Gewerbesteuer - Teil 09 - Reisegewerbebetrieb, Gewerbetrieb
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
6.1.2 Reisegewerbebetrieb
Der Reisegewerbebetrieb ist in § 35a Abs. 2 GewStG als „ein Gewerbebetrieb, dessen Inhaber nach den Vorschriften der Gewerbeordnung sowie den dazugehörigen Ausführungsbestimmungen einer Reisegewerbekarte bedarf“ definiert.
Die Besonderheit eines Reisegewerbebetriebs ist, dass keine feste Betriebsstätte unterhalten wird und es sich daher nicht eindeutig bestimmen lässt, welche Gemeinde die Gewerbesteuer einfordern darf. § 35a Abs. 3 GewStG löst dieses Problem und ordnet an, dass die Steuer von derjenigen Gemeinde erhoben wird, in der der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit des Reisegewerbebetriebs liegt. Dies ist, wie sich auch aus § 35 GewStDV ergibt, idR der Wohnsitz des Reisegewerbetreibenden.
Beispiel
Unternehmer U ist Schausteller und zieht über möglichst viele Frühlings,- Sommer- und Herbstfeste in verschiedensten Städten, um seine Darbietungen zu präsentieren. Sein fester Wohnsitz ist in der Gemeinde M, wo er sich zumeist in den Wintermonaten befindet und auf Weihnachtsmärkten auftritt.
- U betreibt ein klassisches Reisegewerbe, da er allein von seinen Aufführungen in der Gemeinde M nicht leben könnte und deshalb regelmäßig unterjährig in einer anderen Stadt in der Bundesrepublik Deutschland ist, um seiner Schaustellertätigkeit nachzugehen. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt gleichwohl in der Gemeinde M und er hat dort auch seinen Wohnsitz, sodass die Gemeinde M die Gewerbesteuer gegenüber U erheben darf.
6.1.3 Arten und Formen des Gewerbetriebs
Der Gewerbetrieb kann in verschiedenen Formen betrieben werden. Dies gilt für das stehende Gewerbe und den Reisegewerbebetrieb gleichermaßen. § 2 GewStG führt das gewerbliche Unternehmen iSd EStG, kraft Rechtsform und kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs auf. Das gewerbliche Unternehmen iSd EStG stellt den Normalfall dar und wird daher als natürlicher Gewerbetrieb bezeichnet. Die gewerblichen Unternehmen kraft Rechtsform und kraft wirtschaftlicher Tätigkeit sind sogenannte fingierte Gewerbebetriebe.
6.1.3.1 Gewerbliche Unternehmen iSd EStG (§ 2 Abs. 1 GewStG)
Das gewerbliche Unternehmen i.S.d. EStG (§ 2 Abs. 1 GewStG) unterteilt sich in:
- den Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit und
- in den Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Prägung.
6.1.3.1.1 Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit
Ein Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG liegt dann vor, wenn der Betrieb eine selbstständige, nachhaltige Betätigung, mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, unternimmt und sich die Bestätigung als Beteiligung im allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Hinzu kommt, dass nach R 2.1 Abs. 1 S. 3 GewStR für die Annahme eines Gewerbebetriebs neben der persönlichen Selbständigkeit des Unternehmens auch die sachliche Selbständigkeit des Betriebs vorausgesetzt wird. Letzteres ist immer dann gegeben, wenn das Unternehmen für sich eine wirtschaftliche Einheit bildet, also nicht ein unselbständiger Teil eines anderen Unternehmens oder eines Gesamtunternehmens ist (Dinkelbach, Ertragsteuern, S. 454). Zu den Gewerbebetrieben kraft gewerblicher Tätigkeit zählen daher insbesondere die gewerblichen Unternehmen von natürlichen Personen (Einzelunternehmen) und Personengesellschaften bzw. Mitunternehmerschaften.
Beispiel
Unternehmer U betreibt in Frankfurt am Main einen Baustoffhandel in der Rechtsform einer OHG und in Stuttgart ein Autohaus in der Rechtsform einer KG.
- Beide Gesellschaften erfüllen sämtliche Merkmale des Gewerbebetriebs nach § 15 Abs. 2 EStG, da die beiden Gesellschaften jeweils eigenständig sind und keine wirtschaftliche Einheit bilden. Sowohl der Baustoffhandel in der Rechtsform einer OHG als auch das Autohaus in der Rechtsform einer KG sind kraft gewerblicher Tätigkeit als eigener Gewerbebetrieb einzustufen.
§ 15 Abs. 3 EStG legt ergänzend fest, dass eine Personengesellschaft, die sich überhaupt mit Einkünfteerzielungsabsicht im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG betätigt, in „vollem Umfang“ als Gewerbebetrieb anzusehen ist (sogenannte „gewerblich infizierte Personengesellschaft“). Auf den Umfang der Einkünfteerzielungsabsicht kommt es dabei nicht an, so dass schon ein relativ geringer Umfang zur Klassifizierung als Gewerbebetrieb ausreichen kann. Die Einkünfteerzielungsabsicht färbt auf den Gewerbebetrieb ab (sogenannte „Abfärbetheorie“).
6.1.3.1.2 Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Prägung
Das EStG kennt neben dem Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit den Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Dieser liegt dann vor, wenn eine Personengesellschaft mit Einkünfteerzielungsabsicht eine Tätigkeit unternimmt und dabei ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind. Weitere Voraussetzung ist, dass nur diese persönlich haftenden Gesellschafter oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind. Hauptanwendungsfall ist die GmbH & Co. KG, bei der die KG primär nach außen in Erscheinung tritt und am Rechtsverkehr teilnimmt und der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH regelmäßig zugleich Geschäftsführer der gesamten GmbH & Co. KG ist.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gewerbesteuer“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, und Patrick Christian Otto, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-90-8.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2019
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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