Markenrecht – Eine Einführung – Teil 27 – Auskunftsansprüche
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Constantin Raves
Rechtsanwalt
5.2.4 Auskunftsansprüche, §§ 19 – 19d MarkenG
Nach dem Erlass und der Umsetzung der Enforcement-Richtlinie aus dem Jahr 2004 haben sich auch die markenrechtlichen Auskunftsansprüche einer neuen Regelung unterworfen, die nunmehr in den §§ 19 bis 19d MarkenG niedergelegt worden ist. Insgesamt hat sich der Umfang der Auskunftsansprüche erweitert.
5.2.4.1 Auskunftsanspruch, § 19 MarkenG
Der wohl weiterhin wichtigste Auskunftsanspruch, der dem Grunde nach auch bereits vor der Umsetzung der Enforcement-Richtlinie bestand, ist § 19 MarkenG.
Nach § 19 Abs. 1 MarkenG kann der Inhaber einer Marke den Verletzter auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
Der Auskunftsanspruch nach § 19 MarkenG setzt voraus, dass ein Fall der §§ 14, 15 oder 17 MarkenG eingetreten ist. Daraus folgt, dass der Auskunftsanspruch geltend gemacht werden kann, sobald die Markenrechtsverletzungen nach §§ 14, 15 oder 17 MarkenG objektiv verwirklicht worden sind.
Anspruchsgegner ist nicht nur der Verletze, sondern auch der markenrechtliche Störer. Letzterer ist derjenige, der kausal und willentlich an der Markenrechtsverletzung beteiligt gewesen war.[1] Der Umfang des Auskunftsanspruches richtet sich nach § 19 Abs. 3 MarkenG. Demnach hat der Anspruchsgegner Auskunft zu erteilen über die Herkunft und die Vertriebswege der widerrechtlich gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie über die Menge und Preise der hergestellten, gelieferten, erhaltenen und bestellten Waren. Um dieser Auskunftspflicht nachzukommen, ist der Anspruchsgegner verpflichtet, seine Unterlagen durchzusehen und, sollte die Durchsicht der Unterlagen keine Aufschlüsse über die am Vertrieb beteiligten Personen geben, auch zu eigenen Nachforschungen.[2]
Diese Auskünfte sich unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern auf Seiten des Anspruchsgegners, zu erfüllen.
Neu durch die Enforcement-Richtlinie eingefügt worden ist die Erstreckung des Auskunftsanspruches auch gegen unbeteiligte Dritte nach § 19 Abs. 2 MarkenG. In Ergänzung zu § 19 Abs. 1 MarkenG sind auch solche Personen zur Auskunft verpflichtet, die in gewerblichem Ausmaß die Ware besitzen (Nr. 1), die rechtsverletzende Dienstleistungen empfangen haben (Nr. 2), die Dienstleistungen für rechtsverletzende Tätigkeiten erbracht haben (Nr. 3) oder an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb der Waren beteiligt gewesen waren (Nr. 4). Damit eine uferlose Auskunftsverpflichtung gegenüber einer Vielzahl unbeteiligter Dritter vermieden wird, kommt der Auskunftsanspruch nach § 19 Abs. 2 MarkenG nur in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder bei gegen den Verletzen nach § 19 Abs. 1 MarkenG bereits erhobenen Klagen in Betracht. Die Rechtsverletzung ist offensichtlich, wenn eine abweichende rechtliche Beurteilung abwegig wäre. Zweifel an der Rechtsverletzung oder der Verwirklichung der Voraussetzungen der §§ 14, 15 oder 17 MarkenG liegen nicht vor.
Die nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG zur Auskunft verpflichteten Personen haben gleichwohl die Auskunft nur insoweit zu erteilen, wie die Auskunft nicht im Einzelfall unverhältnismäßig ist, § 19 Abs. 4 MarkenG. Insbesondere kann im Rahmen der Verhältnismäßigkeit das Interesse des Auskunftsverpflichteten an Geheimhaltung seiner internen Daten und der Schutz vor einer wettbewerblichen Ausforschung seines Unternehmens vorgetragen werden.
Die gewonnenen Auskünfte können nach § 19 Abs. 8 MarkenG auch in strafrechtlichen Verfahren verwertet werden. Jedoch hängt die Verwertung von der Zustimmung des Verpflichteten ab.
Ebenso im Falle offensichtlicher Rechtsverletzung (siehe hierzu die obigen Ausführungen zu § 19 Abs. 2 MarkenG) können die Auskunftsansprüche im Wege der einstweiligen Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO geltend gemacht werden, § 19 Abs. 7 MarkenG. Durch den erfolgreichen Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Auskunftserteilung wird die Hauptsache regelmäßig vorweggenommen. Entgegen der üblicherweise statthaften Forderung einer Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruches ist durch die Endgültigkeit und Unmöglichkeit der Rücknahme einer einmal erteilten Auskunft hier sogar der volle Beweis der offensichtlichen Rechtsverletzung zu erbringen.[3]
5.2.4.2 Vorlage- und Besichtigungsanspruch, § 19a MarkenG
Ebenfalls mit der Enforcement-Richtlinie neu eingefügt worden ist der Vorlage- und Besichtigungsanspruch aus § 19a MarkenG.
Der Zeitpunkt der Geltendmachung dieser Art des Auskunftsanspruches wird gegenüber dem Auskunftsanspruch aus § 19 MarkenG vorverlagert. Der Auskunftsanspruch nach § 19a MarkenG dient bereits der Aufklärung des Sachverhaltes und nicht, wie § 19 MarkenG, allein der Feststellung des Umfanges einer bereits eingetretenen Markenrechtsverletzung unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 14, 15 und 17 MarkenG.
Da der Anspruch aus § 19a MarkenG viel früher ansetzt, ist für dessen Durchsetzung keine nachgewiesene Markenrechtsverletzung notwendig; vielmehr ist ausreichend, wenn nachgewiesen werden kann, dass eine Markenrechtsverletzung zumindest hinreichend wahrscheinlich ist.
Mit dem Anspruch nach § 19a MarkenG kann der Anspruchsteller die Vorlage von Urkunden oder die Besichtigung von Sachen, die sich in der Verfügungsgewalt des Anspruchsgegners befinden, verlangen und dadurch prüfen, ob dem Anspruchsinhaber weitere markenrechtliche Ansprüche gegen den Anspruchsgegner zustehen.
Wie bei dem Auskunftsanspruch nach § 19 MarkenG ist auch die Durchsetzbarkeit des Vorlage- und Besichtigungsanspruches von der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall abhängig, § 19a Abs. 2 MarkenG, und kann überdies ebenfalls im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, § 19a Abs. 3 MarkenG.
Gleichwohl wird dem Anspruchsgegner ein Schadensersatzanspruch gewährt, wenn sich herausstellen sollte, dass der Anspruchsgegner zu Unrecht auf Auskunft in Anspruch genommen worden ist, mithin keine (hinreichend wahrscheinliche) Verletzung vorlag oder drohte, § 19a Abs. 5 MarkenG.
[1] Ekey in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 14 MarkenG, Rn. 522.
[2] Jansen in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 19 MarkenG, Rn. 32.
[3] Jansen in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 19 MarkenG, Rn. 58.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Markenrecht – eine Einführung“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Florian Brückner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, (1. Auflage: ISBN 978-3-939384-22-9) und Constantin Raves, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, 2. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-81-6.
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Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Constantin Raves
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Stand: Januar 2017
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Rechtsanwalt Harald Brennecke hat veröffentlicht:
- „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0
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