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Markenrecht – Eine Einführung – Teil 02 – Unterscheidung von Herkunft, Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen, nicht schutzfähige Zeichen

2.1.1.1 Unterscheidung der Herkunft

(Abstrakte) Unterscheidungseignung kann hinsichtlich der Herkunftsbestimmung gegeben sein. In dem Fall stellt das Zeichen für die angesprochenen Verkehrskreise einen Hinweis darauf dar, von welchem Unternehmen die mit dem Zeichen versehenen Produkte stammen. Es soll somit sichergestellt werden, dass alle mit einem gleichen Zeichen versehene Produkte der Herkunft eines einzigen Unternehmens unterliegen. Dadurch ist es dem Verbraucher möglich, Verbindungen zwischen verschiedenen Produkten eines Unternehmens mit gleicher Kennzeichnung zu knüpfen. Dies ist insbesondere für den Ruf eines Unternehmens von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Für die Frage der Unterscheidungseignung ist allein entscheidend, dass der angesprochene Verkehr in dem Zeichen einen Herkunftshinweis erblickt. Dabei müssen die durch die technische Funktion bestimmten Gestaltungselemente außer Betracht bleiben.[1]

Der Begriff Verkehrskreis bezeichnet, wie Handlungen und vor allem Aussagen von den Personen verstanden werden, an die sie adressiert sind. Es ist stets auf die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (sog. europäisches Verbraucherleitbild).[2]

Beispiel
Der Verbraucher wird verschiedene Produkte des Unternehmens „Ferrero“, welche jeweils mit den „Ferrero“-Zeichen gekennzeichnet sind, mit ebendiesem Unternehmen verbinden.

Eine Wortfolge, die vom Verkehr als Bezeichnung einer staatlichen Einrichtung verstanden wird (hier: "SWISS ARMY"), kann abstrakt markenfähig sein.[3]

2.1.1.2 Unterscheidungen von Waren und Dienstleistungen

Unterscheidungseignung kann nicht nur hinsichtlich der Abgrenzung von unterschiedlichen Unternehmen relevant werden, sondern auch um verschiedene Waren und Dienstleistungen voneinander zu differenzieren.

Beispiel
Der gleiche Markenname kann für unterschiedliche Waren von unterschiedlichen Unternehmen benutzt werden. So kann der Begriff „Bounty“ sowohl mit Schokoriegeln als auch mit Küchenpapier in Verbindung gebracht werden[4].

Setzt sich eine Marke aus mehreren Bestandteilen zusammen, ist es grundsätzlich ausreichend, wenn nur ein Teil schutzfähig ist, um dadurch den Schutz auf das ganze Zeichen zu erstrecken. Es kommt dabei stets auf die Gesamtbetrachtung an und insbesondere darauf, wie der durchschnittliche Verbraucher die Marke auffasst.

Beispiel
Das Wort „Kinder“ kann für sich genommen keinen Schutz genießen. Mit dem Zusatz Kinder-„Schokolade“ oder Kinder-„Country“ oder durch die grafische Darstellung des Wortes Kinder (z.B. als Wort-Bildmarke) ist dies dennoch möglich.

2.1.2 Nicht schutzfähige Zeichen

Der Ausschluss der Schutzfähigkeit bestimmter Zeichen wird in § 3 Abs. 2 MarkenG geregelt. Überwiegend, aber nicht ausschließlich ist die Beschränkung der Schutzfähigkeit auf dreidimensionale Zeichen anzuwenden. Nicht schutzfähig nach § 3 Abs. 2 MarkenG sind Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen,

  • die durch die Art der Ware selbst bedingt ist.

Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Form des Zeichens die betreffende Ware erst als eine Ware eben dieser bestimmten Gattung klassifiziert. § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG soll vor einer Monopolisierung auf Grund einer Eintragung eines Zeichens schützen, dass das jeweilige Wesen der Gattung wiederspiegelt.

Beispiel
Nicht als Marke schutzfähig wäre ein Zeichen in Form einer Tasse für Produkte im Zusammenhang mit Tassen, da dieses Zeichen gerade die Warengattung „Tassen“ klassifiziert. Angenommen, eine solche Form wäre insbesondere als eine drei-dimensionale Marke schutzfähig, könnte kein anderer Unternehmer mehr Tassen in der klassischen Form der Tasse herstellen. Vielmehr müssten dann vollkommen anders gestaltete Heißgetränkgefäße entwickelt werden.

  • die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist.

