Umweltstrafrecht für Geschäftsführer – Teil 38 – Radioaktive Stoffe
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
9.3.2 Unerlaubtes Verbreiten von Kernbrennstoffen oder radioaktiven Stoffen mit Gefährdungseignung
Nach § 328 Abs. 2 StGB macht sich strafbar, wer Kernbrennstoffe oder radioaktive Stoffe mit Gefährdungseignung an Unberechtigte abgibt oder die Abgabe an Unberechtigte vermittelt. Berechtigt sind nur Personen, die nach der Vorschrift des § 5 Abs. 1 AtG über die Berechtigung zum Besitz von Kernbrennstoffen eine Genehmigung innehat. Wer keine der dort aufgezählten Berechtigungen besitzt, gilt als Unberechtigter.
Abgeben i. S. d. § 328 Abs. 2 StGB setzt eine Einigung über den Übergang des Gewahrsams an den Stoffen und den tatsächlichen Gewahrsamsübergang voraus.
Die Abgabevermittlung setzt zeitlich früher an und stellt Handlungen zur Anbahnung von Rechtsgeschäften mit den betreffenden Stoffen unter Strafe (vgl. Witteck, in: BeckOK-StGB, § 328 Rn. 12, 13).
Beispiel
G besorgt das Plutonium, ohne dass es zu Forschungen damit kommt. Er möchte es aber loswerden und gibt es an den Geschäftsführer Z der Warzone-GmbH weiter, weil eine Aufbewahrung ihm auf dem Betriebsgrundstück zu gefährlich ist. Z hat keine Genehmigung zum Besitz des Plutoniums eingeholt, was N wusste.
- N erfüllt den Tatbestand des unerlaubten Verbreitens von Kernbrennstoffen § 328 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Dabei wird als tauglichen Täter an den Betreiber angeknüpft (vgl. Szesny in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, § 328 Rn. 3). Da dies vorliegend aber die GmbH ist, wird über die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB des Handelns für einen anderen die strafrechtliche Verantwortung auf den N übergewälzt. Der Z hat für die Warzone-GmbH keine nach § 5 Abs. 1 AtG für den Besitz erforderliche Genehmigung eingeholt, sodass N das Plutonium an einen Unberechtigten abgegeben hat. Dies erfolgte zudem mit Vorsatz.
9.3.3 Verursachen einer nuklearen Explosion oder Verleiten eines anderen zur Verursachung einer nuklearen Explosion oder Förderung einer solchen Handlung
§ 328 Abs. 2 Nr. 3 und 4 StGB setzen beide die Verursachung einer nuklearen Explosion voraus:
- Für die Strafbarkeit nach Nr. 3 muss der Täter die nukleare Explosion selber verursachen.
- Für die Strafbarkeit aus Nr. 4 muss der Täter einen anderen zur Verursachung einer nuklearen Explosion verleiten oder eine solche Handlung fördern.
Explosion ist die plötzliche Auslösung von Druckwellen außergewöhnlicher Beschleunigung durch Kernspaltungs- und Konfusionsvorgänge. Nicht gemeint sind damit kontrollierte Auslösungen in Reaktoren.
Verursachen ist jedes unmittelbare oder mittelbare Herbeiführen einer Explosion, die über das bloße Setzen einer Explosionsursache hinausgeht. Das tatbestandliche Verhalten muss täterschaftlich sein, d.h. die Tat muss von der handelnden Person selbst begangen werden. Es reicht hierfür aber schon aus, wenn der Betreffende die wesentlichen Teile der Explosionsverursachung vorbereitet und diese anordnet (vgl. KG Berlin, NStZ 1989, S. 369; Fischer-StGB, § 328 Rn. 9, 10).
Nach § 328 Abs. 2 Nr. 4 StGB wird bereits derjenige in eine Täterstellung erhoben, der einen anderen zur Herbeiführung einer nuklearen Explosion verleitet oder eine solche Handlung fördert. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Anstiftungs- bzw. Beihilfehandlung. Da das Verleiten oder Fördern aber Teil des Tatbestands ist, wird der Handelnde zum Täter und ist nicht bloßer Beteiligter. Natürlich ist beim Verleiten bzw. Fördern ein Vorgehen in mittelbarer Täterschaft möglich, indem z. B. der mittelbare Täter den unmittelbar Handelnden über die Explosionsgefährlichkeit des Stoffes täuscht und dieser irrtümlich die nukleare Explosion verursacht (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1998, S. 153, 154); Fischer-StGB, § 328 Rn. 11).
Verleiten ist die vorsätzliche Bestimmung eines anderen zur Herbeiführung einer nuklearen Explosion. Dabei muss das Verleiten für die herbeigeführte Explosion des anderen ursächlich gewesen sein und eine rechtlich relevante Gefahr der Nuklearexplosion geschaffen haben (vgl. Szesny in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar-StGB, § 328 Rn. 27). Fördern meint in Anlehnung an die Beilhilfe § 27 Abs. 1 StGB alle Handlungen, die nukleare Explosion des Haupttäters ermöglichen oder verstärken oder ihre Durchführung erleichtern (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1998, S. 153, 154).
Beispiel
Geschäftsführer N der Warfield-GmbH verkauft Plutonium an die Warzone-GmbH. Da ein ordnungsgemäßer Transport zu teuer und zu auffällig wäre, lässt er das Plutonium so verpacken, dass keine Strahlung austreten kann und kennzeichnet das Paket so, als ob es leere Patronenhülsen enthalten würde. Außerdem legt er in das Paket mehrere Packungen mit leeren Patronenhülsen, sodass beim ersten Öffnen der Anschein erweckt wird, dass es tatsächlich leere Patronenhülsen enthält. Dann übergibt er das Paket einem Fahrer
einer Spedition. Diesem Fahrer erklärt N wahrheitswidrig, dass das Paket lediglich leere Patronenhülsen enthält. Dabei ist dem N durchaus bewusst, dass es zu einem nuklearen Zwischenfall kommen könnte, da das Plutonium schon etwas instabil geworden ist. Gleichwohl ist ihm dies egal. Aufgrund von Erschütterungen bei der Fahrt mit dem LKW kommt es zur Kernspaltung und dadurch zu einer nuklearen Explosion.
- N macht sich wegen Verursachens einer nuklearen Explosion in mittelbarer Täterschaft nach § 328 Abs. 2 Nr. 3 StGB strafbar. Durch die Täuschung des Fahrers litt dieser an einem rechtlichen Defizit und wusste nicht, dass er Kernbrennstoffe transportierte. Er wurde somit zum Werkzeug des N, mit der Folge, dass der N die nukleare Explosion als mittelbarer Täter bewirkte. N handelte vorsätzlich.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.
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Stand: Januar 2017
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
- Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
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