entsprechende seinem Anteil, einen Anspruch am Gewinn, gleichzeitig eröffnet § 29 GmbHG den Gesellschaftern die Möglichkeit, die Auszahlung zu reduzieren bzw. ganz auszuschließen.
Der Anspruch auf Auszahlung für den Gesellschafter nach dem Gesetz oder der Satzung entsteht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- der Jahresabschluss ist von den Geschäftsführern aufgestellt und ausgewiesen
- der Jahresabschluss ist von den Gesellschaftern festgestellt
- ein Verwendungsbeschluss liegt vor
Beispiel:
Die Satzung der Vau-GmbH besagt, dass die Gesellschafter über die Verwendung des Gewinns innerhalb von 4 Wochen nach der Gewinnermittlung einen Verwendungsbeschluss treffen müssen.
Der Gewinn der Vau-GmbH für das Jahr 2014 wird am 01.01.2015 ermittelt. Die Gesellschafter müssen nun innerhalb der nächsten vier Wochen einen Beschluss fassen, durch welchen sie festlegen, was mit dem Gewinn geschehen soll. Sie können z.B. entscheiden, dass der Gewinn ausgeschüttet wird oder dass Rücklagen gebildet werden oder aber dass der Gewinn in neue Maschinen investiert wird.
10.1. Gesellschafterbeschluss über Verwendung
Manche Gesellschafter wollen die GmbH voranbringen und setzen auf Investitionen. Andere Gesellschafter wollen lieber eine Gewinnausschüttung. Eine Satzung sollte daher dringend, um Schwierigkeit bei der Gewinnverwendung wegen der verschiedenen Interessen von GmbH und Gesellschaftern zu vermeiden, eine Regelung treffen.
Folgende Details sollten beachtet werden:
- Soll ausgeschüttet werden?
- In welcher Höhe soll ausgeschüttet werden?
- Welche weiteren Voraussetzungen sollen vorliegen?
- Wann soll über die Verwendung beschlossen werden?
- An wen soll ausgeschüttet werden?
- Wer soll darüber bestimmen?
Beispiel:
Die Traum-GmbH hat in ihrer Satzung geregelt:
§ 15 Jahresabschluss, Ergebnisverwendungsbeschluss
1. Die Geschäftsführung hat die Pflicht, den Jahresabschluss innerhalb der gesetzlichen Fristen aufzustellen. Der Jahresabschluss muss die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung und den Lagebericht enthalten.
2. Der aufgestellte vollständige Jahresabschluss ist den Gesellschaftern vorzulegen.
3. Die Gesellschafter müssen innerhalb der gesetzlichen Frist den Jahresabschluss per Gesellschafterbeschluss feststellen.
Eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ist notwendig.
4. Die Gesellschafterversammlung beschließt daraufhin mit einer ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Verwendung des Jahresabschlusses. (Ergebnisverwendungsbeschluss).
Nachdem der Jahresabschluss 2014 wirksam festgestellt wurde, beschließt die Gesellschafterversammlung der Traum-GmbH mit einer ¾-Mehrheit, dass der erwirtschaftete Gewinn von insgesamt 500.000 € zu einem Viertel in die Investition einer neuen Computeranlage und zu zwei Vierteln in die Rücklagen fließen soll. Die übrigen zwei Viertel des Gewinns sollen an die 5 Gesellschafter ausgeschüttet werden. Gemäß dem Beschluss werden von dem Gewinn 250.000 € Rücklagen gebildet und 125.000 € an die 5 Gesellschafter ausgeschüttet, sodass jeder Gesellschafter 25.000 € erhält. Die übrigen 125.000 € werden in die Computeranlage investiert.
Grundsätzlich sind die Gesellschafter bei der Verwendung des Jahresabschlusses frei. Eine Ausnahme besteht z.B. dann, wenn beschlossen wird, den gesamten Gewinn in ein Risikogeschäft zu investieren. Der Beschluss über die Verwendung ist dann unwirksam.
Beispiel:
Die Apfel System GmbH mit den Gesellschaftern X, Y und Z haben 2014 einen übermäßig hohen Gewinn erwirtschaftet. X und Y, die gleichzeitig Geschäftsführer sind, stellen den Jahresabschluss auf.
In der Gesellschafterversammlung, in der über die Verwendung beschlossen werden soll, beschließen X und Y mit einer 2/3 Mehrheit dass kein Gewinn ausgeschüttet wird. Z hatte für eine Ausschüttung gestimmt. X und Y haben die Aussetzung der Ausschüttung nicht begründet.
Dieser Beschluss ist nicht wirksam, da die Gesellschafter X und Y ihre Treuepflicht hinsichtlich der Interessenabwägung unter den Gesellschaftern nicht beachtet haben.
Aufgrund des überaus hohen Gewinns der GmbH hätte einer Gewinnausschüttung nichts im Wege gestanden. Eine Thesaurierung war nicht erforderlich. Da auch keine Begründung für die Thesaurierung mittels Protokoll vorliegt, ist der Beschluss unwirksam. Eine Abwägung zwischen Thesaurierungsinteresse der GmbH und dem Ausschüttungsinteresse des Z hat nicht stattgefunden.
10.2. Begrenzung zur Rücklagenbildung
Um dem Thesaurierungsinteresse der GmbH ausreichend Rechnung zu tragen und ihre Stabilität zu wahren, sollten in der Satzung der Zeitpunkt und die Höhe von Thesaurierungen geregelt werden.
Beispiel:
Die „Tee und Kaffeespezialitäten GmbH“ hat in ihrer Satzung geregelt:
§ 14 Ergebnisverwendung
1. Eine Gewinnausschüttung erfolgt nur dann, wenn mindetens ein Gewinn in Höhe von 10.000 € festgestellt wurde.
2. Liegt der Gewinn über 10.000 €, wird die Hälfte des Gewinns thesauriert. Die andere Hälfte wird entsprechend den Geschäftsanteilen der Gesellschafter ausgeschüttet.
3. Die Gesellschafterversammlung kann mit einer ¾-Mehrheit bestimmen, dass trotz eines Gewinns von über 10.000 € keine Gewinnausschüttungen erfolgen. Hierbei müssen die Interessen aller, v.a. der Minderheitengesellschafter beachtet werden und die Gründe für die vollständige Thesaurierung protokolliert werden.
Für das Jahr 2014 wird ein Gewinn in Höhe von 20.000 € ermittelt und festgestellt. Wenn die Gesellschafter keinen anderweitigen Beschluss zur Thesaurierung treffen, wird gemäß der Satzung die Hälfte des Gewinns, also 10.000 € thesauriert und die andere Hälfte an die Gesellschafter als Gewinn ausgeschüttet. Dieser Teil wird dann unter den Gesellschaftern entsprechend ihrer Gesellschaftsanteile verteilt.
Die Kompetenz über die Entscheidung über die Ergebnisverwendung kann satzungsgemäß auch auf andere Organe, z.B. einen Beirat, übertragen werden.
Eine nachträgliche Änderung kann nur durch eine ¾-Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden, da dies eine Satzungsänderung darstellt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Die GmbH Satzung in Theorie und Praxis“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Fabian Dietz, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-40-3.
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Fabian Dietz
wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
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