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Handbuch zur arbeitsrechtlichen Abmahnung – Teil 29 – Prozessuale Rechtsbehelfe

9.1.2 Prozessuale Rechtsbehelfe

9.1.2.1 Prozessuale Rechtsbehelfe des Arbeitnehmers

9.1.2.1.1 Allgemeines

Besteht ein wirksames Arbeitsverhältnis, so kann der Arbeitnehmer gegen eine schriftliche Abmahnung, die auch seiner Sicht unberechtigt ist, gerichtlich vorgehen (Fußnote) und verlangen, dass diese aus der Personalakte entfernt wird.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer laut BAG grundsätzlich nicht mehr verlangen, dass eine seiner Meinung nach unwirksame Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird (Fußnote), da die Abmahnung durch das Verlassen des Betriebs ihre Bedeutung verloren hat (Fußnote). Nur ausnahmsweise hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, wenn die Abmahnung ihm weiterhin schaden kann. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der (Fußnote) Arbeitgeber Dritten Informationen über den Inhalt der Personalakte und somit auch die Abmahnung zukommen lässt. In diesem Fall hat die unberechtigte Abmahnung immer noch negative Auswirkungen auf die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers (Fußnote) und es besteht ein Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte.

9.1.2.1.2 Anspruch auf Entfernung bei rechtswidriger Abmahnung

Wenn der Angestellte beantragt, dass eine Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird, so muss der Arbeitgeber dies tun, sofern die Abmahnung nach Form oder Inhalt den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung verletzt und damit rechtswidrig ist (Fußnote). Insbesondere ist auch dann die gesamte Abmahnung zu entfernen, wenn nur ein Teil der Abmahnung auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruht (Fußnote). Die Abmahnung muss hierbei aus der Personalakte herausgenommen und vernichtet bzw. dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Es reicht hingegen nicht aus, die strittigen Teile der Abmahnung zu überkleben (Fußnote) oder die Abmahnung mit einem Vermerk zu versehen, dass an den enthaltenen Vorwürfen nicht festgehalten wird (Fußnote).

9.1.2.1.3 Anspruch auf Entfernung bei rechtmäßiger Abmahnung

9.1.2.1.3.1 Wegen Überreaktion

Der Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte soll auch dann bestehen, wenn die Abmahnung zwar auf einem zutreffenden Sachverhalt beruht, sie jedoch insgesamt eine extreme "Überreaktion" darstellt und deshalb unverhältnismäßig ist. Insgesamt hat der Arbeitgeber hier aber einen weiten Ermessensspielraum und darf grundsätzlich auch kleinere Pflichtverstöße abmahnen, sodass ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung wohl nur in den seltenen Fällen besteht, in denen ein "völlig lächerlicher" Pflichtverstoß zum Anlass genommen wurde (Fußnote). Eine "Überreaktion" liegt regelmäßig dann vor, wenn dem Arbeitnehmer auch bei Wiederholung des beanstandeten Verhaltens gar nicht gekündigt werden könnte (Fußnote).

9.1.2.1.3.2 Nach Zeitablauf

Das BAG tendiert in seiner Rechtsprechung (Fußnote) dazu, dem Arbeitnehmer auch dann einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zuzubilligen, wenn diese zwar rechtmäßig ergangen ist, jedoch durch Zeitablauf unwirksam geworden ist ( gFußnote). Hierbei handelt es sich jedoch um eine reine Tendenz und nicht um eine vollständig gefestigte Linie der Rechtsprechung, die zudem teilweise stark kritisiert wird (Fußnote). Für die Beantwortung der Frage, ob ein entsprechender Anspruch besteht, ist deshalb die zukünftige Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.


9.1.2.2 Prozessuale Rechtsbehelfe des Arbeitgebers

Bisher nicht durch die Rechtsprechung geklärt ist die Frage, ob auch der Arbeitgeber gegen schriftliche Abmahnungen durch den Arbeitnehmer vorgehen kann (Fußnote).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Handbuch zur arbeitsrechtlichen Abmahnung“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Miriam Schwartzer, Rechtsreferendarin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-80-9.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem

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  • Abwicklungsverträge
  • Kündigungen
  • Kündigungsschutzansprüche
  • Abfindungen
  • Lohn- und Gehaltsansprüche
  • Befristete und unbefristete Arbeitsverträge
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und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema:

  • Arbeitsvertragsgestaltung: Gestaltungsmöglichkeiten und Fallen
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  • Telearbeit aus arbeitsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und IT-rechtlicher Sicht
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