Kommunalabgabenrecht – Teil 07 – Arten der Kommunalabgaben
3 Arten der Kommunalabgaben
3.1 Der Begriff der Kommunalabgabe
Kommunalabgaben sind Geldleistungen, die von kommunalen Körperschaften zur Erzielung von Einnahmen kraft öffentlichen Rechts in Anspruch genommen werden. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Steuern, Gebühren, Beiträgen und Kommunalabgaben eigener Art. Was dabei zunächst wie ein disponibles Recht der Kommunen klingt, ist jedenfalls bezogen auf Gebühren und Beiträge vielmehr eine Pflicht. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz[1] formuliert hierzu: "Die Gemeinden sind grundsätzlich verpflichtet, die von ihnen unterhaltenen öffentlichen Einrichtungen in vollem Umfang durch [Abgaben und] Entgelte zu finanzieren." Damit wird bereits davon ausgegangen, dass die Zuweisungen und sonstigen Einnahmen zur Aufgabenerfüllung nicht ausreichen. Kommunalabgaben sind damit durch drei zentrale Prinzipien geprägt[2]:
Die Gemeinde hat, soweit es sich nicht um eine Pflichtabgabe handelt, die Entscheidungsfreiheit, ob die jeweilige Kommunalabgabe überhaupt erhoben wird.
Die Gemeinde hat die Entscheidungsfreiheit über die Höhe, in der die Einnahmequelle ausgeschöpft wird. Einzige Ausnahme davon ist, dass für gewisse Abgabenarten Mindesthöhen vorgegeben sind (zur besonders praxisrelevanten Gewerbesteuer mit Mindesthebesatz siehe 3.2.5.1 und zur Grundsteuer 3.2.5.2).
Die Gemeinde hat grundsätzlich die Entscheidungsfreiheit, in welchem Maße und für welche Aufgabe sie die jeweilige Einnahme verwendet, soweit die Einnahme nicht zweckgebunden ist.
Zudem ist bei Kommunalabgaben die sachliche Grenze zu beachten. So dürfen Kommunalabgaben nur nach Maßgabe des jeweiligen Kommunalabgabengesetzes erhoben werden. Mit Ausnahme des "Steuerfindungsrechts" sind die Gemeinden und Gemeindeverbände daher auf die in dem Landes-KAG geregelten Abgabetypen beschränkt.
3.2 Kommunale Steuern
Die erste originäre Einnahme der Kommune ist die kommunale Steuer, bei der den Gemeinden die Ertragshoheit zusteht. Sie muss also nicht etwa einen Betrag X vom Gesamtaufkommen an das jeweilige Bundesland oder den Bund abführen, sondern kann über die Ertragsverwendung frei entscheiden.
Doch was genau ist eine kommunale Steuer? Steuern sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 AO solche Abgaben, die "nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft". Diese Definition der AO wurde in alle Kommunalabgabengesetze der Länder übernommen, sodass sie unmittelbar anwendbar ist. Damit ist zugleich klargestellt, dass die Nutzung öffentlicher Einrichtungen für die Erhebung der Steuer keine Rolle spielt. Es gilt zudem das Prinzip der Zweckfreiheit ("Non-Affection"), d.h. Steuern dürfen grundsätzlich nicht zweckgebunden für bestimmte Staatsausgaben erhoben und verwendet werden. Damit stellen Steuern aus Sicht der Kommunen die flexibelste Einnahmeart dar.
Steuern spielen in der Einnahmepraxis von Bund und Ländern die zentrale Rolle, sodass Deutschland als "Steuerstaat" bezeichnet werden kann. So stammen etwa drei Viertel des Staatshaushalts aus Steuern. In den Kommunen sind die Steuern hingegen neben den Gebühren, Beiträgen und den Abgaben eigener Art nur eine von mehreren Abgabenformen, der nicht die gleiche zentrale Bedeutung zufällt. Hintergrund ist das eingangs beschrieben begrenzte Steuerfindungsrecht der Kommunen, welches eigene Kommunalsteuern neben den bestehenden Bundes- und Landessteuern nur in sehr engen Grenzen zulässt. Zudem gilt das Subsidiaritätsprinzip bei Kommunalsteuern (siehe 3.2.4).
3.2.1 Aufwandsteuern
Aufwandsteuern belasten die Aufwendungen für das Halten bzw. den Gebrauch von Gütern.[3] Besteuert wird also ein besonderer Aufwand, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Damit hat sich gleichwohl im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff "Luxussteuer" etabliert.
Beispiel
Die Stadt S ist aufgrund ihrer vielen Grünanlagen und Parks sehr beliebt für Hundehalter. Durch das Ausführen der Hunde entstehen jedoch mitunter beträchtliche Kosten für die regelmäßige Reinigung. Zur Finanzierung dieser Kosten - auch wenn das Aufkommen aufgrund des Gesamtdeckungsgrundsatzes nicht zweckgebunden verwendet werden darf -, beschließt der Gemeinderat daher den Erlass einer Hundesteuersatzung für alle Hundehalter in S. Dazu wird formuliert: "Jeder und jede, der/die einen Hund hält, muss 100, - € zahlen. Ab dem zweiten Hund werden 125, - €, ab dem dritten Hund 150, - € fällig. Jeder weitere Hund kostet 200, - €."
Anknüpfungspunkt von Aufwandsteuern ist stets die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Die Rechtsprechung legt freilich einen sehr großzügigen Maßstab an, sodass es der Bundesfinanzhof genügen lässt, dass lediglich an die Einkommensverwendung angeknüpft wird.[4] So ist auch die im Beispielsfall gebildete Hundesteuer zulässig, auch wenn das Halten von Hunden keine besondere, über den allgemeinen Lebensbedarf hinausgehende Verwendung von Einkommen ist (zur Hundesteuer im Detail 3.2.5.4).
3.2.2 Verbrauchsteuern
Verbrauchsteuern knüpfen die Belastung an den Verbrauch von konsumierbaren Gütern und werden für gewöhnlich bei demjenigen Unternehmen erhoben, welches das Verbrauchsgut für die allgemeine Nachfrage anbietet.[5]
Beispiel
Die Stadt E ist in der gesamten Bundesrepublik bekannt für ihre hervorragenden Eisdielen. Dies bringt den Kämmerer der Stadt E auf die Idee, eine neue Speiseeissteuer einzuführen, die der Gemeinderat auch in der folgenden Sitzung als Satzung verabschiedet.
Prägendes Merkmal der Verbrauchsteuer ist, dass die Kosten auf den privaten Verbraucher ab- und übergewälzt werden.
[1] OVG Rheinland-Pfalz vom 01.08.1984 - 10 C 2/84.
[2] Für detaillierte Ausführungen siehe Schmitt, S. 72.
[3] Henneke, S. 140.
[4] BFH vom 17.02.2010 – II R 5/08.
[5] Henneke, S. 140.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kommunalabgabenrecht“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Patrick Christian Otto, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-62-5 Titel anhand dieser ISBN in Citavi-Projekt übernehmen.
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Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2017