Gemeinnützigkeitsrecht - Teil 15 - Satzung und Geschäftsführung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
4 Satzung und Geschäftsführung
Die Steuerbefreiung beziehungsweise Steuerbegünstigung wird nur gewährt, wenn alle Voraussetzungen in der Satzung verbindlich festgelegt und die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Vermögensbindung erfüllt sind. Zudem muss die tatsächliche Geschäftsführung mit dem Satzungsinhalt übereinstimmen.
4.1 Satzung
Aus der Satzung muss dabei direkt hervorgehen:
- welchen Zweck die Körperschaft erfüllt,
- dass es sich um einen steuerbegünstigten (gemeinnützigen, mildtätigen, kirchlichen) Zweck handelt,
- wie die Zwecke verwirklicht werden sollen und
- dass der Zweck selbstlos, ausschließlich und unmittelbar erfüllt wird.
Das Unterhalten von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und von vermögensverwaltenden Tätigkeiten sollte nicht Inhalt der Satzung sein.
Unterhält eine Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit partieller (teilweiser) Steuerpflicht, ist zwischen ihrer steuerbegünstigten und den wirtschaftlichen Betätigungen abzuwägen.
Die steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaft kann als solche nicht anerkannt werden, wenn ihre wirtschaftliche Betätigung nach dem Gesamtbild das Gepräge gibt.
4.2 Tatsächliche Geschäftsführung
§ 63 AO stellt bestimmte Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung.
Nach § 63 Abs. 1 AO muss die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für die Steuervergünstigung enthält.
§ 63 AO bestimmt, dass die in der Satzung festgelegten Zwecke tatsächlich erfüllt sein müssen (materielle Satzungsmäßigkeit).
Dabei ist sicherzustellen, dass die Geschäftsführung innerhalb der Körperschaft mit den in der Satzung verankerten Zielen tatsächlich übereinstimmt.
Dies bedeutet ein Verbot jeder anderweitigen Tätigkeit und gleichzeitig ein Verbot der Aufgabe der steuerbegünstigten Ziele.
Wird von einer Körperschaft z.B. tatsächlich ein anderer als der in der Satzung festgelegte Zweck verfolgt, so liegt ein Verstoß gegen die tatsächliche Geschäftsführung vor.
Die Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung kann durch die zuständige Finanzverwaltung versagt werden.
Eine entsprechende Satzungsänderung ist erforderlich, wenn von der Körperschaft ein anderer oder ein weiterer steuerbegünstigter Zweck verfolgt werden soll.
Steuerbegünstigten Zwecken dienende Körperschaften dürfen im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung zur Verwirklichung ihrer Satzungszwecke auch Betätigungen ausüben, die in der Satzung nicht verankert sind.
Das sind z.B.:
- Tätigkeiten im Rahmen der Vermögensverwaltung oder
- die Unterhaltung steuerpflichtiger (steuerschädlicher) wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, §§ 14, 64 AO.
Voraussetzung für diese Tätigkeiten ist aber, dass sie vom Umfang lediglich eine untergeordnete Rolle darstellen, d.h. derartige Betätigungen dürfen der steuerbegünstigten Körperschaft nicht das Gepräge geben.
Steuerbegünstigte Körperschaften sollten die Satzung aus Gründen der tatsächlichen Geschäftsführung möglichst präzise abfassen und alle verfolgten Zwecke, die der Gesetzgeber als steuerbegünstigte Zwecke anerkennt, und deren Verwirklichung in die Satzung aufnehmen.
Zwecke, die steuerlich unschädlich sind, Vermögensverwaltungen und steuerschädliche wirtschaftliche Geschäftsbetriebe dürfen als Zweckverfolgung nicht in die Satzung aufgenommen werden. Die Aufnahme dieser Tätigkeiten in die Satzung kann zur Aberkennung sämtlicher Steuerbegünstigungen führen.
Um sicherzustellen, dass die tatsächliche Geschäftsführung einer Körperschaft überprüft werden kann, bestimmt § 63 Abs. 3 AO, dass der entsprechende Nachweis durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen aller Einnahmen und Ausgaben zu erfolgen hat.
