Markenrecht – Eine Einführung – Teil 29 – Schranken der Ansprüche
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Constantin Raves
Rechtsanwalt
5.3 Schranken der Ansprüche
Aus den bisherigen Kapitel dieses Werkes lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt das Zwischenergebnis feststellen, dass der Schutz des Markeninhabers sehr umfangreich und weitreichend ist. Mithin kann hier von einer Monopolisierung des Markenschutzes gesprochen werden.
Gleichwohl widerspricht eine Monopolisierung des Markenschutzes den Grundsätzen eines fairen und freien Wettbewerbes.
Aus diesem Grund unterliegt der Markenschutz Beschränkungen. Nicht in allen Fällen können bestehende markenrechtliche Ansprüche durchgesetzt werden, insbesondere können Schranken in Form von
- Verjährung, § 20 MarkenG --> 6.3.1.
- Verwirkung, § 21 MarkenG --> 6.3.2.
- Löschungsreife, § 22 MarkenG --> 6.3.3.
- Beschreibende Benutzung, § 23 MarkenG --> 6.3.4.
- Erschöpfung, § 24 MarkenG --> 6.3.5.
- Mangelnde Benutzung, § 25 MarkenG --> 6.3.6.
5.3.1 Verjährung, § 20 MarkenG
Der § 20 Satz 1 MarkenG, welcher die Verjährung im Markenrecht regelt, verweist auf die Anwendung der Verjährungsvorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 194 – 218 BGB). Die Verjährungsregel des § 852 BGB findet Anwendung, wenn der Verpflichtete etwas durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten erlangt hat, § 20 Satz 2 MarkenG.
Die regelmäßige Verjährungsfrist von markenrechtlichen Ansprüchen beträgt drei Jahre, § 195 BGB. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Verletzte von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte Kenntnis erlangen können, § 199 Abs. 1 BGB. Erlangt der Inhaber der Marke keine Kenntnis von der Markenverletzung, verjähren die Ansprüche innerhalb von 10 Jahren ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung, § 199 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 BGB. Ohne Rücksicht auf die Entstehung eines Schadensersatzanspruches, verjährt ein solcher spätestens nach Ablauf von 30 Jahren ab dem Zeitpunkt der Markenrechtsverletzung, § 199 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 BGB.
Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 5 MarkenG richtet sich nach denselben Verjährungsfristen, § 199 Abs. 5 BGB, wobei statt auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs in diesem Fall auf den Zeitpunkt der Zuwiderhandlung abgestellt wird.
Gerade letzteres kann jedoch Schwierigkeiten bereiten. So stellt sich mitunter die Frage, ab wann die Verjährungsfrist bei noch nicht abgeschlossenen (Dauer-)Handlungen anfängt zu laufen.
§ 852 BGB besagt, dass, wenn der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) verpflichtet ist. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an; ohne Rücksicht auf die Entstehung jedoch spätestens in 30 Jahren ab dem Zeitpunkt der Begehung der Verletzungshandlung oder einem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
5.3.2 Verwirkung, § 21 MarkenG
Nach § 21 Abs. 1 MarkenG können Ansprüche nicht geltend gemacht werden, wenn die Benutzung einer verletzenden Marke fünf aufeinander folgende Jahre lang geduldet wurde und der Inhaber der verletzenden (prioritätsjüngeren) Marke bei der Anmeldung nicht bösgläubig war. § 21 Abs. 2 MarkenG ergänzt den ersten Absatz um die Verkehrsgeltungsmarke und die notorisch bekannte Marke. Dadurch schützt die Verwirkung nur den gutgläubigen Benutzer eines Zeichens, der bei der Anmeldung seines Zeichens keine Kenntnis von der Existenz eines kollidierenden, prioritätsälteren Zeichens hatte und auch nicht mit Schädigungsabsicht handelte. Es ist nicht auszuschließen, dass im Laufe des Fünfjahreszeitraumes der Anmelder der prioritätsjüngeren Marke einen nicht unbeachtlichen Vermögenswert durch sein Geschäftsgebaren im Zusammenhang mit der Marke erwirtschaftet hat. Ihm diesen Vermögenswert zu zerstören, obwohl der Anspruchssteller von der Benutzung durch den Dritten Kenntnis hatte, erscheint im Sinne des § 21 MarkenG als unverhältnismäßig und erlaubt dem Dritten sich auf die Verwirkung zu berufen.
