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Aufhebungsvertrag - Teil 10 - Keine Wirksamkeitshindernisse

4.3 Keine Wirksamkeitshindernisse

Damit der Aufhebungsvertrag wirksam ist, dürfen ihm keine Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen. Als Wirksamkeitshindernisse werden Normen bezeichnet, die verhindern, dass ein Rechtsgeschäft Geltung entfaltet. In Betracht kommen die Wirksamkeitshindernisse der

  • Geschäftsunfähige § 105 BGB,
  • Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB,
  • Sittenwidrigkeit, 138 BGB,
  • Teilnichtigkeit, 139,
  • Bedingte Aufhebungsverträge, 158 I BGB und
  • allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz.

4.3.1 Geschäftsunfähige § 105 BGB

Wie jeder andere Vertrag entfaltet ein Aufhebungsvertrag keine Rechtswirkungen, wenn er von einem Geschäftsunfähigen geschlossen wird, § 105 I BGB. Falls der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer sich bei Vertragsschluss in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden (dauerhaften) Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, ist der Aufhebungsvertrag unwirksam, vgl. §§ 105 I, 104 Nr. 2 BGB. Gem. § 105 II BGB ist auch ein Vertrag, der im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit geschlossen wird, nichtig. Dazu kann es kommen, wenn einer der Vertragspartner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch Alkohol, Medikamente oder Rauschgift unzurechnungsfähig ist (Schmitt in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2015, § 105 Rn. 39).

4.3.2 Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist gem. § 134 BGB nichtig. Die Norm verdeutlicht die dem Bürgerlichen Gesetzbuch zugrundeliegenden Prinzipien über das Verhältnis zwischen gesetzlichen und rechtsgeschäftlichen Regelungen. § 134 BGB sorgt dafür, dass Rechtsgeschäfte, die gegen Verbotsgesetze verstoßen grundsätzlich keine Rechtsfolgen entfalten, weil sie rechtswidrig sind. Gleichzeitig ermöglicht § 134 BGB "ein anderes", sodass das Rechtsgeschäft doch seine Wirkung entfaltet, wenn dies dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes näher kommt.

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags als solcher verstößt aufgrund der Vertragsfreiheit (vgl. § 311 BGB) als Ausfluss aus der Privatautonomie gegen keine gesetzlichen Verbote. Denkbar ist aber, dass einzelne Regelungen im Aufhebungsvertrag gegen gesetzliche Verbote verstoßen. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung finanziell abgegolten wird. Diese Regelung verstößt gegen § 3 BetrAVG. In Betracht kommt dann eine Teilnichtigkeit des Aufhebungsvertrages gem. § 139 BGB.

Die Rechtsfolge der Nichtigkeit gem. § 134 BGB tritt auch ein, wenn zwingende gesetzliche Vorschriften umgangen werden. Eine Gesetzesumgehung liegt vor, wenn der Zweck zwingender Rechtsnormen objektiv dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich verwendet werden (BAG, Beschluss vom 12. 10. 1960 - Gr. Senat 1/59 (3 AZR 65/56), NJW 1961, 798).

Eine zwingende Rechtsnorm ist zum Beispiel § 613a IV BGB, der regelt, dass den Arbeitnehmern bei einem Betriebsübergang nicht wegen des Betriebsübergangs gekündigt werden darf. Eine Umgehung wurde im sog. "Lemgoer Modell" versucht. Hier vereinbart der bisherige Arbeitgeber Aufhebungsverträge mit den Arbeitnehmern, damit der neue Inhaber neue für ihn vorteilhaftere Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern schließen kann beziehungsweise damit nicht alle Arbeitsverhältnisse auf ihn übergehen. Damit würde § 613a IV BGB umgangen. Das Bundesarbeitsgericht hält solche Vereinbarungen folglich für unwirksam gem. § 134 BGB (BAG, Urteil vom 28.04.1987 - 3 AZR 75/86, NZA 1988, 198).

Ebenfalls zwingende gesetzliche Vorschriften enthält das Kündigungsschutzgesetz sowie § 626 BGB für die außerordentliche Kündigung. Diese werden umgangen, wenn ein bedingter Aufhebungsvertrag (§ 158 BGB) mit dem Inhalt geschlossen wird, dass das Arbeitsverhältnis ohne weiteres endet, wenn der Arbeitnehmer nach dem Ende seines Urlaubes nicht am vereinbarten Tag zur Arbeit zurückkehrt. Die Vereinbarung ist daher nichtig gem. § 134 BGB (BAG, Urteil vom 19. 12. 1974 - 2 AZR 565/73, NJW 1975, 1531).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Aufhebungsvertrag – Die einvernehmliche Trennung im Arbeitsverhältnis“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Carolina Erb erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-89-2.


Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2019


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Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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  • Lohn- und Gehaltsansprüche
  • Befristete und unbefristete Arbeitsverträge
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  • Tantiemenvereinbarungen

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Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

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Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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