Dabei muss von Seiten der Körperschaft der Nachweis geführt werden, dass ihre tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke gerichtet ist (BFH vom 23.7.2003, BStBl. 2003 II, S. 930; vom 28.10.2004, BFH/NV 2005, S. 160).
Für die Führung von Büchern und Aufzeichnungen sind die Vorschriften der §§ 140 ff. AO zu beachten (BFH vom 24.6.2009, BStBl. 2010 II, S. 452). Nach diesen gesetzlichen Vorschriften ist eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben zu fertigen, der die üblichen Belege beizufügen sind.
Die Erstellung einer kaufmännischen Buchführung nach den gesetzlichen Bestimmungen des Handelsrechts ist nach dem Gesetzeswortlaut des § 63 Abs. 3 AO nicht erforderlich, es sei denn, dass sich eine solche Verpflichtung aus der Rechtsform der Körperschaft oder aus ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ergibt.
Die in § 63 Abs. 1 AO genannten Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung müssen bei den Ertragsteuern (Körperschaft- und Gewerbesteuer) während des gesamten Veranlagungs- beziehungsweise Erhebungszeitraumes gegeben sein.
Bei den anderen Steuern (z.B. bei der Umsatzsteuer, Grundsteuer, Erbschaftsteuer) kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung an.
Werden steuerbegünstigte Zwecke im Ausland verwirklicht, ist eine erhöhte Nachweispflicht geboten.
Die tatsächliche Geschäftsführung erfordert, dass die Mittel, die der Körperschaft für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zur Verfügung stehen, zeitnah verwendet werden.
Zeitnahe Mittelverwendung bedeutet, dass die Einnahmen in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren ausgegeben werden müssen.
Wenn dieser gesetzlichen Vorschrift nicht Rechnung getragen wird, kann die Finanzverwaltung für die Verwendung der Mittel eine angemessene Frist setzen.
Wird innerhalb der vorgegebenen Frist die Verwendung sichergestellt, gilt die tatsächliche Geschäftsführung im Sinne von § 63 Abs. 1 AO noch als ordnungsgemäß. Wird die von der Finanzverwaltung gesetzte Frist nicht eingehalten, kann diese Tatsache zur Aberkennung der Steuerbegünstigung führen.
Die tatsächliche Geschäftsführung darf nicht gegen die allgemeine Rechtsordnung verstoßen. Sie muss sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halten (BFH vom 13.12.1978, BStBl. 1979 II, S. 482; vom 29.8.1984, BStBl. 1984 II, S. 844; vom 29.8.1984, BStBl. 1985 II, S. 106).
Als Verstoß gegen die Rechtsordnung, der die Steuerbegünstigung ausschließt, kommt eine Steuerverkürzung in Betracht (BFH vom 3.12.1996, BStBl. 1997 II, S. 474; vom 27.9.2001, BStBl. 2002 II, S. 169).
Das Präsidium beziehungsweise der Vorstand einer steuerbegünstigten Zwecken dienenden Körperschaft ist für die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft verantwortlich.
Der Vorstand/das Präsidium muss sein Kontrollrecht ausüben, wenn Verantwortung auf andere Personen delegiert wurde (BFH vom 27.9.2001, BStBl. 2003 II, S. 169; vom 13.3.2003, BStBl. 2003 II, S. 556).
Beispiel
In der gemeinnützigen Körperschaft A wird B als neues Vorstandsmitglied gewählt und zugleich mit deren alleiniger Geschäftsführung beauftragt. Der satzungsmäßige Zweck der Körperschaft besteht darin, hilfsbedürftigen Personen zu helfen. B organisiert einen Spendenaufruf, um mit den eingenommenen Mitteln die Projekte der Körperschaft weiter auszubauen.
- Da der satzungsmäßige Zweck der Körperschaft darin besteht, hilfsbedürftigen Personen eine Unterstützung zu bieten und B die Absicht verfolgt, mit den Spenden die Projekte weiter auszubauen, liegt eine tatsächliche Geschäftsführung durch B vor, die mit dem Satzungsinhalt übereinstimmt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliches Gemeinnützigkeitsrechts“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-93-9.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2019
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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