Es ist davon auszugehen, dass alle Ansprüche aus dem MarkenG (siehe Kapitel --> 6.1.) von der Verwirkung erfasst werden.
Voraussetzung für eine Verwirkung ist die fünfjährige ununterbrochene Benutzung des Zeichens durch den Verletzter, die Gutgläubigkeit des Verletzten bei der Anmeldung seines Zeichens und die Duldung und Kenntnis des Inhabers der prioritätsälteren Marke von der Benutzung und Anmeldung einer mit seiner Marke kollidierenden Zeichens.
Erforderlich ist eine positive Kenntnis des prioritätsälteren Markeninhabers von der Existenz und Benutzung des prioritätsjüngeren Zeichens. Damit kommt es im Unterschied zu den Verjährungsregelungen nicht darauf an, dass er die Benutzung hätte kennen müssen oder er grobfahrlässige Unkenntnis davon hatte. Eine Marktbeobachtungspflicht des Markeninhabers besteht indes nicht.[1]
Die Fünfjahresfrist beginnt erst mit der Kenntnis von der Benutzung des prioritätsjüngeren Zeichens zu laufen. Eine Duldung des Verletzten liegt vor, wenn er keine rechtlichen Schritte oder Maßnahmen gegen die Benutzung eingeleitet hat. Er muss seine Rechte dazu konsequent verfolgen, bzw. verfolgt haben. Welche rechtlichen Schritte das sind, bestimmt sich nach der Art und Intensität der Kennzeichenverletzung.
Beispiel
Es ist möglich, dass der Verletzte, sollte er in erster Instanz unterliegen, in Berufung gehen muss, um nicht den Tatbestand der Duldung zu verwirklichen.[2]
Wird die Benutzung durch den Inhaber der prioritätsjüngeren Marke unterbrochen, beginnt die Fünfjahresfrist wieder von neuem zu laufen, sobald der Verletze die Benutzung wiederaufnimmt.
Als eine Art Schranke der Verwirkungsschranke, ist weitere Voraussetzung, dass der Inhaber der prioritätsjüngeren Marke bei der Anmeldung der Marke nicht bösgläubig gewesen ist. War der Anmelder bösgläubig, so kann er sich nicht auf die Verwirkung nach § 21 MarkenG berufen. Bösgläubig ist er, wenn er die prioritätsjüngere Marke nicht nur in Kenntnis der Existenz der kollidierenden, prioritätsälteren Marke angemeldet hat, sondern bei der Anmeldung zusätzlich mit Behinderungsabsicht gehandelt hat.
Die allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung von Ansprüchen bleiben von dieser Regelung unberührt. Dabei sei insbesondere § 242 BGB zu erwähnen. Dieser verpflichtet die Parteien sich so zu verhalten, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern.
[1] Ekey in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 21 MarkenG, Rn. 39.
[2] Streitig ist in den Kommentaren zum MarkenG, ob der Verletzte alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben muss.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Markenrecht – eine Einführung“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Florian Brückner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, (1. Auflage: ISBN 978-3-939384-22-9) und Constantin Raves, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, 2. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-81-6.
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Constantin Raves
Rechtsanwalt
Stand: Januar 2017
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Markenanmeldungen für deutsche Marken, europäische Marken (Gemeinschaftsmarke) sowie internationale Marken (IR-Marke). Er unterstützt bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Markenverletzungen und bei Fragen der Nichtigkeit von Markenanmeldungen.
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Rechtsanwalt Harald Brennecke hat veröffentlicht:
- „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Markenrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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- Marken als strategischer Schutz des Unternehmenswerts
- Der Wert von Marken
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