Bankzulassungsrecht – Teil 18 – Ausgenommene Zahlungsdienste
4.2.4.4 Reverse Bargeldzahlungen
Nach § 1 Abs. 10 Nr. 4 ZAG sind Dienste, bei denen der Zahlungsempfänger dem Zahler Bargeld im Rahmen eines Zahlungsvorgangs aushändigt, nachdem ihn der Zahlungsdienstnutzer kurz vor der Ausführung eines Zahlungsvorgangs zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen ausdrücklich darum gebeten hat, keine Zahlungsdienste.
Die Vorschrift erfasst daher die seit neuster Zeit mögliche Bargeldauszahlung an der Ladenkasse eines Geschäftes. Typischerweise bittet der Zahler bzw. Kunde den Zahlungsempfänger und Geschäftsinhaber des Ladens kurz vor der Ausführung eines Zahlungsvorganges zum Erwerb der ausgewählten Waren ausdrücklich um die Aushändigung von Bargeld.
4.2.4.5 Geldwechselgeschäft
Geldwechselgeschäfte, die bar abgewickelt werden, sind keine Zahlungsdienste gem. § 1 Abs. 10 Nr. 5 ZAG. Dies stellt nämlich keinen Zahlungsvorgang, sondern einen Zahlungsmittelaustausch dar.
4.2.4.6 Scheck, Wechsel, Gutscheine und Postanweisungen
Keine Zahlungsdienste sind nach § 1 Abs. 10 Nr. 6 ZAG Zahlungsvorgänge, denen eines der folgenden Dokumente zugrunde liegen:
- Scheck in Papierform
- Wechsel in Papierform
- Gutschein in Papierform
- Reisescheck in Papierform
- Postanweisung in Papierform
4.2.4.7 Zahlungsvorgänge innerhalb von Zahlungs- und Wertpapierabwicklungssystemen
Zahlungsvorgänge, die innerhalb eines Zahlungs- oder Wertpapierabwicklungssystems zwischen Zahlungsausgleichsagenten, zentralen Gegenparteien, Clearingstellen oder Zentralbanken und anderen Teilnehmern des Systems und Zahlungsdienstleistern abgewickelt werden, gelten gem. § 1 Abs. 10 Nr. 7 ZAG nicht als Zahlungsdienste. Privilegiert werden soll nach der Gesetzesbegründung nur der Abrechnungsverkehr der erlaubt tätigen Zahlungsdienstleister untereinander.
Daher erbringen Unternehmen, die ausschließlich mit lizenzierten Kreditinstituten, Wertpapierhandelsunternehmen oder Zahlungsinstituten, die selbst in den Zahlungsvorgang eingebunden sind und in vertraglichen Beziehungen stehen, keinen Zahlungsdienst im Sinne des ZAG.
4.2.4.8 Zins und Dividendenzahlungen von zugelassenen Instituten oder Kapitalgesellschaften
Nach § 1 Abs. 10 Nr. 8 ZAG zählen Zahlungsvorgänge nicht zu Zahlungsdiensten, wenn sie im Zusammenhang mit der Bedienung von Wertpapieranlagen und deren Dividenden von den unter Nr. 7 fallenden Unternehmen, Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten oder Kapitalanlagegesellschaften im Rahmen ihrer Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz oder dem Investmentgesetz durchgeführt werden.
4.2.4.9 Technische Infrastrukturdienstleistungen
Dienste, die von technischen Dienstleistern erbracht werden, die zwar zur Erbringung der Zahlungsdienste beitragen, jedoch zu keiner Zeit in den Besitz der zu übermittelnden Geldbeträge gelangen, sollen keine Zahlungsdienste im Sinne des ZAG sein. Das betrifft vor allem die Verarbeitung und Speicherung von Daten, vertrauensbildende Maßnahmen und Dienste zum Schutz der Privatsphäre, Bereitstellung von Informationstechnologie (IT-) und Kommunikationsnetzen sowie Bereitstellung und Wartung der für Zahlungsdienste genutzten Endgeräte und Einrichtungen.
Das zu übermittelnde Geld darf allerdings weder über ein eigenes Konto laufen, das auf den Namen des technischen Dienstleisters lautet, noch darf es über ein Fremdkonto laufen, über das der Dienstleister eine Verfügungsbefugnis hat.
4.2.4.10 Verbundzahlungssysteme
Nach § 1 Abs. 10 Nr. 10 ZAG sind Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen nur in den Geschäftsräumen des Ausstellers oder im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller entweder für den Erwerb innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern oder für den Erwerb einer begrenzten Auswahl von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können, keine Zahlungsdienste.
