Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 16 – Vermächtnis, Auflage, Teilungsanordnung
3.5.3 Vermächtnis
Ein Vermächtnis bewirkt, dass die mit diesem bedachte Person Vermögenswerte aus dem Nachlass erhält, ohne eine Erbenstellung zu erlangen (§ 1939 BGB). Der Vermächtnisnehmer hat aufgrund des Vermächtnisses einen Anspruch gegen die Person, die durch dieses beschwert ist (§ 2174 BGB). Das ist regelmäßig der Erbe des Erblassers, der vom Erblasser unmittelbar etwas zugewendet bekommt.(Fußnote) Der Vermächtnisnehmer erlangt damit sozusagen nur mittelbar Vermögen aus dem Nachlass, da er den Umweg über den Beschwerten gehen muss. Durch das Vermächtnis können gegenständliche Vermögenswerte oder auch eine gewisse Geldsumme zugewendet werden.
Soll ein Einzelunternehmen Gegenstand eines Vermächtnisses sein, muss festgelegt werden, welche konkreten Vermögensgegenstände des Unternehmens und welcher der rechtsgeschäftlichen Beziehungen vermacht werden sollen.
Im Interesse des Unternehmers kann ein Vermächtnis angeordnet werden, um schwierige und konfliktträchtige Erbauseinandersetzungen über das Unternehmen oder die Beteiligung in diesem zu vermeiden. Hat der verstorbene Gesellschafter nämlich mehrere Erben, so fällt der Nachlass diesen Erben ihrer Erbquote entsprechend gemeinsam zu. Bestehen in der Erbengemeinschaft unterschiedliche Meinungen und Interessen in Bezug auf die Gesellschafterstellung, kann dieser Konflikt die sinnvolle Ausübung der Gesellschafterstellung und im Ergebnis auch die Gesellschaft als Ganzes finanziell stark belasten. Indem der Erblasser die unternehmerische Beteiligung über ein Vermächtnis an eine konkrete Person zuwendet, setzt sich die Erbengemeinschaft darüber nicht auseinander.(Fußnote)
Das Vermächtnis bietet zudem die Möglichkeit, einer Person dies zuzuwenden, die nach dem Tod des Erblassers erst noch bestimmt werden muss. Nach § 2151 Abs. 1 BGB kann der Erblasser einen Dritten oder den mit dem Vermächtnis Beschwerten ermächtigen, die Person des Vermächtnisnehmers zu bestimmen. Der Erblasser muss insoweit nur einen bestimmten Personenkreis bezeichnen, aus dem die Auswahl getroffen werden soll. So kann z.B. nach dem Tod des Unternehmers unter den Kindern des Unternehmers die Auswahl nach unternehmerischer Eignung und Interessen getroffen werden.
Beispiel
Unternehmer U möchte einen Nachfolger für sein Einzelunternehmen finden. In Betracht kommen seine Kinder A, B und C. Er setzt ein Vermächtnis auf, in dem er die konkreten Vermögensgegenstände des Unternehmens, die laufenden Vertragsbeziehungen und die bestehenden Verbindlichkeiten in seinem Testament angibt. Allerdings möchte er, dass nur eines seiner Kinder Unternehmensnachfolger wird. Dasjenige Kind, das sich nach seinem Tod als tüchtigstes erweist, soll von seiner Ehefrau F zum Unternehmensnachfolger bestimmt werden.
Wenn der Nachfolger durch einen Dritten erst nach dem Erbfall bestimmt werden soll, ist für die Übergangszeit zu beachten, dass der Erbe, der mit dem Vermächtnis beschwert ist, für die Verbindlichkeiten des Unternehmens voll haftet. Eine solche Konstellation könnte unangenehm für den Erben werden, da ihm keine Möglichkeit eingeräumt wird, auf die Unternehmensführung Einfluss zu nehmen.
