Erbrecht für Unternehmer - Teil 13 - Besonderheiten Ehegatten
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Wolfgang Theissen
Rechtsanwalt
5.3.3.1. Besonderheiten Ehegatten
Bei Ehegatten müssen bei der Berechnung des Pflichtteils bestimmte Besonderheiten beachtet werden.
5.3.3.1.1. Ehegatte ist kein Erbe
Ehegatten sind pflichtteilsberechtigt, § 2303 Abs. 2 BGB, so dass ihnen als Pflichtteil grundsätzlich die Hälfte des gesetzlichen Erbteils zusteht. Neben Kindern erbt ein Ehegatte grundsätzlich ein Viertel, neben Eltern und Geschwistern die Hälfte, so dass der Pflichtteil 1/8 bzw. 1/4 beträgt, ohne dass eine Erhöhung um den pauschalen Zugewinnausgleich in Höhe von 1/4 stattgefunden hat.
Anknüpfungspunkt für die Berechnung des Erbteils ist der sog. kleine Pflichtteil. Der kleine Pflichtteil besteht nur aus dem Wert des gesetzlichen Erbteils, ohne die Erhöhung um den pauschalen Zugewinnausgleich von 1/4 (siehe Punkt 3.2.). Diese Erhöhung um 1/4 dient dem pauschalen Zugewinnausgleich, wenn der überlebende Ehegatte gesetzlicher Erbe geworden ist. Die Pflichtteilsquote beträgt demnach neben den Kindern 1/8, neben den Eltern und Geschwistern 1/4. Zusätzlich erhält der überlebende Ehegatte den tatsächlichen Zugewinnanspruch, §§ 1372 ff. BGB. Man spricht von der sog. güterrechtlichen Lösung (siehe Punkt 3.2.3.).(Fußnote)
Beispiel
Erblasser E schließt seine Frau F in seinem Testament von der Erbfolge aus. Die beiden gemeinsamen Kinder sind seine Erben.
- Durch das Testament hat E die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen. Wäre F gesetzlich Erbin, würde sie neben den Kindern 1/4 erhalten, § 1931 Abs.1 BGB. Zusätzlich würde sie einen pauschalen Zugewinnausgleich in Höhe eines weiteren Viertels erhalten, §§ 1371, 1931 Abs.3 BGB. Damit würde ihr die Hälfte des Nachlasses zustehen.
- Ist der überlebende Ehegatte - so wie im Beispiel - enterbt, steht ihm nur ein Pflichtteilsanspruch zu. Dieser Pflichtteilsanspruch ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Als Grundlage ist das Viertel aus § 1931 Abs.1 BGB zu nehmen. Der pauschale Zugewinnausgleich wird nicht berücksichtigt. Damit beläuft sich der Pflichtteilsanspruch auf die Hälfte von 1/4; also 1/8. Daneben erhält der enterbte Ehegatte den tatsächlichen Zugewinn.
Hat der Erblasser nicht nur die Ehefrau, sondern auch die Kinder enterbt, verändert sich die Höhe des Pflichtteilsanspruchs des Ehegatten nicht.
Beispiel
Unternehmer U hinterlässt zwei Kinder (S und T), sowie eine Frau F, mit der er in einer Zugewinngemeinschaft lebte. U wendet in einer Verfügung von Todes wegen sein ganzes Vermögen seinem Studienkollegen K zu.
- Der gesetzliche Erbteil der Ehefrau liegt grundsätzlich bei 1/4 (vgl. § 1931 Abs.1 BGB). Zusätzlich erhöht sich der Anspruch um ein weiteres Viertel als pauschaler Ausgleich für den Zugewinn. Der gesetzliche Erbteil der Kinder beträgt 3/4. Bei zwei Kindern erhält somit jedes Kind 3/8. Der Pflichtteil der Kinder beträgt somit 3/16 je Kind. Der Pflichtteil der Ehefrau beträgt die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils, somit nur 1/8 (sogenannter kleiner Pflichtteil). Daneben hat sie noch einen Anspruch auf Zahlung des Zugewinnausgleichs gegen den Erben.
5.3.3.1.2. Ehegatte als Erbe oder Vermächtnisnehmer
Ist der Ehegatte in einem Testament als Erbe oder Vermächtnisnehmer bedacht, können trotzdem Pflichtteilsansprüche entstehen, wenn der Überlebende die Erbschaft ausschlägt. Dann hat der überlebende Ehegatte Anspruch auf den sog. kleinen Pflichtteil sowie den Zugewinnausgleich. Bei einer Erbausschlagung ist die Geltendmachung des großen Pflichtteils nicht möglich, § 1317 Abs.3 BGB.
Beispiel
Erblasser E hinterlässt ein Testament, welches anordnet, dass seine Ehefrau seinen Oldtimer erhalten soll. Das restliche Vermögen geht an seinen Arbeitskollegen.
- Schlägt die Ehefrau das Erbe aus, kann sie den kleinen Pflichtteil sowie den Zugewinnausgleich verlangen. Der kleine Pflichtteil besteht in der Hälfte des nicht um das pauschale Viertel erhöhten gesetzlichen Erbteils.
Entscheidet sich der überlebende Ehegatte dazu, die Erbschaft anzunehmen, kann ein Zusatzpflichtteil (vgl. § 2305 BGB) geltend gemacht werden, wenn der ihm zugewandte Erbteil oder das Vermächtnis kleiner ist als die Hälfte des nach § 1371 Abs.1 BGB erhöhten gesetzlichen Erbteils, dem großen Pflichtteil.Fußnote)
Beispiel
Erblasser E hinterlässt ein Testament, welches anordnet, dass seine Frau F seinen Oldtimer erhalten soll. E und F haben ein Kind. Der Oldtimer hat einen Wert von 20.000 €. Das restliche Vermögen in Höhe von 380.000 € geht an seinen Arbeitskollegen.
- F stünde nach dem gesetzlichen Erbrecht 1/4 neben dem gemeinsamen Kind zu. Der Pflichtteil von F liegt damit bei 1/8. Mit der Erhöhung von 1/4 als pauschalen Zugewinnausgleich stünde F 3/8 zu. 3/8 von 400.000 € sind 150.000 €. Der Oldtimer hat nur einen Wert von 20.000 €. Die Ehefrau kann den Rest in Höhe von 130.000 € gegenüber dem Erben geltend machen.
Haben die Eheleute hingegen Gütertrennung vereinbart, dann kann der Ehegatte lediglich den "kleinen Pflichtteil" verlangen. Dieser kleine Pflichtteil beträgt nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, ohne eine Erhöhung um 1/4 wegen des Zugewinnausgleichs.Fußnote)
Der Anspruch des hinterbliebenen Ehegatten richtet sich nicht auf bestimmte Gegenstände, sondern auf die Zahlung einer Geldsumme. Erworben wird dieser Anspruch automatisch mit dem Eintritt des Erbfalls (vgl. § 2317 Abs.1 BGB), es bedarf keiner gesonderten ErklärungFußnote). Dabei bestimmt sich die Anspruchshöhe nach dem Wert des Nachlasses im Todeszeitpunkt (vgl. § 2311 Abs.1 S.1 BGB).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Erbrecht für Unternehmer“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, und Wolfgang Theissen, Rechtsanwalt, und Julia Külzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-94-6.
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Wolfgang Theissen
Rechtsanwalt
Stand: Januar 2019
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt
Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.
Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:
- "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
- „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8
Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
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- Erbschaftssteueroptimierte Vermögensübertragung
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