Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis - Teil 06 - Hinweis auf die Geltung der AGB im unternehmerischen Verkehr
2.1.2 Im unternehmerischen Verkehr
Die Hinweispflicht (§ 310 I BGB) ist im unternehmerischen Verkehr allgemein abgeschwächt. So muss der Hinweis nicht ausdrücklich erfolgen, wenn er sich aus konkludentem Verhalten ergibt. Hier genügt es beispielsweise wenn die AGB wortlos zusammen mit dem Vertrag übergeben werden.
Zudem darf der Unternehmer nicht darauf vertrauen, dass, wenn ihm keine AGB ausgehändigt werden, obwohl Geschäfte dieser Art gewöhnlich mit AGB abgeschlossen werden, gerade sein Geschäft ohne AGB abgeschlossen werden sollte. Vielmehr muss der annehmende Unternehmer den anbietenden Unternehmer darauf hinweisen, dass er keine AGB erhalten hat.
Derzeitig ist es rechtlich umstritten, ob branchenübliche AGB angewandt werden können, wenn auf diese nicht hingewiesen wird. So gelten ADSp bei Transport- und Speditionsgeschäften oder die AGB-Banken für den Verkehr der Banken untereinander als branchenüblich. Diese sollen laut Auffassung einer Seite zur Anwendung kommen, wenn auf diese nicht hingewiesen wurde (sehr streitig für ADSp). Als nicht branchenüblich und deshalb nur durch Einbeziehung als AGB anwendbar gelten Maklerbedingungen und die VOB .
Bei laufenden Geschäftsbeziehungen, bei denen nach x-fachen Geschäften das gleiche erneut abgeschlossen wird, dieses Mal jedoch ohne Hinweis auf die AGB , werden diese dennoch einbezogen, wenn sie vorher immer einbezogen worden sind und sich an den eigentlichen Umständen des Vertragsschlusses (Grund des Geschäftes, Vertragsabschluss, Vertragsparteien) nichts geändert hat.
Im internationalen Geschäft, soweit das deutsche Recht zur Anwendung kommt, sollte der Hinweis auf die AGB mindestens in der Verhandlungssprache abgefasst werden. Die sicherste Variante hierbei ist die direkte Aufnahme der AGB in den Vertrag.
2.1.3 Aushang
Der Verwender muss dafür Sorge tragen, dass seine AGB in den Vertrag einbezogen werden. Der ausdrückliche Hinweis kann nur dann entfallen, wenn er nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten erbracht werden könnte. Dann muss der Hinweis deutlich sichtbar am Ort des Vertragsschlusses erfolgen und vom Verwender dem Vertragspartner die Möglichkeit eröffnet werden, vom Inhalt der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen.
2.1.3.1 Unverhältnismäßige Schwierigkeit
Die unverhältnismäßige Schwierigkeit ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der Last des Verwenders einen Hinweis auf die AGB zu geben und der Last der anderen Vertragspartei zur Erkundigung nach den AGB. Die Last, den ausdrücklichen Hinweis zu erbringen, muss hierbei um ein Vielfaches höher sein, als die Erkundigungslast. Es reicht nicht bereits aus, dass die Erkundigungslast sehr niedrig ist oder Geschäfte dieser Art üblicherweise immer mit AGB geschlossen werden.
Bestes Beispiel hierzu ist der Lebensmittelverkauf. Bei der Vielzahl von kleinen Geschäften, bei denen in der Praxis die AGB sehr selten zur Anwendung kommen, würde es zu einem unverhältnismäßig hohen Mehraufwand des Verkäufers kommen, wenn er jedem Kunden an der Kasse vor Vertragsabschluss auf seine AGB hinweisen müsste, diesen sodann die Möglichkeit zu geben die AGB zur Kenntnis zu nehmen und zu entscheiden, ob der Kunde zu diesen Bedingungen den Vertrag annimmt. Nicht nur, dass dieser Vorgang je nach Kunde eine nicht zu berechnende Zeit kosten würde, es wäre dadurch der gesamte Ablauf behindert. Zugleich entspräche es nicht dem Sinn, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Kunden zu bedienen. Folglich ist es in solchen Fällen erlaubt, die AGB offen auszuhängen, sodass die Kunden diese lesen können, sofern sie dies wollen, während andere Kunden diese stillschweigend hinnehmen.
Unverhältnismäßige Schwierigkeiten liegen bereits nicht mehr vor, wenn es dem Verwender möglich ist, die AGB in ein Dokument aufzunehmen, das spätestens bei Vertragsschluss übergeben wird. Die gesamten AGB jeweils auf einen Kassenzettel des obigen Beispiels abzudrucken, würde im Regelfall zu einer derartigen Verkleinerung der Schrift führen, dass die Kenntnisnahme erschwert oder unmöglich würde. Zudem wird der Kassenzettel erst nach Vertragsschluss dem Kunden übergeben. Weitere derartige Beispiele sind Beförderungen durch Bus und Bahn oder Vertragsschlüsse durch Leistungen an Automaten. Laut BGH gilt gleiches auch bei Versteigerungen, da dem Versteigerer nicht zugemutet werden kann bei jedem Gebot auf die Geltung der AGB hinzuweisen (Fußnote).
Zu beachten ist zudem, dass es nicht unüblich und ungewöhnlich sein darf, dass sich in einem Dokument die AGB befinden. Werden sie beispielsweise in einem Werbeprospekt abgedruckt, so rechnet ein Durchschnittsverbraucher nicht damit, dass sich in diesem die dem Vertrag zugrunde zu legenden AGB befinden. In diesem Falle gelten wieder die Regeln für den ausdrücklichen Hinweis des Verwenders auf seine AGB.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ Michael Kaiser auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt bei Brennecke & Partner, Rechtsanwälte Fachanwälte mbB, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de,ISBN 978-3-939384-36-6.
Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014
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