3.5.4 Auflage
Mittels einer Auflage kann der Erblasser sicherstellen, dass der mit der Auflage Beschwerte eine konkrete Leistung an eine bestimmte Person vorzunehmen hat (§§ 2192 ff. BGB). Inhalt dieser Leistungsverpflichtung kann jedes Tun oder Unterlassen sein.(Fußnote) Die Person, gegenüber der die Leistung erbracht werden soll, kann diese aber nicht verlangen. Insoweit unterscheidet sich die Auflage vom Vermächtnis. Beim diesem steht dem Vermächtnisnehmer ein eigener Anspruch gegen den mit diesem Beschwerten zu. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass gewisse Personen gegen den mit der Auflage Beschwerten einen Vollziehungsanspruch geltend machen können (§ 2194 BGB). Ansonsten würde die Auflage als Instrument der Verwirklichung des Willens des Erblassers nahezu leerlaufen.
Im Rahmen der Nachfolgeplanung bei einer unternehmerischen Tätigkeit kann die Auflage für den Erblasser ein gutes Instrument sein, um seinen Willen in Bezug auf die Art und Weise der Ausübung unternehmerischer Tätigkeit über seinen Tod hinaus zu verwirklichen. Der Unternehmer kann anordnen, dass das Unternehmen nur bestimmte Arten von Geschäften führen und sich nicht auf risikoreiche Spekulationen einlassen darf.(Fußnote) Eine Auflage kann auch mit dem Inhalt angeordnet werden, dass keine Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen stattfinden oder dass gewissen Gesellschaftern nicht gekündigt werden darf.
Beispiel
Unternehmer U ordnet in seinem Testament in Bezug auf sein Einzelunternehmen eine Auflage an, die von den Unternehmensnachfolgern verlangt, dass sie bis zum Ablauf von fünf Jahren nach dem Tod des U nur Kredite bis zu einer Höhe von 2.000.000 EUR aufnehmen dürfen, da darüber hinausgehende Summen für das kleine Unternehmen zu spekulativ und risikoreich wären.
3.5.5 Teilungsanordnung
Um die Art und Weise der Auseinandersetzung des Nachlasses zu regeln, kann der Erblasser eine entsprechende Teilungsanordnung treffen (§ 2048 BGB). Durch eine Teilungsanordnung wird hauptsächlich versucht zu vermeiden, dass Nachlasswerte im Rahmen einer Erbengemeinschaft zerschlagen und gar unter Wert veräußert werden, was grundsätzlich nicht dem Willen des Erblassers entspricht.(Fußnote) Indem der Erblasser anordnen kann, welche konkreten Nachlassgegenstände welchem Erben zukommen sollen, wird das Interesse am Erhalt des Nachlassgutes gewahrt. Eine solche Teilungsanordnung kann entweder durch den Erblasser angeordnet oder durch einen Dritten bestimmt werden (§ 2048 Satz 2 BGB). Durch eine Teilungsanordnung erhält der damit Begünstigte einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft. Eine mit dem Todesfall eintretende automatische Eigentumszuordnung tritt nicht ein.
Den unternehmerischen Interessen am Erhalt des Unternehmens und der einheitlichen Fortführung desselben kann durch eine Teilungsanordnung Rechnung getragen werden. Fällt nämlich eine Unternehmensbeteiligung oder ein Einzelunternehmen in den Nachlass und sind mehrere Erben vorhanden, besteht grundsätzlich das Problem der Auseinandersetzung. Um die potentiell widerstreitenden Interessen der Erben und damit folgende Auseinandersetzungskonflikte zu vermeiden, kann der Unternehmer in seinem Testament eine Teilungsanordnung in Bezug auf das Unternehmen oder die unternehmerische Beteiligung festlegen. Damit würde dann ein konkreter Erbe oder eine konkrete Mehrheit von Erben das Unternehmen oder die unternehmerische Beteiligung zugesprochen bekommen. Eine Auseinandersetzung über diesen konkreten Nachlassgegenstand findet dann nicht mehr statt.
Falls das durch die Teilungsanordnung einem einzelnen Erben Zugewendete wertmäßig über seiner Erbquote liegt, muss er den anderen Erben einen Ausgleich zahlen.(Fußnote)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2017