Bilanzierung – Teil 07 – Bewertung des Anlage- und Umlaufvermögens
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
2.2.3 Bewertung des Anlage- und Umlaufvermögens
Die Bewertungen der einzelnen Vermögensgegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens unterschieden sich vor allem in der Anschaffungs- oder Herstellungsphase sowie den darauf folgenden Abschreibungsmöglichkeiten.
2.2.3.1 Bewertung des Anlagevermögens
Nach § 247 Abs. 2 HGB sind im Anlagevermögen jene Vermögensgegenstände auszuweisen die bestimmt sind dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Für die Zuordnung ist die Zweckbestimmung des Vermögensgegenstandes im Unternehmen entscheidend. Diese Zweckbestimmung ergibt sich zum einen aus der Art des Vermögensgegenstandes und zum anderen aus der Absicht des Kaufmanns, was er mit dem Vermögensgegenstandes vorhat. Hinsichtlich der Art des Vermögensgegenstandes ist zu unterscheiden, ob der Vermögensgegenstand grundsätzlich zum Gebrauch oder Verbrauch bestimmt ist. Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sind typischerweise zum Gebrauch bestimmt. Sie werden zur oder für die Produktion eingesetzt.
Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens sind eher zum Verbrauch bestimmt. Sie werden einmalig verbraucht, entweder durch Weiterverarbeitung oder durch Verkauf. Die Zuordnung nach der Art des Vermögensgegenstandes ist nicht zwingend. Es ist eher die Absicht des Kaufmanns, was er mit dem Vermögensgegenstand vorhat.
Beispiel
Ein Unternehmer hat ein Betriebs-Pkw und einen Pkw, den er verkaufen will.
- Ein Betriebs-Pkw ist dem Anlagevermögen zuzuordnen. Kauft er hingegen ein Pkw, um es weiter zu veräußern, so ist der PKW dem Umlaufvermögen zuzuordnen.
Für die Bewertung des Anlagevermögens ist zu unterscheiden zwischen abnutzbaren Vermögensgegenständen und nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen. Abnutzbar bedeutet, dass die Nutzung zeitlich begrenzt ist. Hierzu zählen Maschinen und Gebäude. Nicht abnutzbare Vermögensgegenstände sind Grund und Boden oder Beteiligungen an anderen Unternehmen.
Die Erstbewertung hat gemäß § 253 Abs. 1 HGB zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erfolgen. Das gilt für abnutzbare und nicht abnutzbare Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Für die Folgebewertung ist weiter zu unterscheiden in Wertminderungen und Wertaufholungen, denn Vermögensgegenstände bleiben im Wert nicht konstant. Im Regelfall vermindert sich ihr Wert im Zeitablauf.
Bei abnutzbaren Vermögensgegenständen sind gemäß § 253 Abs. 3 HGB planmäßige Abschreibungen zu erfassen. Eine planmäßige Abschreibung ist der Werteverzehr, den ein abnutzbares Wirtschaftsgut durch den Einsatz dieses Wirtschaftsgutes zur Einnahmenerzielung erfährt, der dann über die Jahre planmäßig abgeschrieben wird.
Nicht abnutzbare Vermögensgegenstände können nicht planmäßig abgeschrieben werden. Vermögensgegenstände können im Wert auch außerplanmäßig gemindert werden weil bspw. sie beschädigt oder zerstört worden sind. Solche Wertminderungen werden durch außerplanmäßige Abschreibungen erfasst. Das gilt sowohl für abnutzbare und nicht abnutzbare Vermögensgegenstände. Nach § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, wenn es sich bei der Wertminderung um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung handelt. In diesem Fall besteht eine Abschreibungspflicht. Es gilt das gemilderte Niederstwertprinzip. Gemildert deshalb, weil nicht stets auf den niedrigeren beizulegenden Wert abzuschreiben ist, sondern nur dann, wenn es sich um eine dauernde Wertminderung handelt.
Im Rahmen der Folgebewertung sind auch mögliche Wertaufholungen zu prüfen. Eine Wertaufholung setzt eine vorhergehende außerplanmäßige Abschreibung voraus. Überdies besteht nach § 253 Abs. 4 HGB ein Wertaufholungsgebot und zwar für alle Rechtsformen. Das Wertaufholungsgebot verhindert, dass Wertminderungen auch dann noch geltend gemacht werden können, wenn der Grund für sie zwischenzeitlich weggefallen ist, d.h. keine "normale" Abschreibung mehr möglich ist.
Beispiel
Ein unbebautes Grundstück wurde im Vorjahr außerplanmäßig abgeschrieben weil bspw. eine Autobahn nicht unweit vom Grundstück geplant war.
- Wenn im Folgejahr der Grund für die außerplanmäßige Abschreibung weggefallen ist weil die Autobahn nun doch nicht gebaut wird, so ist zwingend eine Wertaufholung vorzunehmen. Eine Ausnahme gibt es nur für Geschäfts- oder Firmenwerte, bei diesen ist der niedrigere Wert beizubehalten.
2.2.3.2 Bewertung des Umlaufvermögens
Zum Umlaufvermögen gehören alle Vermögensgegenstände die dem Unternehmen nicht dauernd zu dienen bestimmt sind. Das ergibt sich auch aus dem Umkehrschluss zum Anlagevermögen.
Im Zeitpunkt der Zugangsbewertung sind auch die Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Die Folgebewertung unterscheidet sich maßgeblich vom Anlagevermögen. Der Unterscheid liegt darin, dass die Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens sich nicht planmäßig abnutzen und somit nicht planmäßig abgeschrieben werden können. Nach § 253 Abs. 4 HGB sind Abschreibungen zwingend vorzunehmen, um auf einen niedrigeren Börsen- oder Marktpreis oder wenn dieser nicht feststellbar ist auf einen niedrigeren beizulegenden Wert abzuschreiben.
Beispiel
Unternehmer M hat im September des Geschäftsjahres Aktien zu Spekulationszwecke mit Anschaffungskosten von 100,- € erworben. Zum Bilanzstichtag 31.12. notiert der Kurs an der Börse 70,- €. Am darauffolgenden Bilanzstichtag notiert der Kurs bei 120,- €.
- Nach dem strengen Niederstwertprinzip mussten die Aktien also auf 70,- € abgeschrieben werden. Zum nächsten Bilanzstichtag notiert der Kurs bei 120,- €. Der Wertaufholungsgebot erfordert nun die Zuschreibung von 70,- € auf 100,- €. Obwohl die Aktien ein Wert von 120,- € haben, darf eben nur auf 100,- € zugeschrieben werden, weil zwingend das Anschaffungswertkostenprinzip zu berücksichtigen ist. Obergrenze der Bewertung bilden stets die historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.
Beispiel
Der Autohändler M hat im Geschäftsjahr 01 drei Vorführwagen erworben und diese zum 31.12.01 im Anlagevermögen aktiviert und planmäßig mit 10.000,- € abgeschrieben. Im Geschäftsjahr 02 werden die drei Vorführwagen verkauft. Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung bemängelt der Wirtschaftsprüfer die Vorgehensweise im Jahresabschluss 01. Er vertritt die Auffassung, es würde sich bei den Vorführwagen um Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens handeln.
- Vorführwagen dienen der Präsentation des Verkaufsprogramms, daher sind sie zum Gebrauch bestimmt d.h. sie gehören zum Anlagevermögen und können somit planmäßig abgeschrieben werden.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bilanzierung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6.
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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2016