Das Recht der Baugenehmigung – Teil 27 – Rechtsschutz des Bauherrn
3.2. Rechtsschutz des Bauherrn
3.2.1. Ordnungsverfügung
Sofern die Bauaufsichtsbehörde die Stilllegung der baulichen Anlage verfügt, ihre Nutzung untersagt oder ihre Beseitigung anordnet, kann sich der Bauherr nach erfolglosem Widerspruch mit der Anfechtungsklage zur Wehr setzen.(Fußnoten)
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist die letzte behördliche Entscheidung.(Fußnoten)
Wenn sich jedoch bis zur letzten mündlichen Verhandlung die Rechtslage zugunsten des Klägers ändert, wird ihr Zeitpunkt zugrundegelegt.(Fußnoten)
3.2.2. Baugenehmigung
3.2.2.1. Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung
Wird der Bauantrag abgelehnt, muss zunächst Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Widerspruchsfrist läuft jedoch nur, wenn dem Bescheid eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden ist.(Fußnoten)
Nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens ist die Verpflichtungsklage die richtige Klageart zur Durchsetzung des Anspruchs auf Erteilung der Baugenehmigung.(Fußnoten)
Das für die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage des Bauherrn erforderliche Rechtsschutzbedürfnis kann fehlen, wenn der Bauherr die Genehmigung für ein Vorhaben begehrt, dessen Ausführung unmöglich ist.(Fußnoten)
Das im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltende materielle Recht ist maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung.(Fußnoten)
3.2.2.2. Rechtsschutz bei Verzögerung der Baugenehmigungserteilung
Wenn die Bauverwaltung über den Bauantrag nicht oder nicht in angemessener Frist befindet, kann der Bauherr gem. § 75 S. 1 VwGO Verpflichtungsklage in Gestalt einer sog. Untätigkeitsklage erheben.(Fußnoten)
3.2.2.3. Rechtsschutz bei Abweichen der Genehmigung vom Bauantrag
Besondere Bedeutung kommt in der Praxis den Fällen zu, in denen die Baugenehmigung – abweichend vom Bauantrag – mit Nebenbestimmungen versehen wird.Hier besteht die Möglichkeit der isolierten Anfechtung der Nebenbestimmung.(Fußnoten)
Nebenbestimmung
Was unter einer Nebenbestimmung zu verstehe ist, regelt § 36 Abs. 2 VwVfG. Dieser enthält fünf Arten von Nebenbestimmungen; die Befristung, die Bedingung, den Widerrufsvorbehalt, die Auflage und den Auflagenvorbehalt. Dieser Katalog ist nicht als abschließend zu begreifen. Das hat jedoch wenig praktische Bedeutung.(Fußnoten)
3.2.2.4. Rechtsschutz bei der Anfechtung der Baugenehmigung durch Dritte
Wendet sich ein Dritter – der Nachbar oder die Gemeinde – gegen die dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung, ergibt sich aus § 212a Abs. 1 BauGB i.V.m. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, dass der Rechtsbehelf des Dritten keine aufschiebende Wirkung hat. Die Frage des Rechtschutzes des Bauherrn stellt sich daher erst dann, wenn die Behörde dem Widerspruch des Dritten stattgibt. In diesem Fall kann der Bauherr – ohne Vorverfahren – gegen den Widerspruchsbescheid Anfechtungsklage erheben.(Fußnoten)
Aufschiebende Wirkung
Nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Aufschiebende Wirkung bedeutet, dass der Verwaltungsakt der Behörde nicht vollziehbar ist.(Fußnoten)
3.2.2.5. Vorläufiger Rechtsschutz
Verzögert die Bauaufsichtsbehörde die Erteilung der Baugenehmigung oder versagt sie diese, so kann der Bauherr im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes eine gerichtliche Entscheidung beantragen.(Fußnoten)
Vorläufiger Rechtsschutz
Das Grundgesetz (Art. 19 Abs. 4 GG) gewährleistet den sog. effektiven Rechtsschutz. Er umfasst auch den vorläufigen Rechtsschutz gegen schwere und unzumutbare Nachteile als Folge von Handlungen oder der Untätigkeit der öffentlichen Gewalt, die anders nicht abwendbar sind und die auch durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr ohne weiteres beseitigt werden können.(Fußnoten)
Eine gerichtliche Entscheidung ist nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft, wenn im Hauptsacheverfahren Rechtsschutz nicht rechtzeitig erlangt werden kann mit der Folge, dass unzumutbare und irreparable Nachteile entstehen würden, und wenn sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass der Bauherr im Verfahren der Hauptsache obsiegen wird.(Fußnoten)
Zudem ist eine gerichtliche Entscheidung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes statthaft, wenn sachwidrige Argumente dazu führen, dass nicht einmal eine im Widerspruchs- und Klageverfahren nachprüfbare förmliche Versagung des Bauantrages ausgesprochen wird; in einem solchen Fall kann – bei offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens – sogar eine Verpflichtung zur positiven Entscheidung und damit eine Vorwegnahme der Hauptsache unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes aus Art. 14 Abs. 1 GG gerechtfertigt sein.(Fußnoten)
In der Praxis kann der zusätzlich zur Hauptsache erhobene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dazu führen, dass das Gericht die Hauptsache zügig entscheidet.(Fußnoten)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der Baugenehmigung“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.
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