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Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 10 – Die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung

4.2.7.1.5 Die Krankheitsbedingte Kündigung

Vor allem Krankheitsfälle spielen in der Praxis der personenbedingten Kündigung eine große Rolle. Allerdings genügt allein der Hinweis auf eine Krankheit nicht um eine Kündigung sozial zu rechtfertigen.(Fußnote) Kündigungsgrund kann auch bei der krankheitsbedingten Kündigung allenfalls die Nicht- oder Schlechtleistung sowie die verursachte erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen sein.(Fußnote) Jedoch kann eine Krankheit des Arbeitnehmers der Grund für das Fehlen einer Arbeitskraft, die daraus resultierende Störung der betrieblichen Belange sowie als Grundlage für eine negative Prognose sein.(Fußnote)
Die negative Prognose ist in diesem Fall eine negative Gesundheitsprognose. Dies erfordert,

  • dass der Arbeitnehmer künftig auf Grund seiner Krankheit Fehlzeiten in großem Umfang haben würde,
  • dass diese Fehlzeiten zu erheblichen, betrieblichen Beeinträchtigungen führen würden
  • und dass der Arbeitgeber dies nicht hinzunehmen hat.(Fußnote)

Die negative Gesundheitsprognose ist nach medizinischen Grundsätzen abzugeben. Dabei können vergangene, objektiv feststellbare Krankheiten eine Grundlage bilden, sofern die verursachenden Krankheiten nicht vollständig geheilt sind.(Fußnote) Entscheidend ist hierbei der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.(Fußnote) Jedoch kann eine negative Gesundheitsprognose nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass Ärzte bescheinigen der betroffene Arbeitnehmer wäre nicht geheilt, wenn dieser mehr als ein Jahr nicht durch diese Krankheit ausgefallen ist.(Fußnote)
Ist der Arbeitnehmer bereits länger andauernd erkrankt, ist dies ein erstes Indiz für das Andauern der Erkrankung.(Fußnote) Dieses Indiz genügt jedoch nicht aus, es müssen vielmehr weitere objektive Anhaltspunkte bestehen, die eine Genesung in absehbarer Zeit ausschließen.(Fußnote)
Es können jedoch auch häufige Kurzerkrankungen für eine entsprechende, zukünftige Entwicklung sprechen.(Fußnote) Dies gilt nicht für einmalige Ursachen wie z.B. Blinddarmoperationen(Fußnote) oder Sportunfälle(Fußnote). Verletzt sich jemand jedoch oft bei sportlichen Aktivitäten, so lässt sich daraus eine gewisse Anfälligkeit ableiten die durchaus eine Gesundheitsprognose zulässt.(Fußnote)
Gegen eine negative Gesundheitsprognose kann der Arbeitnehmer jederzeit Einwende aufzeigen, weshalb mit einer Genesung in naher Zeit zu rechnen ist.(Fußnote) Er kann sich dabei auf bevorstehende Operationen, ein neues Medikament oder einen fortgeschrittenen Heilungsprozess berufen.(Fußnote) Es genügt jedoch nicht die Krankheit als nicht chronischer Art zu diagnostizieren, da chronisch und ausgeheilt nicht gleichzusetzen sind.(Fußnote)

4.2.7.2 Die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung

Des Weiteren könnte die Kündigung aus dem Verhalten des Arbeitnehmers resultieren. Im Unterschied zur personenbedingten Kündigung hat hier der Arbeitnehmer vorwerfbar gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen.(Fußnote) Dieser Verstoß muss nicht so schwerwiegend sein, wie es für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund der Fall gewesen wäre.(Fußnote)
Auch die verhaltensbedingte Kündigung hat grundsätzlich keine Sanktionierungsfunktion. Zweck der Kündigung ist es vielmehr weitere Vertragspflichtverletzungen zu vermeiden.(Fußnote)

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist dann sozial gerechtfertigt und damit wirksam,

  • wenn ein vertragswidriges, regelmäßig schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt,
  • mit gleichartigen Pflichtverletzungen zukünftig gerechnet werden kann,
  • keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht, und
  • die Kündigung innerhalb einer Interessenabwägung billig und angemessen erscheint.(Fußnote)

4.2.7.2.1 Vertragswidriges Verhalten

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer rechtswidrig und schuldhaft gegen seine Vertragspflichten verstoßen hat.(Fußnote)
Im Einzelfall kann die Schlecht- oder Minderleistung eines Arbeitnehmers trotz seiner vorhandenen persönlichen und fachlichen Qualifikation eine vorwerfbare Handlung darstellen.(Fußnote) Dies umfasst ebenfalls Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften.(Fußnote)

Beispiel:
Arbeitnehmer Krause arbeitet als Obermonteur für Montagearbeiten bei Arbeitgeber Henning. Krause hält Sicherheitsvorschriften für ein unnötiges Ärgernis. Trotz seiner Tätigkeit auf einer Höhe bis zu 30m, arbeitet Krause wiederholt ohne den erforderlichen Sicherheitsgurt. Auch die Abmahnungen von Henning haben ihn nicht eines Besseren belehren können. Die Pflicht einen Sicherheitsgurt zu tragen ist ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgehalten.

  • Das wiederholte Nichttragen des Sicherheitsgurtes stellt einen Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften dar. Nach einschlägigen Abmahnungen kann dies eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.

Des Weiteren kann auch das nicht Befolgen der Weisungen des Arbeitgebers einen Verstoß gegen Arbeitspflichten darstellen. Diesbezüglich darf jedoch keinerlei Zweifel bestanden haben, was der Arbeitgeber vom jeweiligen Arbeitnehmer verlangt hat.(Fußnote)
Regelmäßig wird die Schlechtleistung jedoch in einem Arbeitsfehler bestehen. Erforderlich ist hier jedoch erneut ein Wiederholungsfall nach vorangegangener Abmahnung.(Fußnote) Dies umfasst z.B. erhebliche Verkehrsverstöße eines LKW-Fahrers trotz vorheriger Abmahnung.(Fußnote)
Beruft sich der Arbeitgeber tatsächlich auf eine Schlechtleistung des Arbeitnehmers, genügt die reine Behauptung der Arbeitnehmer habe unterdurchschnittlich gearbeitet nicht.(Fußnote) Vielmehr ist detailliert und anhand von objektiv messbaren Arbeitsergebnissen oder konkreten Tatsachen darzulegen, dass die Leistung deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleibt.(Fußnote)
Neben der Schlecht- oder Minderleistung könnte noch die gänzliche Arbeitsverweigerung die Kündigung sozial rechtfertigen. Dabei ist es maßgeblich inwiefern die verlangte Arbeitsleistung sich in den durch den Arbeitsvertrag festgelegten Grenzen bewegt.(Fußnote) Allerdings wird auch hier eine einschlägige Abmahnung benötigt.(Fußnote)
Mithin gehören noch das Vorzeitige Verlassen des Arbeitsplatzes sowie unentschuldigtes Fehlen zu den regelmäßig vorkommenden, vertragswidrigen Verhaltensweisen.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem

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und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema:

  • Arbeitsvertragsgestaltung: Gestaltungsmöglichkeiten und Fallen
  • Arbeitszeitmodelle: Arbeitszeitkonten, Gleitzeit, (Alters-)Teilzeit, Schichtmodelle, Jobsharing
  • Telearbeit aus arbeitsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und IT-rechtlicher Sicht
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