Das Widerrufsrecht – Teil 25 – Verbundener Vertrag
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
5.3.6 Verbundener Vertrag
Erfolgt der wirksame Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages, ist der Verbraucher auch nicht mehr an einen mit dem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag gebunden (Widerrufsdurchgriff, § 358 Abs. 2 BGB). Steht dem Verbraucher bei beiden Verträgen ein Widerrufsrecht zu, so genügt es, nur einen von ihnen zu widerrufen.[1] Die Wirkung des Widerrufs erstreckt sich bei verbundenen Verträgen immer auf beide Verträge. Das Recht zum isolierten Widerruf besteht nicht.[2] Der Verbraucher kann also nicht einen Vertrag widerrufen und den anderen bestehen lassen.
Ist der Verbraucherdarlehensvertrag mit einem Vertrag verbunden, der in den Bereich der besonderen Vertriebsformen oder des Time - Sharing fällt, sind die Vorschriften über die Rechtsfolgen dieser Verträge maßgebend (§§ 357 ff. BGB). Für den Fall, dass ein Vertrag aus dem Bereich der besonderen Vertriebsformen vorliegt (Fernabsatz-, Außergeschäftsraumvertrag), sind die empfangenen Leistungen innerhalb einer 14 -tägigen Höchstfrist zurück zu gewähren (§ 357 Abs. 1 BGB). Der aus einem widerrufenen Darlehensvertrag resultierende Zinsanspruch des Darlehensgebers für die Zeit zwischen der Aus- und Rückzahlung des Darlehens besteht bei verbundenen Verträgen nicht (§ 358 Abs. 4 S. 4 BGB).
Bei der Ausübung des Widerrufs ist zu beachten, dass der Verbraucher genau bestimmt welchen Vertrag er widerruft. Der Widerruf ist an den jeweiligen Vertragspartner als den richtigen Erklärungsempfänger richten. Dies hat den Hintergrund, dass die Voraussetzungen des Widerrufs bei einem der beiden Verträgen ggf. gar nicht mehr gegeben sind. Widerruft der Verbraucher einen Vertrag bei dem die Widerrufsfrist bereits verstrichen ist, kann die Widerrufserklärung nicht einfach auf den anderen Vertrag umgedeutet werden.[3] Somit kommt es nicht zum Widerruf der verbundenen Verträge.
Beispiel: Über einen Online-Shop bestellt der Verbraucher am 05.06. im Rahmen einer einheitlichen Bestellung einen Smart-TV sowie einen dazugehörigen TV-Tisch. Der Verbraucher nutzt dabei das Finanzierungsangebot des Unternehmers. Dieser bietet eine günstige 1 % - Finanzierung, in Kooperation mit einer Bank an. Der Verbraucher nimmt das Finanzierungsangebot in Anspruch. Die Bank überweist dem Unternehmer am 06.06. den vom Verbraucher zu zahlenden Kaufpreis. Der Verbraucher wird bei Abschluss seiner Bestellung ordnungsgemäße über das Widerrufsrecht belehrt. Eine Kopie des Darlehensvertrages sowie die dazugehörige Widerrufsbelehrung erhält er am 07.06. per Post. Aufgrund von Lieferengpässen kann der Unternehmer zuerst nur den TV-Tisch zum 07.06. liefern. Der Smart-TV wird erst am 26.06. geliefert. Am 28.06. widerruft der Verbraucher den Warenlieferungsvertrag gegenüber dem Unternehmer.
- Grundsätzliches: Da der Verbraucher die Waren im Internet bestellt, liegt ein Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB) vor. Für diesen sind die Rechtsfolgen nach § 357 BGB maßgebend. Aufgrund der Darlehensfinanzierung der Ware liegt ebenso ein Darlehensvertrag vor. Auf diesen finden die Vorschriften über die Rechtsfolgen nach § 357a BGB Anwendung. Da der Darlehensvertrag ganz der Finanzierung des Warenlieferungsvertrages dient und beide eine wirtschaftliche Einheit darstellen, liegt ein verbundener Vertrag vor (§ 358 BGB). Um sich von beiden Verträgen lösen zu können, kann sich der Verbraucher aussuchen, gegenüber welchem Vertragspartner er den Widerruf erklären möchte (gegenüber der Bank als Darlehensgeber oder dem Online - Shop als Verkäufer).
- Widerruf des Warenlieferungsvertrages: Die Widerrufsfrist des Warenlieferungsvertrages wurde mit Lieferung der letzten Ware (Smart-TV) zum 26.06. am 27.06. ausgelöst (§§ 356 Abs. 2 Nr. 1b, 187 Abs. 1 BGB). Der Widerruf am 28.06. liegt noch innerhalb der 14 - tägigen Widerrufsfrist. Deswegen ist der Widerruf des Warenlieferungsvertrages wirksam.
- Widerruf des Darlehensvertrages: Hätte der Verbraucher am 28.06. den Darlehensvertrag widerrufen, wäre der Widerruf unwirksam. Die Widerrufsfrist des Verbraucherdarlehensvertrages wird mit Aushändigung der Vertragsurkunde am 07.06. zum 08.06. ausgelöst (§§ 356b Abs. 1, 187 Abs. 1 BGB). Die Frist erlischt nach Ablauf von 14 Tagen zum 22.06. Damit wäre ein Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrages am 28.06 wegen des Fristablaufs unwirksam. Durch den wirksamen Widerruf des Warenlieferungsvertrages entfällt jedoch auch gegenüber dem Verbraucherdarlehensvertrag die Bindungswirkung (§ 358 Abs. 1 BGB).
- Rechtsfolgen: Es treten die Rechtsfolgen des widerrufenen Vertrages einBei dem wirksam widerrufenen Vertrag handelt es sich um den Warenlieferungsvertrag (Fernabsatzvertrag), so dass die Vorschriften über die Rechtsfolgen der besonderen Vertriebsformen nach § 357 BGB maßgebend sind. Demnach müssen die gelieferten Waren und das Darlehen innerhalb von 14 Tagen zurückgewährt werden (§§ 358 Abs. 4 S. 1, 357 Abs. 1 BGB). Zur Rücksendung der Ware ist der Verbraucher verpflichtet (§ 357 Abs. 4 BGB). Weiter hat der Verkäufer das Recht den Kaufpreis solange zurückzubehalten, bis die Ware bei ihm eingetroffen ist oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass die Ware zurückgesendet wurde (§ 357 abs. 4 BGB). Die Kosten der Rücksendung trägt der Verbraucher (§ 357 Abs. 6 S. 1 BGB).
[1] Vgl. Staudinger, § 358 Rn. 55.
[2] Vgl. Staudinger, § 358 Rn. 55.
[3] Vgl. jurisPK-BGB Band 2 Rn. 49.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Widerrufsrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Pascal Schöning, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-56-4.
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Monika Dibbelt
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Stand: Januar 2016
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