Umwandlungssteuerrecht – Teil 04 – Wahlrecht, Voraussetzungen des Wahlrechts, Rückwirkung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
3.1 Wahlrecht § 20 UmwStG
Im Fall des § 20 UmwStG steht das Wahlrecht der übernehmenden Kapitalgesellschaft zu. Diese hat die übergegangenen Wirtschaftsgüter grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Sie kann jedoch auf Antrag den Ansatz mit dem Buchwert oder einem höheren Wert wählen.
Das steuerliche Wahlrecht gilt mit Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz als ausgeübt. Die Bewertung durch die Kapitalgesellschaft ist auch dann maßgebend, wenn die Kapitalgesellschaft mit dem einbringenden Gesellschafter einen anderen Einbringungswert vereinbart hat und nun gegen diese Vereinbarung verstößt. In diesem Fall muss der Gesellschafter zivilrechtlich gegen die Kapitalgesellschaft vorgehen.
Der Einbringende ist an die Ausübung des Wahlrechts durch die übernehmende Kapitalgesellschaft gebunden. Setzt die aufnehmende Kapitalgesellschaft die Wirtschaftsgüter mit den höheren Werten an, so entsteht für den Einbringenden ein laufender Gewinn. Wählt die aufnehmende Kapitalgesellschaft den Ansatz zu gemeinen Werten, so fällt der Übertragungsgewinn des Einbringenden grundsätzlich unter § 16 EStG (§ 20 Abs. 4 UmwStG). Danach werden die außerordentlichen Einkünfte gem. § 16 EStG steuerbegünstigt nach § 34 EStG mit der Fünftel-Regelung versteuert.
3.2 Voraussetzungen des Wahlrechts
Die Ausübung des Wahlrechts ist nach § 20 Abs. 1 UmwStG nur möglich, wenn ein
- Betrieb
- Teilbetrieb oder
- Mitunternehmeranteil
in die Kapitalgesellschaft eingebracht wird.
Unter einem Teilbetrieb versteht man einen mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteten, organisch geschlossenen Teil eines Gesamtbetriebs, der für sich betrachtet alle Merkmale eines Betriebs aufweist und für sich lebensfähig ist. Eine völlig selbstständige Organisation mit eigener Buchführung ist nicht erforderlich. Indizien für das Vorliegen eines Teilbetriebs können sein: eigenes Personal, eigener Kundenstamm usw.
Weitere Voraussetzung ist, dass zumindest ein Teil der Gegenleistung der übernehmenden Kapitalgesellschaft für das eingebrachte Vermögen in neuen Gesellschaftsanteilen besteht.
Die Einbringung eines Betriebs erfordert die Übertragung des betrieblichen Organismus mit all seinen wesentlichen Betriebsgrundlagen.
Für die Beurteilung als wesentliche Betriebsgrundlage können die Grundsätze von H 15.7 Abs. 5 EStH sowie H 16 Abs. 8 EStH herangezogen werden. Wesentliche Betriebsgrundlage eines Betriebs sind danach Wirtschaftsgüter vor allem des Anlagevermögens, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung haben (Bspw. Grundstücke und Gebäude).
Wird ein Teilbetrieb übertragen, müssen alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs übertragen werden.
Wird nur eine wesentliche Betriebsgrundlage nicht auf die Kapitalgesellschaft übertragen, ist § 20 UmwStG nicht anzuwenden. Der Vorgang ist dann wie die Einbringung eines einzelnen Wirtschaftsgutes zu beurteilen, so dass die stillen Reserven aufgedeckt werden und zu versteuern sind.
Beispiel
Bei der Gründung einer GmbH soll Gesellschafter A einen Betrieb (Buchwert 100.000 EUR, Teilwert 500.000 EUR) als Sacheinlage einbringen. Im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Übertragung entnimmt er ein bisher zu Produktionszwecken genutztes und als wesentliche Betriebsgrundlage zu beurteilendes Gebäude (Buchwert 10.000 EUR, Teilwert 100.000 EUR) in sein Privatvermögen.
- Damit hat A keinen Betrieb, sondern lediglich einzelne Wirtschaftsgüter eingebracht. Das Wahlrecht des § 20 UmwStG kann von der GmbH nicht ausgeübt werden. A muss sämtliche stillen Reserven seines Betriebs aufdecken (hier: 400.000 EUR), da er die Wirtschaftsgüter gegen Kapitalanteile getauscht hat § 6 Abs. 6 EStG. Er kann allerdings § 16 EStG in Anspruch nehmen, da er seinen Betrieb mit der Einbringung aufgegeben hat. Danach werden die außerordentlichen Einkünfte gem. § 16 EStG steuerbegünstigt nach § 34 EStG mit der Fünftel-Regelung versteuert.
Bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils ist zu beachten, dass zusätzlich zu den Anteilen die wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens mit übertragen werden müssen.[1]
3.3 Rückwirkung
Nach § 20 Abs. 6 UmwStG kann der steuerliche Übertragungsstichtag (wirtschaftliche Nutzung bevor die Eintragung stattfindet) bis zu acht Monaten vor der Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Handelsregister liegen. Der Vorteil dieses Übertragungsvorgangs ist, dass bereits vor der Eintragung in das Handelsregister die Übertragung stattfinden kann und die Geschäfte grundsätzlich (fort-)geführt werden können.
[1] BFH BStBl. II 1998, 104.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Umwandlungssteuerrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-73-1.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
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