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Gewerbesteuer - Teil 06 - Einordnung der Gewerbesteuer

4 Einordnung der Gewerbesteuer in das deutsche Steuersystem

Das deutsche Steuersystem kennt nicht nur eine einzige Steuerart, sondern besteuert auf verschiedenen Wegen. Die Gewerbesteuer fügt sich in dieses System als Realsteuer und Objektsteuer ein und weist Schnittmengen zur Einkommensteuer, zur Körperschaftsteuer sowie zur Grundsteuer auf.

4.1 Gewerbesteuer als Realsteuer und Objektsteuer

Nach § 2 GewStG ist Gegenstand der Besteuerung der Gewerbebetrieb als solcher, soweit er im Inland betrieben wird. Der Gewerbebetrieb ist selbst ein Objekt, sodass die Gewerbesteuer sog. Realsteuer und Objektsteuer (bzw. Sachsteuer) ist (§ 3 Abs. 2 AO). Ebenfalls zu den Realsteuern zählt die Grundsteuer.
Es kommt für die Berechnung der Höhe der Gewerbesteuer und ihrer Festsetzung auch nicht auf die individuellen (finanziellen) Verhältnisse des Unternehmers als Eigentümer des Gewerbebetriebs an. Insoweit unterscheidet sich die Gewerbesteuer von der Einkommenssteuer, denn letztere knüpft an die Person als Steuerpflichtigen an. Besteuert wird bei der Gewerbesteuer hingegen allein die objektive wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gewerbebetriebs, sodass auch keine Angleichung von Einkommensunterschieden angestrebt wird.

4.2 Verhältnis der Gewerbesteuer zur Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Grundsteuer

Für Unternehmer sind neben der Gewerbesteuer, die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer von besonderer Relevanz. Alle drei Steuerarten gemeinsam bilden die klassischen Unternehmenssteuern und gehören zur Kategorie der Ertragsteuern. Ihnen ist gemein, dass alle drei an den Erfolg des Unternehmens (seinen Ertrag) anknüpfen.

4.2.1 Verhältnis zur Einkommenssteuer

Gewerbliche Einkünfte natürlicher Personen werden nach dem deutschen Steuermodell sowohl bei der Gewerbesteuerberechnung als auch bei der Einkommenssteuerberechnung des Unternehmers angerechnet und versteuert. Dies führt zu einer nicht unerheblichen doppelten Steuerbelastung von Unternehmern. § 35 EStG enthält eine Regelung zur pauschalen Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Dies führt in der Regel nicht zu einer vollständigen Beseitigung der Zusatzbelastung, mildert diese allerdings. Dabei erfolgt die Anrechnung in Höhe des 3,8-fachen des nach § 14 GewStG festgesetzten Steuermessbetrags (§ 35 Abs. 1 EStG).
Die Ermäßigung setzt voraus, dass die Einkommensteuer zu zahlen ist. Eine Erstattung der Gewerbesteuer oder eine periodenübergreifende Ermäßigung ist nicht möglich.

Beispiel
Der als Einzelunternehmer tätige A (Familienstand ledig) hat im Veranlagungsjahr 2014 einen einkommensteuerlichen Gewinn i.H.v. 50.000 €. Da keine Hinzurechnungen oder Kürzungen anfallen, beträgt auch der gewerbesteuerliche Gewinn 50.000 €. Der Gewerbesteuer-Hebesatz beträgt 400 %.

  • Nach Abzug des Freibetrags von 24.500 € verbleibt für A ein Gewerbeertrag von 25.500 €. Dieser wird mit der Steuermesszahl von 3,5 % (x 0,035) multipliziert, sodass sich ein Gewerbesteuer-Messbetrag von 892,50 € ergibt. Multipliziert man diesen mit dem Gewerbesteuer-Hebesatz von 400 % (x 4,0) ergibt sich eine zu zahlende Gewerbesteuer von 3.570 €. Auf die Einkommensteuer wird allerdings nicht die zu zahlende Gewerbesteuer (3.570 €) angesetzt, sondern vielmehr der Messbetrag (892,50 €) multipliziert mit 3,8. Nach § 35 EStG wird auf die Einkommensteuer 3.391,50 € angerechnet. Damit beträgt die „Reinbelastung“ mit Gewerbesteuer für A 178,50 € (3.570 € - 3.391,50 €).

