Gewerbesteuer - Teil 14 - Beginn und Ende
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
6.4. Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht
Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht hängen von der Form des Gewerbebetriebs ab (vgl. R 2.5, R 2.6 GewStR).
6.4.1. Gewerbliche Unternehmen iSd EStG (Abschnitt 18 Abs. 1 und Abschnitt 19 Abs. 1 und 2 GewStR)
Die Gewerbesteuerpflicht von gewerblichen Unternehmen iSd EStG beginnt, sobald erstmals alle tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG für die Annahme eines Gewerbebetriebs vorliegen (selbstständige nachhaltige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht und Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr). Dies gilt unabhängig davon, ob schon eine etwaig erforderliche Eintragung der Gesellschafter oder der Gesellschaft im Handelsregister erfolgt ist. Bloße Vorbereitungshandlungen, wie etwa der Kauf von Büromöbeln oder die Suche nach Personal, sind für das Entstehen der Gewerbesteuerpflicht allerdings nicht ausreichend. Gleiches gilt für einen kurzzeitigen Probelauf von Betriebsanlagen, wenn dieser zB anhand der verwendeten Rohstoffe noch nicht dem Gesamtkonzept des eigentlichen regelmäßigen Betriebs entspricht. Zur Entstehung der Gewerbesteuerpflicht muss Lieferungs- und Leistungsbereitschaft vorliegen. So soll das betreffende Unternehmen erst einmal Zeit haben, sich einzurichten und zu organisieren, ohne befürchten zu müssen, dass der Fiskus sofort auf etwaige Gewinne zugreift, die in dieser Zeit auch zumeist noch völlig ungewiss sind.
Die Gewerbesteuerpflicht endet mit der tatsächlichen Einstellung des Betriebs und dem damit verbundenen Wegfall der Voraussetzungen für die Begründung der Steuerpflicht. Entscheidend ist der Zeitpunkt, ab dem jede Art von werbender Tätigkeit für das eigene Unternehmen völlig aufgegeben wird (Grefe, Unternehmenssteuern, S. 315; siehe auch Abschnitt 19 Abs. 1 Satz 6 GewStR).
Nicht ausreichend ist dagegen, dass die Betriebstätigkeit nur vorübergehend unterbrochen wird, wie etwa bei Saisonbetrieben (Freibäder, Rodelbahnen etc.). Dies führt nach § 2 Abs. 4 GewStG sowie Abschnitt 19 Abs. 1 Satz 3 und 4 GewStR nicht zum Ende der sachlichen Steuerpflicht, sondern zur Annahme eines ruhenden Gewerbebetriebes, der weiterhin mit seinen Gewinnen aus der laufenden Saison voll gewerbesteuerpflichtig ist. Liegt dagegen eine Beendigung auf Dauer vor, so ist es unschädlich, dass nach dem Ende der wirtschaftlichen Betätigung das Unternehmen noch liquidiert und Veräußerungen vorgenommen werden, denn diese Liquidations- und Veräußerungsgewinne sind nicht gewerbesteuerpflichtig.
6.4.2. Gewerbebetrieb kraft Rechtsform (Abschnitt 18 Abs. 2 und Abschnitt 19 Abs. 3 GewStR)
Der Gewerbebetrieb kraft Rechtsform beginnt idR mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit. Kapitalgesellschaften erlangen diese zum Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister. Zu beachten ist, dass im Fall einer nach außen in Erscheinung tretenden Geschäftstätigkeit vor Eintragung im Handelsregister die Gewinne dieser sogenannten Vorgesellschaft gewerbesteuerpflichtig sind.
Beispiel
Für die Autohaus N GmbH in der Gemeinde B wurde im März 2017 ein notarieller Gesellschaftsvertrag geschlossen. Die Eintragung im Handelsregister erfolgt im Juli 2017. Bereits im Mai 2017 nimmt die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit auf, indem sie Fahrzeuge zu Sonderkonditionen an gute Freunde der Gesellschafter verkauft.
- Der Gründungszeitraum der GmbH liegt zwischen März und Juli 2016, sodass in dieser Zeit eine Vorgesellschaft besteht. Durch die Aufnahme der Geschäftstätigkeit im Mai 2016 unterliegt die Autohaus N GmbH in Form der Vorgesellschaft ab diesem Zeitpunkt der Gewerbesteuer.
Anders als beim Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit endet der Gewerbebetrieb kraft Rechtsform nicht bereits mit der dauerhaften Einstellung der gewerblichen Betätigung, sondern erst mit dem Ende jeglicher Tätigkeit. Damit sind insbesondere bei Kapitalgesellschaften Liquidations- und Veräußerungsgewinne gewerbesteuerpflichtig. Entscheidend für die Beendigung der Gewerbesteuerpflicht ist damit der Zeitpunkt, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird und damit die Liquidierung des Unternehmens abgeschlossen ist.
6.4.3. Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (Abschnitt 18 Abs. 3 und Abschnitt 19 Abs. 4 GewStR)
Bei Gewerbetrieben kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs beginnt die Gewerbesteuerpflicht mit der Aufnahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, also nach § 14 AO mit der Aufnahme einer selbstständigen nachhaltigen Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehen.
Die Gewerbesteuerpflicht endet mit der tatsächlichen Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, sodass etwaig entstehende Liquidations- und Veräußerungsgewinne nicht zum Gewerbeertrag iSd § 7 GewStG zählen und folglich nicht gewerbesteuerpflichtig sind.
Beispiel
Der Tennisverein V verkauft an seine Mitglieder Speisen und Getränke sowie Fanartikel zu Selbstkostenpreisen.
- Der Tennisverein V ist mit seiner Tätigkeit im ideellen Bereich kein Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Er erfüllt diese Eigenschaft jedoch hinsichtlich des Verkaufs der Speisen, Getränke und Fanartikel, denn eine Gewinnerzielungsabsicht und die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.
Beim Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs kann die Gewerbebetriebseigenschaft von kurzer Dauer sein und im Jahr mehrfach beginnen und wieder enden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass diese Form von Geschäftsbetrieb eine rein fiktive Kreation der Rechtsordnung ist und der sonstige Betrieb von der Gewerbesteuerpflicht ausgenommen ist.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gewerbesteuer“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, und Patrick Christian Otto, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-90-8.
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2019
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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