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Aufhebungsvertrag - Teil 08 - Schriftformgebot I

4.2 Schriftformgebot des § 623 BGB

Der Aufhebungsvertrag zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen bedarf gem. § 623 Hs. 1 Alt. 2 BGB zu seiner Wirksamkeit der Schriftform. Der Abschluss von Aufhebungsverträgen mit arbeitnehmerähnlichen Personen oder Organmitgliedern wird nicht vom Schriftformgebot des § 623 BGB erfasst und kann deshalb wirksam ohne Einhaltung einer besonderen Form erfolgen. Rein praktisch ist jedoch auch in diesen Fällen der schriftliche Abschluss eines Aufhebungsvertrags aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweisbarkeit zu empfehlen.

4.2.1 Anforderungen der Schriftform

Mit Schriftform ist die in § 126 BGB bezeichnete Form gemeint. Der Aufhebungsvertrag muss nicht komplett eigenhändig geschrieben werden; erforderlich ist aber grundsätzlich, dass er von beiden Parteien unterschrieben wird. Unterschrieben werden muss dabei eine einheitliche Urkunde. Wenn der Vertrag aus mehreren Seiten besteht, müssen diese eindeutig zusammengefasst sein. Die Zusammengehörigkeit der Seiten kann durch folgende Mittel erzielt werden:

  • Eine körperliche Verbindung - zum Beispiel eine Mappe, eine Tackernadel, eine Bindung
  • Fortlaufende Seitenzahlen (1, 2, 3, …)
  • Fortlaufende Nummerierung des Vertragstextes (zum Beispiel: §1, § 2., …)
  • Inhaltlicher Zusammenhang des Textes

Sollen Anlagen, die den eigentlichen Vertragstext ergänzen, Vertragsbestandteil werden, so müssen sie entweder einzeln unterzeichnet werden oder körperlich mit der Urkunde verbunden sein.

Gem. § 126 II 1 BGB muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen.

Beispiel:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterzeichnen beide am Ende eines fortlaufend nummerierten Dokuments, in der die Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen wird.

  • Die Schriftform iSd § 126 II 1 BGB ist eingehalten.

Gem. § 126 II 2 BGB genügt es, wenn bei mehreren Kopien der Urkunde jede Partei die für die andere Partei bestimmte Ausfertigung der Urkunde unterzeichnet.

Beispiel:
Der Arbeitgeber schickt dem Arbeitnehmer eine von ihm unterschriebene Ausfertigung des Aufhebungsvertrags per Post zu. Der Arbeitnehmer sendet dem Arbeitgeber eine inhaltlich identische Ausfertigung des Aufhebungsvertrags mit seiner Unterschrift zurück.

  • Die Vorgehensweise genügt der Schriftform gem. § 126 II 2 BGB.

Nicht ausreichend für einen formwirksamen Aufhebungsvertrag ist ein Briefwechsel, an dessen Ende kein einheitliches umfassendes Vertragsdokument unterzeichnet wird.

Beispiel:
Der Arbeitgeber sendet dem Arbeitnehmer ein Schriftstück mit dem Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu. Der Arbeitnehmer antwortet darauf mit einem neuen Schriftstück, in dem er das Angebot annimmt.

  • Hier kommt kein wirksamer Aufhebungsvertrag zustande. Die gem. § 623 BGB erforderliche Schriftform wurde nicht eingehalten, sodass der Vertrag gem. § 125 S. 1 BGB unwirksam ist.

Abwandlung:
Der Arbeitnehmer unterschreibt das Schriftstück des Arbeitgebers, welches ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags enthält.

  • Der Aufhebungsvertrag ist wirksam. Es besteht eine Urkunde, die von beiden Parteien unterschrieben wurde, weshalb die Schriftform iSd § 623 BGB gewahrt wird.

Vorsicht ist geboten bei der Verwendung von Faxgeräten.

Beispiel:
Der Arbeitgeber unterschreibt eine Ausfertigung des Aufhebungsvertrages und faxt sie dem Arbeitnehmer zu. Dieser unterschreibt die Kopie und faxt sie zurück.

  • Die Schriftform des § 623 BGB ist nicht eingehalten worden. Der Arbeitnehmer hat ebenso wie der Arbeitgeber nur eine Kopie der Originalunterschrift des anderen erhalten. Die Anforderungen des § 126 BGB sind jedoch nur erfüllt, wenn die originale Unterschrift übermittelt wird und keine bloße Kopie.
  • Der Aufhebungsvertrag ist nichtig, vgl. §§ 125 S. 1, 623 BGB.

Ob die Unterschrift leserlich ist oder nicht spielt keine Rolle, solange die Identität des Unterschreibenden festgestellt werden kann. Arbeitgeber oder Arbeitnehmer können sich beim Unterzeichnen vertreten lassen, sodass jemand anderes für sie unterschreiben darf. Die Schriftform wird gewahrt, wenn der Vertretungswille in der Urkunde Ausdruck findet. Das kann durch einen eindeutigen Vertretungszusatz wie "i.V." geschehen (BAG, Urteil vom 28.11.2007 - 6 AZR 1108/06, NZA 2008, 348).

Die schriftliche Form kann durch eine notarielle Beurkundung ersetzt werden, §§ 126 IV, 128 BGB. Im Fall eines Prozessvergleichs genügt die gerichtliche Protokollierung zur Wahrung der Schriftform, vgl. § 127a BGB. Nicht ersetzt werden kann die Schriftform dagegen durch die elektronische Form iSd § 126a BGB, §§ 623 Hs. 2, 126 III BGB. Ein Aufhebungsvertrag kann daher nicht wirksam per E-Mail geschlossen werden. Wenn einer der Vertragspartner Analphabet ist, kann er dem Aufhebungsvertrag durch ein Handzeichen oder Kreuze unter dem Vertragstext zustimmen. Ein Notar muss die Zustimmung beglaubigen (vgl. §§ 39 ff. BeurkG).

Innerhalb der Urkunde mit dem wesentlichen Inhalt des Aufhebungsvertrags sollte nicht auf andere außerhalb der Urkunde bestehende Schriftstücke verwiesen werden, damit keine Unsicherheiten auftreten. Das Schriftformgebot des § 623 BGB gilt auch für nachträgliche Änderungen des Aufhebungsvertrags. Die Aufhebung des Aufhebungsvertrags kann dagegen formfrei erfolgen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Aufhebungsvertrag – Die einvernehmliche Trennung im Arbeitsverhältnis“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Carolina Erb erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-89-2.


Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem

  • Aufhebungsverträge
  • Abwicklungsverträge
  • Kündigungen
  • Kündigungsschutzansprüche
  • Abfindungen
  • Lohn- und Gehaltsansprüche
  • Befristete und unbefristete Arbeitsverträge
  • Betriebsvereinbarungen
  • Tantiemenvereinbarungen

und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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  • Arbeitsvertragsgestaltung: Gestaltungsmöglichkeiten und Fallen
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