Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht – Teil 08 – Objektive Zurechenbarkeit
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
2.3.4.2 Objektive Zurechnung
Neben dem Kausalitätserfordernis muss dem Täter der eingetretene Erfolg objektiv zurechenbar sein. Während das Kausalitätserfordernis einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang zwischen Tathandlung und Taterfolg beschreibt, ist die objektive Zurechnung ein rein wertendes Korrektiv.
Objektiv zurechenbar ist der Erfolg einem Täter dann, wenn
- seine kausale Tathandlung eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat,
- die sich im konkreten Taterfolg niedergeschlagen hat und
- der Schutzzweck der Norm die Verwirklichung derartiger Gefahren umfasst (Fußnote).
Im Fall der kumulativen Kausalität bei Kollegialentscheidungen mehrerer Geschäftsführer werden Zurechnungsprobleme mit der sog. Gesamterfolgszurechnung gelöst. Führen mehrere Beteiligte unabhängig voneinander den tatbestandsmäßigen Erfolg erst durch die Gesamtheit ihrer Handlungsbeiträge herbei, so ist jeder einzelne Beitrag im haftungsbegründenden Sinne ursächlich. Objekt zurechenbar ist der Erfolg jedem beteiligten Geschäftsführer, wenn das jeweilige Entscheidungsverhalten der beteiligten Geschäftsführer die Nachteile und Gefahren für die geschützten Rechtsgüter zumindest erhöht hat. Ein wirkliches gefahrschaffendes Fehlverhalten muss daher nicht vorliegen.
Beispiel
Die Flubber-Gum GmbH besitzt drei Geschäftsführer, die nach der Vorschrift über die Vertretung der Gesellschaft gem. § 35 Abs. 2 GmbHG nur gemeinschaftlich zur Vertretung berechtig sind. Eine abweichende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag existiert nicht. Es soll darüber abgestimmt werden, ob zur Kostenersparnis die fünf Tonnen flüssige und umweltschädliche Ausschussproduktionen des Monats August heimlich in den nächsten Natursee eingeleitet werden. Bei der Abstimmung stimmten alle drei anwesenden Geschäftsführer für die Einleitung der Flüssigkeiten in den nächstgelegenen Natursee, was sodann umgesetzt wurde. Der See wird verunreinigt.
- Da die Geschäftsführer nicht allein zur Geschäftsführung befugt sind, kann nur durch eine entsprechende mehrheitliche Abstimmung aller Geschäftsführer eine entsprechende Anweisung an die Belegschaft erteilt werden. Daher wird der Erfolg in Form der Verunreinigung erst durch das Gesamtergebnis der Abstimmung der einzelnen Geschäftsführer verwirklicht, wobei das Abstimmungsverhalten jedes einzelnen Geschäftsführers für die Verunreinigung kausal wird. Jede der drei abgegebenen Stimmen hat die Gefahr der Verunreinigung des Sees erhöht, ohne die Verunreinigung direkt herbeizuführen. Für die objektive Zurechnung des Erfolgs zu jedem einzelnen Geschäftsführer reicht es aus, dass die Gefahr für die Verunreinigung durch jedes einzelne Abstimmungsverhalten geschaffen wurde, die Verunreinigung jedoch erst durch einen weiteren Zwischenschritt des Einleitens in den See entstand. Das Abstimmungsergebnis ist notwendiger Zwischenschritt für die Erteilung der Anweisung an die hierarchisch tieferstehenden Angestellten, die das Auskippen in den See vollziehen.
Eine strafrechtliche Zurechnung erfolgt selbst dann, wenn das betreffende Rechtsgut bereits gefährdet ist, einzelne Geschäftsführer aber bei einer Gremiumsentscheidung über Maßnahmen mit der Durchsetzung von Gegensteuerungsmaßnahmen gescheitert sind (Fußnote).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.
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Stand: Januar 2017
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
- Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
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