Bankzulassungsrecht – Teil 10 – Finanzportfolioverwaltung, Eigenhandel als Dienstleistung, Drittstaateneinlagenvermittlung
3.2.6 Finanzportfolioverwaltung
Die Finanzportfolioverwaltung erfasst die Verwaltung von Vermögen, das für andere mit Entscheidungsspielraum in Finanzinstrumente angelegt wurde. Erforderlich ist die Verwaltung fremden Vermögens aufgrund sog. Einzelkundenbasis. Dazu muss dem Verwalter, bei den zu treffenden Anlageentscheidungen ein Entscheidungsspielraum eingeräumt werden. Eine Finanzportfolioverwaltung scheitert daher bereits, wenn vor der Ausführung einer Anlageentscheidung die Zustimmung des Auftraggebers eingeholt werden muss.
Beispiel
Die Eheleute Becker möchten ihre Ersparnisse anlegen und wendet sich daher an den Vermögensverwalter der V-Bank Heidelberg. Dieser übernimmt fortan die Verwaltung über das Vermögen der Eheleute Becker. Deren Vermögen ist zum Teil schon in Finanzinstrumente angelegt, zum Teil liegt es auf ihrem Sparkonto. Im Rahmen seiner Tätigkeit prüft der Vermögensverwalter die bereits angelegten Vermögensteile und legt das restliche Vermögen in Finanzinstrumente an.
- Der Vermögensverwalter verwaltet seither das einzelne Vermögen der Eheleute Becker und legt es für Sie in Finanzinstrumente an. Bei der Verwaltung hat der Vermögensverwalter Entscheidungsspielraum, da die Anlageentscheidung allein in seinem eigenen Ermessen beruht.
Die Verwaltung wird typischerweise auf eine bestimmte Dauer angelegt, ohne dass ein dauerhaft angelegtes Mandat des Vermögensverwalters zwingend ist. Eine einmalige Verwaltungstätigkeit kann bereits den Tatbestand der Finanzportfolioverwaltung erfüllen.
3.2.7 Eigenhandel als Dienstleistung
Der Eigenhandel nach § 1 Abs. 1 a S. 2 Nr. 4 KWG erfasst vier Alternativen:
- das kontinuierliche Anbieten des Kaufs oder Verkaufs von Finanzinstrumenten an einem organisierten und durch staatliche Stelle genehmigten und überwachten Markt oder in einem multilateralen Handelssystem zu selbst gestellten Preisen.
- das häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems, indem ein für Dritte zugängliches System angeboten wird, um mit ihnen Geschäfte durchzuführen.
- Z.B. für Unternehmen, die außerhalb des staatlich überwachten Marktes über das Internet Finanzinstrumente anbieten.
- das Anschaffen (Kauf) oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere
- das Kaufen oder Verlaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder multilateralen Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik, die gekennzeichnet ist durch die Nutzung von Intrastrukturen, die darauf abzielen, Latenzzeiten zu minimieren, durch die Entscheidung des Systems über die Einleitung, das Erzeugen, das Weiterleiten oder die Ausführung eines Auftrags ohne menschliche Intervention für einzelne Geschäfte oder Aufträge und durch ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen in Form von Aufträgen, Quotes oder Stornierungen, auch ohne Dienstleistung für andere.
Charakteristisch für den Eigenhandel ist eine Dienstleistung im eigenen Namen auf eigene Rechnung. Das für den Eigenhandel zuständige Unternehmen tritt gegenüber dem Kunden selbst als Käufer bzw. Verkäufer auf. Er trägt das Preis- und Erfüllungsrisiko selbst.
Der Eigenhandel ist ein wichtiger Bereich des sog. Investment Banking. Der Eigenhandel mit Wertpapieren, Derivaten und anderen Finanzprodukten ermöglicht der Bank durch den Einsatz eigener Mittel selbst am Geld- und Kapitalmarkt aktiv zu werden. Auf diese Weise kann die Bank kurzfristige Handelsgewinne erzielen.
3.2.8 Drittstaateneinlagenvermittlung
Die Drittstaateneinlagenvermittlung gem. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 5 KWG erfasst die Vermittlung von Einlagengeschäften(Fußnote) mit Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens (sog. Drittstaaten). Voraussetzung ist, dass das Unternehmen auf Weisung des Kunden tätig wird.
Beispiel
Die Life-AG mit Sitz in der Schweiz bietet deutschen Lebensversicherungskunden an, ihre noch bestehenden und meist nicht mehr rentablen Lebensversicherungen aufzukaufen. Dafür bietet die Life- AG einen bis zu vierfachen höheren Kaufpreis an als der aktuelle Rückkaufwert. Bedingung ist, dass der Kaufpreis nicht sofort gezahlt wird, sondern in monatlichen Raten über einen längeren Zeitraum hinweg.
- Aufgrund des fest vereinbarten Kaufpreises stellt dieses Modell nach der BaFin ein Einlagengeschäft dar. Da die, an die Life-AG gezahlten Gelder in die Schweiz transferiert wurden und damit in ein Nicht-EU-Land, liegt ein sog. Drittstaateneinlagenvermittlungsgeschäft vor. Ohne eine Bankerlaubnis der BaFin ist dieses Rechtsgeschäft unwirksam.
Mit der Erlaubnispflicht solcher Geschäfte wird verhindert, dass Gelder vom Inland über Unternehmen in Drittstaaten verwaltet werden und auf diese Weise die Gläubigerschutzvorschriften des KWG umgehen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.
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