Preisabsprachen - Teil 17 - Vertikale Formen II
5.2.4 Höchstpreisvereinbarungen
Von Mindest- und Festpreisklauseln sind Höchstpreisklauseln zu unterscheiden.
Bei einer Höchstpreisklausel setzt der Anbieter den Verkaufspreis des Abnehmers mit der Maßgabe fest, dass der Preis bei der Veräußerung der Ware nicht überschritten werden darf. Unterhalb der Höchstpreisgrenze darf der Abnehmer die Preise nach eigenem Ermessen gestaltet.(Fußnote)
Beispiel:
Der Hersteller X verpflichtet den Einzelhändler Y für die X-Produkte Höchstverkaufspreise einzuhalten. Y darf die Produkte nur für 50 € oder weniger verkaufen, nicht aber für mehr.
- Ein derartiges Vorgehen des Herstellers X stellt eine Höchstpreisbindung dar, welche die wettbewerbliche Handlungsfreiheit des Einzelhändlers Y, der an diese Höchstpreise gebunden ist, beschränkt.
Niedrige Preise kommen grundsätzlich den Verbrauchern zu Gute. Höchstpreisbindungen haben aber auch negative Effekte. Ein durch die Höchstpreisbindung künstlich hergestelltes niedriges Preisniveau kann dazu führen, dass erforderliche Investitionen in den Unternehmen nicht mehr vorgenommen werden und sich das Warenangebot der Unternehmen nicht erweitert. Ein vermindertes Warenangebot würde sich negativ auf die Verbraucher auswirken. Daher stellen Höchstpreisklauseln grundsätzlich eine Wettbewerbsbeschränkung dar. Vertikale Höchstpreisbindungen sind aber nach § 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 4 lit. a Vertikal-GVO oder Art. 4 lit. a Vertikal-GVO freistellungsfähig, sofern sie sich nicht wie Fest- und Mindestpreise auswirken.(Fußnote)
Der wettbewerbswidrige Charakter einer Höchstpreisklausel ist umstritten, wenn der Preis so niedrig angesetzt ist, dass er nicht unterschritten werden kann. Die überwiegende Meinung sieht derartige Höchstpreisklauseln jedoch nicht als Festpreis- oder Mindestpreisklauseln an.(Fußnote)
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vertikal-GVO ist gem. Art. 3 Abs. 1 Vertikal-GVO, dass Anbieter auf dem relevanten Markt, auf dem sie ihre Ware anbieten und Abnehmer auf dem relevanten Markt, auf dem sie Ihre Waren beziehen, einen Marktanteil von nicht mehr als 30% haben.(Fußnote) Sofern die Voraussetzung nicht erfüllt ist, kommt eine Freistellung in direkter Anwendung des § 2 Abs.1 GWB in Betracht.
5.2.5 Preisvorbehaltsklauseln
Beim Vorliegen eines längeren Zeitraumes zwischen Vertragsschluss und Vertragserfüllung wird häufig die Anpassung des Preises an die tatsächlich vorliegenden Marktdaten vereinbart. Beispiele für eine solche Preisvorbehaltsvereinbarung sind Hausse- und Baisse-Klauseln, die eine Modifizierung des ursprünglich vereinten Preises bewirken. Bis zuletzt kann der Preis noch geändert werden und bleibt damit variabel. Durch die Preisvorbehaltsvereinbarung werden die Parteien in der Freiheit beschränkt, Festpreise festzulegen und so am Preiswettbewerb mit anderen Marktmitgliedern teilzunehmen. Die gleichen Auswirkungen haben Tagespreisklauseln, die festlegen, dass der am Tag des Liefertermins vorliegende Preis gelten soll. Diese Art der Preisermittlung beschränk die Anbieter in ihrer Handlungsfreiheit, wirkt beschränkend auf den Preiswettbewerb und unterfällt dem Kartellverbot.(Fußnote)
5.2.6 Übergabe von Preislisten
Übernimmt ein Abnehmer einen Großteil der Preise aus der Preisliste eines Anbieters ohne davon abzuweichen, ist das ein Indiz für eine konkludente Willensübereinstimmung des Abnehmers mit dem Anbieter. Insbesondere wird eine wettbewerbswidrige Maßnahme angenommen, wenn der Abnehmer bei der Erstellung der Preisliste des Anbieters mitgewirkt hat.(Fußnote)
Die bloße Übergabe einer Preisliste, die vorgeschlagene Preise und Preisobergrenzen enthält, stellt hingegen eine bloße Preisempfehlung dar. Ein durchschnittlich verständiger, objektiver Abnehmer wird die Preisliste als bloße Information hinsichtlich des Weiterveräußerungspreises verstehen. Nach Ansicht von Kommission und Bundeskartellamt stellt die reine Übergabe einer Preisliste somit keine vertikale Preisbindung dar.(Fußnote)
Während im deutschen Recht der Umkehrschluss gezogen wird, dass alle über die bloße Übergabe von vorgeschlagenen Preisen und Preisobergrenzen hinausgehenden Maßnahmen eine Druckausübung darstellen und gegen das Kartellrecht verstoßen, gilt diese Vermutung im europäischen Kartellrecht nicht. Es ist vielmehr eine Prüfung erforderlich, wie ein durchschnittlich verständiger, objektiver Abnehmer die Maßnahme des Anbieters verstehen durfte und ob eine Willensübereinstimmung zwischen Anbieter und Abnehmer besteht.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Preisabsprachen im Kartellrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Laura Macht, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-87-8.
Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018
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