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Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 27 – Anzeige gegenüber der Agentur für Arbeit

9.3 Anzeige gegenüber der Agentur für Arbeit

Der besondere Kündigungsschutz nach § 17 KSchG beschreibt eine Anzeigepflicht durch den Arbeitgeber. Welche Verhaltenspflichten ihm dabei obliegen ist im Einzelnen in § 17 III KSchG geregelt.

9.3.1 Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat

Nach § 17 III S. 1 KSchG hat der anzeigepflichtige Arbeitgeber bei der Anzeige eine Abschrift der Mittelung an den Betriebsrat der Agentur für Arbeit zuzuleiten.
Sollte der Arbeitgeber es unterlassen der Agentur für Arbeit eine Abschrift zuzuleiten, hat dies jedoch keine Auswirkungen auf die Anzeige und deren Wirksamkeit.(Fußnote) Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Agentur für Arbeit dem Unterlassen innerhalb der Entscheidung über eine Sperrfrist nach § 18 I, II KSchG Rechnung trage könnte.(Fußnote)

9.3.2 Anzeige

Nach § 17 III S. 2-5 KSchG hat der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit eine schriftliche Anzeige zu erstatten, der eine Stellungnahme des Betriebsrates vorliegt, bestimmte Muss-Angaben enthalten muss und bestimmte Soll-Angaben enthalten soll.(Fußnote)
Die Anzeigepflicht trifft den Arbeitgeber als Inhaber des Betriebes.(Fußnote) Sie ist an die Agentur für Arbeit zu richten in deren Bezirk der Betrieb i.S.d. § 17 I KSchG liegt.(Fußnote) Eine bei der nicht zuständigen Agentur für Arbeit eingereichte Anzeige entfaltet keine Rechtswirkungen.(Fußnote)
Die Anzeige ist grundsätzlich in deutsch(Fußnote) sowie nach § 17 III S. 2 KSchG schriftlich zu verfassen. Die Form wird auch durch ein Telefax gewahrt.(Fußnote)

Inhaltlich sind einige „Muss-Angaben“ nach § 17 III S. 4 KSchG gefordert. Dies umfasst

  • den Namen des Arbeitgebers,
  • den Sitz und die Art des Betriebes,
  • die Gründe für die geplanten Entlassungen,
  • die Zahl und die Berufsgruppen der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer,
  • die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
  • den Zeitraum in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
  • sowie die Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer.

Dabei ist sind die Gründe für die Entlassungen nicht im gleichen Maße ausführlich darzulegen wie es bei einem Kündigungsschutzverfahren erforderlich ist. Vielmehr ist der Agentur für Arbeit ein Überblick zu geben was zu den Kündigungen geführt hat.(Fußnote)
Die Anzeige durch den Arbeitgeber muss diese Angaben enthalten. Ist dies nicht der Fall oder liegen fehlerhafte Angaben vor, ist die Anzeige unwirksam.(Fußnote)
Die Korrektur führt jedoch nur zur Wirksamkeit ab dem Zeitpunkt zu dem die Anzeige vollständig und richtig ist.(Fußnote)

Des Weiteren gibt es einige Inhalte die nach § 17 III S. 5 KSchG im Einvernehmen mit dem Betriebsrat enthalten sein sollen. Diese „Soll-Angaben“ umfassen

  • das Alter,
  • das jeweilige Geschlecht,
  • den Beruf, ebenso
  • wie die Staatsangehörigkeit

der zu entlassenen Arbeitnehmer.
Das Fehlen einer solchen „Soll-Angabe“ hat auf die Wirksamkeit im Gegensatz zu dem Fehlen einer „Muss-Angabe“ keinerlei Wirkung.(Fußnote)
Mithin kann der Arbeitgeber diese Angaben auch ohne Einvernehmen des Betriebsrats in der Anzeige machen.(Fußnote) In diesem Fall erfährt der Betriebsrat erst nachträglich von dem Inhalt, wenn er die nach § 17 III S. 6 KSchG erforderlich Abschrift der Anzeige erhält.(Fußnote) Macht der Arbeitgeber diese Angaben jedoch, müssen diese wahrheitsgetreu sein.(Fußnote)

9.3.3 Stellungnahme des Betriebsrats

Außerdem hat der Arbeitgeber gem. § 17 III S. 2 KSchG der Anzeige die Stellungnahme des Betriebsrats beizufügen. Diese ist als Teil der Anzeige anzusehen. Dementsprechend ist die Stellungnahme des Betriebsrats eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Anzeige.(Fußnote)
Dadurch soll der Arbeitgeber für ihn nachteilige Stellungnahmen nicht verschweigen können.(Fußnote) Die Stellungnahme nach § 17 III S. 2 KSchG kann durch einen Interessenausgleich i.S.d. § 1 V S. 1 KSchG einschließlich der Namensliste ersetzt werden.(Fußnote)
Sollte die Stellungnahme unmittelbar gegenüber der Agentur für Arbeit abgegeben worden sein, ist die Anzeige trotz der fehlenden Beifügung wirksam.(Fußnote)
Das Fehlen einer solchen Stellungnahme ist mithin nur zulässig, wenn der Arbeitgeber gem. § 17 III S. 3 KSchG

  • glaubhaft machen kann, dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor der Anzeige ordnungsgemäß unterrichtet hat, und
  • er den Stand der Beratungen darlegt.

Bei der Glaubhaftmachung kann sich der Arbeitgeber jeglicher Beweismittel gem. § 294 I ZPO bedienen.(Fußnote) Dazu kann der Arbeitgeber z.B.:

  • sich einer eidesstattlichen Versicherung bedienen(Fußnote)
  • das Empfangsbekenntnis des Betriebsratsvorsitzenden hinsichtlich des Unterrichtungsschreibens sowie eine Kopie dessen unterbreiten(Fußnote)

Voraussetzung für die Stellungnahme des Betriebsrats ist offensichtlich das Vorhandensein eines Betriebsrats. Ist dieser im betroffenen Betrieb jedoch nicht vorhanden, ist eine solche Stellungnahme faktisch unmöglich und demensprechend keine Wirksamkeitsvoraussetzung.(Fußnote)
In diesem Fall wird dem Arbeitgeber empfohlen auf das Fehlen eines Betriebsrats in der Anzeige ausdrücklich hinzuweisen, um Missverständnissen vorzubeugen.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem

  • Aufhebungsverträge
  • Abwicklungsverträge
  • Kündigungen
  • Kündigungsschutzansprüche
  • Abfindungen
  • Lohn- und Gehaltsansprüche
  • Befristete und unbefristete Arbeitsverträge
  • Betriebsvereinbarungen
  • Tantiemenvereinbarungen

und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema:

  • Arbeitsvertragsgestaltung: Gestaltungsmöglichkeiten und Fallen
  • Arbeitszeitmodelle: Arbeitszeitkonten, Gleitzeit, (Alters-)Teilzeit, Schichtmodelle, Jobsharing
  • Telearbeit aus arbeitsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und IT-rechtlicher Sicht
  • Minijobs rechtssicher gestalten

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