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Gemeinnützigkeitsrecht - Teil 10 - Vermögensbindung


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3.5.8 Rückzahlung von Kapitalanteilen und Sacheinlagen

Nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO sollen die Mitglieder an der Auflösung der stillen Reserven nicht teilhaben dürfen, wenn sie

  • ausscheiden,
  • eine Auflösung oder
  • eine Aufhebung

der Körperschaft stattfindet.

Damit werden mit dieser gesetzlichen Vorschrift nur Kapitalgesellschaften angesprochen, jedoch keine Verbände und Vereine. Sie dürfen in den genannten Fällen lediglich ihre eingezahlten Kapitalanteile (Bareinlagen) oder den Wert ihrer Sacheinlagen zurückerhalten.

Unter Bareinlagen und Sacheinlagen sind nur solche im Sinne des Handelsrechts zu verstehen, für die dem Mitglied (Gesellschafter) Gesellschaftsrechte eingeräumt worden sind.

Von dieser gesetzlichen Regelung sind somit nur steuerbegünstigte Zwecken dienende Kapitalgesellschaften betroffen, nicht aber Verbände und Vereine.

Soweit Kapitalanteile und Sacheinlagen von der Vermögensbindung ausgenommen werden, kann von dem Gesellschafter nicht die Zuwendungs-/Spendenbegünstigung des § 10b EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG, § 9 Nr. 5 GewStG in Anspruch genommen werden (BFH vom 5.2.1992, BStBl. 1992 II, S. 748).

Beispiel
Das Mitglied A scheidet altersbedingt aus seinem Lieblingsverein, den Schützen aus Kiel, aus. Sein Sohn B fragt sich, inwieweit sein Vater abgefunden werden muss.

  • Nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 werden die Mitglieder eines Vereins nicht abgefunden.
  • Sie erhalten keine Entschädigung.

3.5.9 Ausschluss von Begünstigungen an Personen

§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO bestimmt, dass die Körperschaft keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen, begünstigen darf.

Dies trifft im besonderen Maße auf Mitglieder oder Gesellschafter von steuerbegünstigten Körperschaften zu (BFH vom 8.8.2001, BFH/NV 2001, S. 1536).

Werden angemessene Vergütungen für eine Tätigkeit gezahlt, greift das Verbot insoweit nicht ein.

Es dürfen folglich keine unverhältnismäßig hohen Aufwendungen für

  • Aufwandsentschädigungen in Form von reinem Auslagenersatz, insbesondere von Schreib- und Portoauslagen,
  • Sitzungsgelder,
  • Reisekosten (Fahrt- und Übernachtungskosten) sowie die üblichen Nebenkosten in Höhe des lohnsteuerlich zugelassenen Umfangs (Reisekostenpauschalen)

an Vorstands-, Aufsichtsrats- oder andere Mitglieder einer steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft geleistet werden.

Beispiel
Das Vorstandsmitglied A erhält jährlich eine Vergütung von 12.000 EUR für seine Tätigkeit im Verein und für seine monatlichen Fahrten zu den Mitgliedern.

  • Als angemessen sieht die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 08.08.2001 - I B 40/01) in einem ähnlich gelagerten Fall eine höhere Pauschale vor.
  • Da die Vergütung mit 12.000 € unter den als angemessen anerkannten Zuwendungsbeträgen liegt, ist A nicht unverhältnismäßig begünstigt.

3.5.10 Vermögensbindung

§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO will bei steuerbegünstigten Körperschaften eine gewisse Vermögensbindung erreichen.

Im Falle einer Auflösung oder Aufhebung der steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen steuerbegünstigten Zwecks soll das dann noch vorhandene Vermögen nur für steuerbegünstigte Zwecke Verwendung finden.

Es muss entweder auf eine steuerbegünstigte Körperschaft oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Verwendung von steuerbegünstigten Zwecken übertragen werden.
Es ist nicht erforderlich, dass das vorhandene Vermögen dem gleichen steuerbegünstigten Zweck (satzungsmäßigen Zweck) zugeführt werden muss, der ursprünglich von der sich auflösenden Körperschaft verfolgt wurde.

Die Vermögensbindung muss in der Satzung der steuerbegünstigten Körperschaft ausdrücklich geregelt sein. Wurde eine derartige Regelung nicht getroffen, können keinerlei steuerliche Vergünstigungen gewährt werden. Wird die Vermögensbindung nachträglich so geändert, dass sie den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO nicht mehr entspricht, so gilt sie von Beginn an als nicht ausreichend mit der Folge, dass Steuerbeträge nachträglich erhoben werden müssen.

Es fehlt an einer ausreichenden Vermögensbindung, wenn eine ausländische Körperschaft außerhalb der EU- beziehungsweise EWR-Staaten als Empfängerin des Vermögens benannt wird, weil eine Körperschaft nur dann steuerbegünstigt im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO ist, wenn sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist. Dies kann nur eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft sein. Eine satzungsmäßige Vermögensbindung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaft genügt daher nicht den Anforderungen.

Durch die Änderung des § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG sind in die Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG alle in der EU beziehungsweise im Gebiet der EWR ansässigen, in Deutschland beschränkt steuerpflichtige Körperschaften, einbezogen. Daher können derartige Körperschaften als Letztempfänger in die Vermögensbindung einer inländischen oder im EU/EWR-Ausland ansässigen steuerbegünstigten Körperschaft genannt werden.

Beispiel
Die gemeinnützige Körperschaft A verfolgt seit 2015 den Zweck, sich um Flüchtlinge zu kümmern. Nach dem erfolgreichen, hilfreichen Jahr 2015 und 2016 sieht es in 2017 so aus, als wäre die Hilfe bereits in staatliche Hände geraten. Der Verein überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre sein Vermögen auf die staatliche (gemeinnützige) Körperschaft B zu übertragen.

  • Da die staatliche Körperschaft B eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist, die gleichzeitig gemeinnützig agiert, kann das Vermögen von A auf B ohne Weiteres übertragen werden.
  • Eine Vermögensbindung ist nach erfolgreicher Übertragung erreicht.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliches Gemeinnützigkeitsrechts“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-93-9.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
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Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema

  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 

Normen: § 55 Abs. 1 AO

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