§ 1 Abs. 10 Nr. 10 ZAG schafft daher eine Ausnahme für drei Gruppen von Diensten:
- Gruppe 1: Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die nur für Einkäufe oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen in den Geschäftsräumen der ausgebenden Stelle eingesetzt werden können. Dazu gehört beispielsweise die Ausgabe von Stationskarten in Tankstelle für die Zahlung von dort erworbenen Mineralölen.
- * Gruppe 2: Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die im Rahmen der Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller nur für eine begrenzte Auswahl von Waren oder Dienstleistungen eingesetzt werden können. Dazu gehören beispielsweise die Verbundzahlungssysteme im öffentlichen Personennahverkehr oder der Einkauf von Waren für die Fahrt in Bahnhofskiosken.
- Gruppe 3: Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die im Rahmen der Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller nur innerhalb eines begrenzten Netzes von Händlern oder Dienstleistern für die Anschaffung von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen eingesetzt werden können. Dazu gehören die von einer bestimmten Ladenkette ausgegebenen Kundenkarten ohne Kreditkartenfunktion.
4.2.4.11 Digitale Zahlungen als Nebenleistung zu digitalen Übertragungen
Gem. § 1 Abs. 10 Nr. 11 ZAG fallen unter die Zahlungsdienste ebenfalls nicht solche Zahlungsvorgänge, die über ein Telekommunikations-, Digital- oder IT-Gerät ausgeführt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen an ein Telekommunikations-, ein Digital- oder ein IT-Gerät geliefert werden und mittels eines solchen genutzt werden sollen, sofern der Betreiber des Telekommunikations-, Digital- oder IT-Systems oder IT-Netzes nicht ausschließlich als zwischengeschaltete Stelle zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Lieferanten der Waren oder Dienstleistungen tätig ist. Erfasst werden davon Zahlungsvorgänge, die nur dazu dienen, digitalisierte Produkte zu bezahlen. Dazu gehören z.B. Klingeltöne, Hintergrundbilder, Musik, Computersoftware, elektronische Bücher und gesprächstherapeutische Leistungen über Telefon oder SMS, die zusammen mit Telefondiensten bei Telefondienstleistern abgerechnet werden.
4.2.4.12 Zahlungsvorgänge unter Zahlungsdienstleistern
Keine Zahlungsdienste sind nach § 1 Abs. 10 Nr. 12 ZAG Zahlungsvorgänge, die von Zahlungsdienstleistern untereinander auf eigene Rechnung oder von ihren Agenten oder Zweigniederlassungen untereinander auf eigene Rechnung ausgeführt werden. Das ZAG erfasst nur die Zahlungsdienste, die für einen Kunden erbracht werden, der nicht seinerseits als Zahlungsinstitut unter Aufsicht steht oder unter die privilegierten Zahlungsdienstleister fällt, die von der Erlaubnispflicht und der laufenden Aufsicht nach dem ZAG freigestellt werden.
4.2.4.13 Konzern-/verbundinterne Zahlungsvorgänge
§ 1 Abs. 10 Nr. 13 ZAG erfasst Zahlungsvorgänge innerhalb eines Konzerns oder zwischen Mitgliedern einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe.
4.2.4.14 Aufstellung von Bankautomaten
Keine Zahlungsdienste sind gem. § 1 Abs. 10 Nr. 14 ZAG solche Dienste von Dienstleistern, die keinen Rahmenvertrag mit Kunden geschlossen haben, bei denen Geld für einen oder mehrere Kartenemittenten an multifunktionalen Bankautomaten abgehoben wird, vorausgesetzt, dass diese Dienstleister keine anderen Zahlungsdienste erbringen. Die Norm erfasst eine Ausnahme für die Bereitstellung von Geldausgabeautomaten durch sogenannte unabhängige Geldautomatenbetreiber, welche außer dem Aufstellen und dem Bestücken von Geldautomaten keine sonstigen Zahlungsdienstleistungen erbringen.
4.2.4.15 Entgegennahme und Übergabe von Bargeld im Rahmen einer gemeinnützigen Tätigkeit
Die nicht gewerbsmäßige Entgegennahme und Übergabe von Bargeld im Rahmen einer gemeinnützigen Tätigkeit oder einer Tätigkeit ohne Erwerbszweck ist kein Zahlungsdienst nach § 1 Abs. 10 Nr. 15 ZAG. Die Vorschrift privilegiert ausschließlich die Sammlung und Weiterleitung von Spendengeldern, solange die Spenden nur bar übergeben werden und nicht über Konten laufen. Ein Unternehmen, das diese Tätigkeit jedoch gewerbsmäßig für karitative Einrichtungen durchführt, kann die Bereichsausnahme nicht in Anspruch nehmen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.
Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches
Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Bankzulassungsrecht
Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2017
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.
Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:
- Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
- Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
- Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
- Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
- Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
- Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
- Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
- Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
- Abwicklung von Leasingverträgen
- Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
- Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
- Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings
Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:
- Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
- Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
- Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
- Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
- Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
- Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
- Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
- Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
- Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
- Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
- Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-26