Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht – Teil 30 – Unbefugter Export von gefährlichen Abfällen, pflichtwidriges Nichtablieferung von radioaktiven Abfällen
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
7.3.2 Unbefugter Export von gefährlichen Abfällen (§ 326 Abs. 2 StGB)
Der unbefugte Export von gefährlichen Abfällen nach § 326 Abs. 2 StGB will dem sog. „Abfalltourismus“ Rechnung tragen, insb. dem Verbringen von hochgefährlichen Abfällen in Länder, die über keinerlei erforderliche Spezialbetriebe zur ordnungsgemäßen Entsorgung verfügen (vgl. Heine/Hecker, in: Schönke/Schröder-StGB, § 326 Rn. 12a).
§ 326 Abs. 2 StGB bezieht sich auf dieselben gefährlichen Abfälle wie der Straftatbestand des unbefugten Bewirtschaftens von gefährlichen Abfällen nach § 326 Abs. 1 StGB.
7.3.2.1 Tathandlung
Die Tathandlung des unbefugten Exports von gefährlichen Abfällen nach ist das Verbringen. Verbringen nach § 326 Abs. 2 StGB ist die
- Einfuhr
- Durchfuhr und
- Ausfuhr,
d.h. jede Beförderung mit Ortswechsel, die zu einem Überschreiten der Bundesgrenze führt (vgl. Witteck, in: BeckOK-StGB, § 326 Rn. 29b).
7.3.2.2 Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten
Beim unbefugten Export von gefährlichen Abfällen müssen die gefährlichen Abfälle entgegen einem Verbot oder ohne die erforderliche Genehmigung in den, aus dem oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden.
Dabei sind insb. die Verbote der Abfallverbringungs-VO erfasst, wie bspw. das Verbot zur Ausfuhr von Abfällen in AKP-Staaten nach Art. 18 der Abfallverbringungs-VO. Die erforderliche Genehmigung, wie nach § 54 KrWG, § 5 Atomrechtliche Abfallverbringungsverordnung (ATAV) und Art. 3-12 Abfallverbringungs-VO, muss explizit für das Verbringen von Abfällen über Ländergrenzen vorgeschrieben sein (vgl. Witteck, in: BeckOK-StGB, § 326 Rn. 30).
Beispiel
Der Geschäftsführer G ordnet den Abtransport großer Mengen an explosionsgefährlicher Chemikalien in ein Krisengebiet nach Nigeria zusammen mit einer Sprengstofflieferung an, obwohl er die erforderliche Erlaubnis zum Befördern der Stoffe nach der Vorschrift über Sammler, Beförderer, Händler und Makler von gefährlichen Abfällen des § 54 Abs. 1 KrWG nicht eingeholt hat.
- G macht sich nach der Vorschrift der §§ 326 Abs. 2, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB über den unbefugten Export gefährlicher Abfälle in mittelbarer Täterschaft strafbar. Die GmbH traf in diesem Fall die Pflicht, die erforderliche Genehmigung einzuholen. Denn nach den Begriffsbestimmungen des § 3 Nr. 11 KrWG gilt die GmbH als Beförderer, wenn sie die Beförderung zumindest aus Anlass ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit durchführt, was hier der Fall ist. Die Pflicht zur Einholung der erforderlichen Genehmigung wird über die Vorschrift des Handelns für einen andere nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB dem G zugerechnet. Indem die explosionsgefährlichen Abfälle nach Nigeria ausgeführt wurden, hat G die Abfälle aus dem Geltungsbereich des KrWG, nämlich der Bundesrepublik, verbracht.
7.3.3 Pflichtwidriges Nichtablieferung von radioaktiven Abfällen (§ 326 Abs. 3 StGB)
Das pflichtwidrige Nichtablieferung von radioaktiven Abfällen nach § 326 Abs. 3 StGB ist ein sog. echtes Unterlassungsdelikt, da Strafgrund allein die pflichtwidrige Nichtablieferung von radioaktiven Abfällen ungeachtet strahlenschutzrechtlicher Vorschriften ist. Z.B. normiert § 9a Abs. 2 AtG eine solche Ablieferungspflicht. Dieser Pflicht kommt nach, wer die radioaktiven Abfälle zu der entsprechenden Sammelstelle hinbringt. Nicht ausreichend ist ein bloßes Bereitstellen. Ist eine Sammelstelle nicht mehr in der Lage, weitere Abfälle abzunehmen, entsteht keine Strafbarkeit. Die Art der abzuliefernden radioaktiven Abfälle wird durch die §§ 72 ff. Strahlenschutzverordnung (StrlSchV[CARI2]) festgelegt (vgl. Alt, in: MüKo-StGB, § 326 Rn. 96-98).
Beispiel
Die AtomicMed-GmbH stellt Medizinprodukte her, weswegen regelmäßig Stoffe übrigbleiben, die stark radioaktiv und für die Zwecke der GmbH nicht mehr brauchbar sind. Diese Stoffe werden als radioaktiv nach den Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 1 AtG eingestuft und müssen nach der Vorschrift über ablieferungsbedürftiger radioaktiver Abfälle des § 76 Abs. 1 StrlSchV abgeliefert werden. Mit schädlichen Einwirkungen auf die Umwelt ist bei diesen Stoffen zu rechnen. Der Geschäftsführer A weiß um die Ablieferungsbedürftigkeit und die Umweltschädlichkeit der Stoffe, der Aufwand ist ihm aber regelmäßig zu hoch und zu teuer. Daher weist er sein Personal an, die Stoffe in einem Container im Keller des Betriebsgeländes zu lagern. Besondere Sicherungsmaßnahmen sollen nicht getroffen werden. Dem Personal spiegelt er vor, hierfür eine besondere Ausnahmegenehmigung erhalten zu haben, die er aber in Wirklichkeit nicht hat. Wenn der Container irgendwann voll ist, will er die Stoffe bei Gelegenheit ins Ausland schaffen.
- Geschäftsführer A erfüllt wegen der Arbeitsanweisung den Tatbestand des pflichtwidrigen Nichtablieferns von radioaktiven Stoffen in mittelbarer Täterschaft nach §§ 326 Abs. 3, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. Die Ablieferungspflicht aus der Vorschrift zur Beseitigung radioaktiver Abfälle des § 9a Abs. 2 AtG trifft die GmbH als Besitzer der radioaktiven Stoffe. Diese Pflicht wird jedoch im Wege des Handelns für einen anderen nach § 14 Abs. 1 S. 1 StGB auf den A abgewälzt. Gegen diese Pflicht hat A verstoßen, indem er die radioaktiven Stoffe nicht zu der vorgesehenen Sammelstelle gebracht hat. Denn die betreffenden radioaktiven Stoffe stellen nach dem subjektiven Abfallbegriff Abfälle dar, weil sie für die Belange der GmbH nicht mehr dienlich sind und deswegen beseitig werden sollen. Da A Kenntnis über die Umstände hatte und gleichwohl die Nichtablieferung wollte, handelte er vorsätzlich.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.
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Harald Brennecke
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Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Stand: Januar 2017
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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
- Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
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