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Int. Vertragsrecht - Teil 14 - Weitere Vertragsarten

5.2.1.4 Kurzfristige Miet- und Pachtverträge, lit. d

Obwohl Miet- und Pachtverträge grundsätzlich unter die Regelung des Art. 4 Abs. 1 lit. c Rom I-VO fallen und somit auf den Lageort der Sache abzustellen ist, weicht die Rom I-VO in Art. 4 Abs. 1 lit. d von diesem Grundsatz ab, wenn die Miet- oder Pachtdauer sich auf maximal sechs Monate beschränkt und zu rein privaten Zwecken erfolgt.[1] In diesen Fällen kommt dann das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Vermieters oder des Verpächters zur Anwendung, sofern es sich bei dem Mieter oder Pächter um eine natürliche Person handelt, die ihren Aufenthalt im gleichen Land wie der Vermieter oder der Verpächter hat.[2]

Beispiel
Das Architektenbüro A GmbH mietet bei einem Reisebüro eine Ferienwohnung in Mailand an, um dort einen zweiwöchigen Mitarbeiter-Workshop abzuhalten. Beide haben ihren Sitz in Deutschland. Eine Rechtswahl wurde von den Parteien nicht vereinbart. Welches Recht findet auf den Mietvertrag Anwendung?

  • Vorliegend liegt weder eine Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO noch ein Vertrag iSd Art. 5 - 8 Rom I-VO vor. Daher ist das anwendbare Recht nach Art. 4 Rom I-VO zu ermitteln. Bei dem Vertrag handelt es sich um einen Mietvertrag über eine Immobilie, weswegen grundsätzlich gem. Art. 4 Abs. 1 lit. c Rom I-VO das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem die Sache belegen ist. Liegen aber zusätzlich die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 1 lit. d Rom I-VO vor, so ist von lit. c abweichend das Recht im Aufenthaltsstaat des Vermieters ausschlaggebend.
  • Zwar beträgt die Mietdauer vorliegend weniger als sechs Monate und sowohl Mieter als auch Vermieter haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt im gleichen Land. Allerdings wurde das Grundstück zum einen nicht für private, sondern für betriebliche Zwecke angemietet und zum anderen handelt es sich bei der A GmbH nicht um eine natürliche, sondern um eine juristische Person.
  • Somit liegt keine Ausnahme von Art. 4 Abs. 1 lit. c Rom I-VO vor. Entsprechend ist italienisches Recht auf den Vertrag anzuwenden.

5.2.1.5 Franchiseverträge, lit. e

Bei Franchiseverträgen ist bei fehlender Rechtswahl gem. Art. 4 Abs. 1 lit. e Rom I-VO das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Franchisenehmers anzuwenden. Die Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthaltsorts erfolgt nach den gleichen Kriterien wie im Rahmen des Warenkaufs (s. Kapitel 5.2.1.1.1).

Was unter einem Franchisevertrag zu verstehen ist, definiert die Rom I-VO nicht. Hierunter fallen aber üblicherweise alle Verträge nach deren Inhalt der Franchisegeber ein von ihm entwickeltes Vermarktungskonzept für Produkte oder Dienstleistungen zur Verfügung stellt, welches der Franchisenehmer gegen Zahlung und Beachtung des Franchisekonzepts nutzen darf.[3] Typische Beispiele sind Fast-Food-, Bäckerei-, Baumarkt-, Hotel- und Autovermietungsketten.

Beispiel
Eine Baumarktkette mit Sitz in Deutschland schließt mit einem Unternehmer mit Sitz in Russland einen Franchise Vertrag. Welches Recht ist bei fehlender Rechtswahl auf den Vertrag anzuwenden?

  • Zwar ist Russland kein Mitgliedsstaat der Rom I-VO. Dies ist für die Anwendbarkeit der Rom I-VO gem. Art. 2 Rom I-VO jedoch unschädlich (universelle Anwendbarkeit). Mangels Rechtswahl und Vertrag iSd Art. 5 - 8 Rom I-VO bemisst sich das Recht für Franchiseverträge nach Art. 4 Abs. 1 lit. e Rom I-VO. Danach ist das Recht am Aufenthaltsort des Franchisenehmers ausschlaggebend. Da dies vorliegend Russland ist, unterliegt der Vertrag russischem Recht.

5.2.1.6 Vertriebsverträge, lit. f

Für Vertriebsverträge ist gem. Art. 4 Abs. 1 lit. f Rom I-VO wiederum das Recht des Staates anwendbar, in dem der Vertriebshändler seinen gewöhnlichen Aufenthalt besitzt. Auch in diesem Fall gelten die Kriterien des Warenkaufs für die Ermittlung des Aufenthaltsortes entsprechend (s. Kapitel 5.2.1.1.1).


[1] Güllemann, Internationales Vertragsrecht, 2. Auflage 2014, S. 56.

[2] BeckOK BGB/Spickhoff, 44. Ed. 1.11.2017, VO (EG) 593/2008 Art. 4 Rn 40.

[3] Ringe in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Auflage 2017, Art. 4 Rom I-VO Rn 34.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Internationales Vertragsrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Tim Hagemann, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-88-5.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018


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Herausgeber / Autor(-en):

Tilo Schindele, Rechtsanwalt, Stuttgart

Portrait Tilo-Schindele

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Tilo Schindele ist Dozent für IT-Recht und Datenschutz bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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Normen: Art. 4 Abs. 1 Rom I-VO

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