Es sind diejenigen Formen nicht schutzfähig, die gewählt wurden, um eine technische Funktion zu erfüllen oder diejenigen Formen, die einer technischen Funktion entsprechen. Der technische Fortschritt fällt somit nicht in den Schutzbereich des MarkenG, vielmehr wird er vom Patentschutz erfasst. Das Eintragungshindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist nicht auf technische Geräte beschränkt. Es kann auch eingreifen, wenn die Warenform technisch bedingt ist.[5]

Beispiele
Ein Drehverschluss lässt sich nicht als Marke eintragen, da diese Form gewählt wird um ein wieder verschließen einer Flasche zu ermöglichen.
Der LEGO-Stein als solcher kann ebenfalls nicht als Marke geschützt werden, da seine Form, insbesondere die Pinökel auf dem Stein, der technischen Fähigkeit des „Zusammensteckens und -haltens“ geschuldet ist[6].

  • die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.

Der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG steht dem Schutz eines Zeichens nur dann entgegen, wenn der Verkehr allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der Ware sieht und es deshalb von vornherein als ausgeschlossen angesehen werden kann, dass der Form neben ihrem ästhetischen Wert zusätzlich die Funktion eines Herkunftshinweises zukommen kann.[7] Dies wird insbesondere für die Fälle gelten, in denen die Form maßgeblich durch das Urheberrecht geschützt wird.

Beispiel
Das EuG hat entschieden, dass die Form eines berühmten Markenlautsprechers nicht als Marke eingetragen werden kann, wenn die Form den wesentlichen ästhetischen Wert des Lautsprechers ausmache, im Übrigen das Design ausschlaggebender Bestandteil der Werbepolitik des Herstellers sei und somit der Wert der Marke durch die Form des Lautsprechers erhöht wird.[8]

Nach der erst kürzlich verabschiedeten und in Kraft getretenen EU-Markenrechtsrichtlinie (Richtlinie 2015/2436 vom 16.12.2015), welche der deutsche Gesetzgeber bis zum 14.01.2019 umzusetzen hat, sind weitere Zeichen als nicht eintragungsfähig normiert worden.
So sind bereits jetzt nach der EU-Richtlinie, jedoch spätestens ab 2019 solche Zeichen nicht eintragungsfähig, die Ursprungsbezeichnungen, geographische Angaben, traditionelle Bezeichnungen von Weinen und Spezialitäten und Sortenbezeichnungen sind, soweit sich die EU oder ein Mitgliedsstaat dem Schutz dieser Angaben und Bezeichnungen per Gesetz oder Vorschrift unterworfen hat, Art. 4 Abs. 1 i) bis l) EU-Markenrichtlinie.


[1] BGH, 14.12.2000, I ZB 27/ 98 – SWATCH.

[2] Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., 2009, § 14 MarkenG, Rn. 296.

[3] BGH, 21.09.2000, I ZB 35/ 98 - SWISS ARMY.

[4] Warum und wie ein identisches Zeichen für unterschiedliche Waren verwendet werden kann, wird im Kapitel --> 3.1.1. erläutert.

[5] BGH, 25.10.2007, I ZB 22/ 04 - Milchschnitte.

[6] EuGH, 14.09.2010, C-48/09 – Plego Juris A/S

[7] BGH, 24. 5. 2007, I ZB 37/ 04 – Fronthaube.

[8] EuG, 6.10.2011, T-508/08, Bang & Olufsen ./. HABM

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Markenrecht – eine Einführung“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Florian Brückner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, (1. Auflage: ISBN 978-3-939384-22-9) und Constantin Raves, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, 2. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-81-6.


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Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Markenanmeldungen für deutsche Marken, europäische Marken (Gemeinschaftsmarke) sowie internationale Marken (IR-Marke). Er unterstützt bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Markenverletzungen und bei Fragen der Nichtigkeit von Markenanmeldungen. 
Er tätigt als Markenanwalt die Anmeldung von Wortmarken, Bildmarken, Wortbildmarken,  dreidimensionalen Marken, Farbmarken oder Geschmacksmustern und verteidigt eingetragene Marken. Er berät über den möglichen Schutz von geografischen Herkunftsangaben, Werktiteln von Zeitschriften, Büchern, Filmen, Software oder Spielen, Geschäftsbezeichnungen oder Designs. Er führt Markenrecherchen durch, um Kollisionen mit bestehenden Anmeldungen zu vermeiden, die sehr teuer werden könnten.  Rechtsanwalt Brennecke begleitet und verhandelt Markenkaufverträge sowie Lizenzverträge zur Nutzung von Marken.

Er vertritt bei Streitigkeiten um Domainnamensrechte und Unternehmenskennzeichen,    

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat veröffentlicht:

  • „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht,  2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Markenrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet im Bereich des Markenrechts folgende Vorträge an:

  • Marken als strategischer Schutz des Unternehmenswerts
  • Der Wert von Marken
  • Markenschutz in Deutschland und Europa – wie weit ein Markenschutz sinnvoll ist
  • Der Schutz von Domainnamen als Namensrecht und markenähnliches Recht

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