Die pauschale Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer führt im Ergebnis aufgrund der hohen Gewerbesteuer-Hebesätze wie gezeigt regelmäßig zu einer anteiligen Entlastung, denn eine vollständige Entlastung wird nur bei Hebesätzen von bis zu 380 % erreicht.

Beispiel
Der als Einzelunternehmer tätige A (Familienstand ledig) hat im Veranlagungsjahr 2014 einen einkommensteuerlichen Gewinn i.H.v. 300.000 €. Da keine Hinzurechnungen oder Kürzungen anfallen, beträgt auch der gewerbesteuerliche Gewinn 300.000 €. Der Gewerbesteuer-Hebesatz beträgt 380 %.

  • Nach Abzug des Freibetrags von 24.500 € verbleibt für A ein Gewerbeertrag von 274.500 €. Dieser wird mit der Steuermesszahl von 3,5 % (x 0,035) multipliziert, sodass sich ein Gewerbesteuer-Messbetrag von 9.607,50 € ergibt. Multipliziert man diesen mit dem Gewerbesteuer-Hebesatz von 380 % (x 3,8) ergibt sich eine zu zahlende Gewerbesteuer von 36.508,50 €. Auf die Einkommensteuer wird sodann der Messbetrag (9.607,50 €) multipliziert mit 3,8 angesetzt. Nach § 35 EStG werden auf die Einkommensteuer ebenfalls 36.508,50 € angerechnet, sodass sich die Gewerbesteuerbelastung vollständig kompensiert.

4.2.2 Verhältnis zur Körperschaftsteuer

Anders als Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die der Einkommensteuer iHv max. 45 % unterliegen, zahlen inländische juristische Personen wie Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Vereine auf ihr zu versteuerndes Einkommen 15 % Körperschaftsteuer. Eine dem § 35 EStG vergleichbare Anrechnungsvorschrift ist im KStG jedoch nicht vorhanden, sodass Körperschaft- und Gewerbesteuer anrechnungsfrei nebeneinander erhoben werden. Die durchschnittliche Steuerbelastung einer Kapitalgesellschaft (zzgl. der weiteren Steuern wie etwa der Umsatzsteuer) beträgt 29 % (15 % KSt und 14 % GewSt).

4.2.3 Verhältnis zur Grundsteuer

Die Gewerbesteuer weist neben der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer auch Bezüge zur Grundsteuer auf. Die Grundsteuer ist eine von Grundstückseigentümer jährlich an die Gemeinde zu entrichtende Realsteuer. Die Besteuerung ist an die objektive Leistungsfähigkeit des Objekts Grundstück anknüpft. Dasselbe Objekt soll jedoch nicht zweifach von der Gemeinde sowohl mit Gewerbesteuer als auch mit Grundsteuer besteuert werden. Die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer wird nach § 9 Nr. 1 GewStG anteilig um den Betrag, der auf die Grundsteuer entfällt, gekürzt.

Beispiel
Unternehmer U hat für die U-GmbH in der Gemeinde G ein mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebautes Grundstück erworben. Die Gemeinde G hat einen Grundsteuerhebesatz von 400 %.

  • In einem ersten Schritt zur Berechnung der Grundsteuer setzt das örtlich zuständige Finanzamt den Grundsteuerwert nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes fest. Der Grundsteuerwert von U´s Grundstück beträgt demnach 500.000 €. Im nächsten Schritt ermittelt das Finanzamt den Grundsteuermessbetrag (Grundsteuerwert x Steuermesszahl). Für ein Wohn- und Geschäftshaus ergibt sich eine Steuermesszahl von 3,5 %. Multipliziert man 500.000 € Grundsteuerwert mit einer Steuermesszahl von 3,5 %, ergibt sich ein Grundsteuermessbetrag von 1.750 €. Im letzten Schritt errechnet die Gemeinde die zu zahlende Grundsteuer, in dem sie den Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert. Ausgehend von einem Grundsteuermessbetrag von 1.750 € und einem Hebesatz von 400 % ergibt sich eine Grundsteuer von 7.000 €. Die auf die U-GmbH entfallene Gewerbesteuer wird um diesen Betrag von 7.000 € gekürzt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gewerbesteuer“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, und Patrick Christian Otto, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-90-8.


Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 2 GewStG

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