Markenrecht – Eine Einführung – Teil 26 – Vernichtungs- und Rückrufanspruch
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Constantin Raves
Rechtsanwalt
5.2.3 Vernichtungs- und Rückrufanspruch, § 18 MarkenG
Die sogenannten Beseitigungsansprüche nach § 18 MarkenG dienen als Ergänzung zu den Unterlassungsansprüchen, insbesondere dem markenrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 MarkenG. Mit einer Unterlassung wird zwar verhindert, dass Waren, die gegen Markenrechte verstoßen, weiter vertrieben werden. Gleichwohl existieren diese Waren weiter fort. Allein durch einen erfolgreichen Unterlassungsanspruch kann nicht gewährleistet werden, dass die gegenständlichen Waren nicht auf anderem Wege zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf dem Markt laden und der Markeninhaber erneut gegen den Vertrieb dieser Waren vorgehen muss. Daher ermöglichen die Beseitigungsansprüche des § 18 MarkenG sowohl eine Vernichtung der existierenden Marken als auch einen Rückruf der bereits in Umlauf gebrachten markenrechtsverletzenden Waren.
5.2.3.1 Vernichtungsanspruch, § 18 Abs. 1 MarkenG
Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 MarkenG kann der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung „den Verletzter in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 MarkenG auf Vernichtung der im Besitz oder im Eigentum des Verletzten befindlichen widerrechtlich gekennzeichneten Waren in Anspruch nehmen.“ Der Vernichtungsanspruch ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzten stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur widerrechtlichen Kennzeichnung der Waren gedient haben, § 18 Abs. 1 Satz 2 MarkenG.
Der als Sanktion- und Abschreckungsanspruch ausgestaltete und wirkende Vernichtungsanspruch aus § 18 Abs. 1 MarkenG ist ebenso wie der Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 5 MarkenG ein verschuldensunabhängiger Anspruch.[1] Dies bedeutet, dass der Vernichtungsanspruch auch dann erfolgreich durchgesetzt werden kann, wenn der Verletze von der Marken- oder Kennzeichenverletzung keine Kenntnis hatte.
Die Widerrechtlichkeit einer Markenverletzung im Sinne des § 18 Abs. 1 MarkenG orientiert sich entsprechend dem Wortlaut an den Voraussetzungen der §§ 14, 15 und 17 MarkenG. Die Voraussetzungen dieser Normen müssen erfüllt sein.
Anspruchsgegner ist grundsätzlich der Verletzter als Eigentümer oder Besitzer der markenrechtsverletzenden Gegenstände. Ihm stehen Gehilfen und Mittäter gleich.[2]
Gemeinsame Voraussetzungen ist ein Handeln im geschäftlichen Verkehr.[3]
Da beim privaten Endverbraucher regelmäßig kein geschäftliches Handeln vorliegt, kann der Endverbraucher auch trotz Erwerb, Einfuhr oder Besitz von widerrechtlich gekennzeichneten Waren kein Anspruchsgegner sein.[4]
Der Vernichtungsanspruch steht nur dem Rechtsinhaber der Marke zu.
Der Vernichtungsanspruch umfasst alle widerrechtlich gekennzeichneten Waren. Ist das Zeichen mit der Ware körperlich verbunden, so berechtigt der Anspruch auch zur Vernichtung der Ware. Ist eine solche Verbindung noch nicht erfolgt, so können nur die Aufnäher, Labels und ähnliches vernichtet werden.[5]
Die Wahl der Art und Weise, wie die widerrechtlich gekennzeichneten Gegenstände zu vernichten sind, liegt beim Anspruchsinhaber.[6]
Die Inanspruchnahme auf Vernichtung der Gegenstände ist ausgeschlossen, wenn die Vernichtung im Einzelfall unverhältnismäßig wäre, § 18 Abs. 3 MarkenG (dazu sogleich).
5.2.3.2 Rückrufanspruch, § 18 Abs. 2 MarkenG
Neben dem Vernichtungsanspruch aus § 18 Abs. 1 MarkenG steht dem Markeninhaber ein Anspruch auf Rückruf der widerrechtlich gekennzeichneten Gegenstände nach § 18 Abs. 2 MarkenG zu. Hierbei obliegt es dem Verletzten die geeignete Form des Rückrufes zu wählen um dem Rückrufanspruch gerecht werden zu können. Grundsätzlich würde der Anspruchsgegner die Gegenstände auch gegenüber seinen Wieder- oder Weiterverkäufern zurückrufen müssen; gleichwohl sind letztere ohnehin bereits Anspruchsverpflichtete aus § 18 Abs. 1 MarkenG. Obwohl nicht ausdrücklich geregelt, ist davon auszugehen, dass ein Rückruf nicht gegenüber dem Endverbraucher erfolgen muss – insbesondere vor dem Hintergrund der Verhältnismäßigkeit (§ 18 Abs. 3 MarkenG) eines Rückrufes gegenüber dem Endverbraucher erscheint diese Schlussfolgerung sinnvoll.[7]
5.2.3.3 Verhältnismäßigkeit, § 18 Abs. 3 MarkenG
Die erfolgreiche Durchsetzung eines Vernichtungs- und Beseitigungsanspruches steht unter der Prämisse, dass die Anspruchsdurchsetzung den Anspruchsgegner im Einzelfall nicht unverhältnismäßig belastet.
Dabei können unter anderem der Verschuldensgrad, die Schwere des Eingriffs sowie die wirtschaftliche Bedeutung der Verletzung und die wirtschaftliche Bedeutung des Vernichtungs- und Beseitigungsschadens berücksichtigt werden. Weil die Vernichtung oder die Beseitigung nur im Einzelfall unverhältnismäßig ist und keine absoluten Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit gesetzlich normiert worden sind, sei klargestellt, dass die Vernichtung oder Beseitigung nur in ganz besonderen Ausnahmefällen durch anderweitige Maßnahmen ersetzt werden darf. Als anderweitige, dauerhafte Maßnahme kommen unter anderen die nachträgliche Entfernung oder das Schwärzen von Aufnähern und Labeln von, bzw. auf den gekennzeichneten Waren in Betracht.[8]
[1] Jansen in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 18 MarkenG, Rn. 6, 7.
[2] BGH, Urteil vom 17.09. 2009 – Xa ZR 2/08.
[3] Fezer Markenrecht, 4. Aufl. 2009, § 18 MarkenG, Rn. 53.
[4] Jansen in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 18 MarkenG, Rn. 32.
[5] Jansen in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 18 MarkenG, Rn. 12.
[6] Fezer Markenrecht, 4. Aufl. 2009, § 18 MarkenG, Rn. 56.
[7] Jansen in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 18 MarkenG, Rn. 23.
[8] Jansen in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 18 MarkenG, Rn. 40.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Markenrecht – eine Einführung“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Florian Brückner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, (1. Auflage: ISBN 978-3-939384-22-9) und Constantin Raves, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, 2. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-81-6.
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Harald Brennecke
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Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Constantin Raves
Rechtsanwalt
Stand: Januar 2017
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Er vertritt bei Streitigkeiten um Domainnamensrechte und Unternehmenskennzeichen,
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat veröffentlicht:
- „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Markenrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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