Gemeinnützigkeitsrecht - Teil 20 - Aufzeichnungspflichten und Buchführung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
5.9.2 Aufzeichnungspflichten und Buchführung
Grundsätzlich können sich für einen Verein aus drei Gründen Buchführungspflichten ergeben:
- aufgrund der Rechenschaftspflicht des Vorstands gegenüber der Mitgliederversammlung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Fußnote),
- infolge steuerrechtlicher Pflichten (Fußnote) und
- aufgrund von förderrechtlichen Aufzeichnungspflichten.
Bei den förderrechtlichen Aufzeichnungspflichten handelt es sich in der Regel um besondere Anforderungen der Zuwendungsgeber, die durch Verträge oder Vergaberichtlinien festgelegt und regelmäßig durch die steuerrechtlich erforderliche Buchführung erfüllt werden.
Die zivilrechtliche Buchführungspflicht ergibt sich aus § 27 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 666 BGB, wonach der Vorstand den Mitgliedern über den Stand der Geschäfte Auskunft zu erteilen und Rechenschaft abzulegen hat. Die Anforderungen an die Buchhaltung des Vereins sind abhängig von der Größe des Vereins, wobei der ehrenamtliche Vorstand eines kleinen Idealvereins nur beschränkte Anforderungen zu erfüllen hat. Außerdem können die Buchführungspflichten nach dem BGB durch die Satzung erweitert oder beschränkt werden.
Es ist grundsätzlich so, dass der Vorstand eine geordnete unsaldierte Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben sowie die entsprechenden Belege vorzulegen hat, § 259 Abs. 1 BGB. Diese Erfordernisse werden durch eine einfache Einnahmenüberschussrechnung erfüllt. Nach § 260 Abs. 1 BGB hat der Vorstand des Weiteren ein Bestandsverzeichnis vorzulegen. Neben den Kassen- und Bankbeständen sollen darin alle Vermögens- und Warenbestände erfasst sein, ähnlich dem gängigen buchhalterischen Bestandsverzeichnis. Die Einnahmenüberschussrechnung sowie das Bestandsverzeichnis sind in der Regel in der Mitgliederversammlung nach Abschluss des Kalender- oder Wirtschaftsjahres vorzulegen. Sie bilden die Grundlage für die Entlastung des Vorstands.
Die Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben sowie der Kassen- und Bankbestände ermöglicht dem Vorstand außerdem einen jederzeitigen Überblick über die Vermögenslage und Zahlungsfähigkeit des Vereins. Der Vorstand ist verpflichtet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, sollten Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung festgestellt werden, § 42 Abs. 2 BGB.
Wer nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen führen muss, hat diese Verpflichtung auch für die Besteuerung zu erfüllen, § 140 AO. Somit ergibt sich aus der zivilrechtlichen Buchführungspflicht eine unmittelbare steuerrechtliche Buchführungspflicht, d. h. die dargestellten Grundsätze gegenüber der Mitgliederversammlung gelten gegenüber dem Finanzamt.
Aus dem Handelsgesetzbuch kann sich ebenfalls eine Buchführungspflicht ergeben, wenn ein Gewerbebetrieb, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, betrieben wird, § 1 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 238 HGB. Dies ist beispielsweise bei Lohnsteuerhilfevereinen oder bestimmten Pflegeeinrichtungen der Fall.
Des Weiteren kann sich eine steuerrechtliche Buchführungspflicht aus § 141 AO ergeben. Danach sind gewerbliche Unternehmer, d.h. gemeinnützige Vereine mit ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, buchführungspflichtig, wenn sie folgende gesetzliche Grenzen überschreiten:
- entweder Umsätze von mehr als 600.000 EUR je Kalenderjahr oder
- einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 60.000 EUR im Wirtschaftsjahr.
Der ideelle Bereich sowie die Vermögensverwaltung und der Zweckbetrieb bleiben dabei außer Betracht.
Dies verdeutlicht noch einmal die Bedeutung der Trennung der vier Sphären des Vereins. Dabei sind der ideelle und der unternehmerische Bereich strikt voneinander zu trennen und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, aus dem unternehmerischen Bereich, gesondert herauszustellen.
Im Bereich der Vermögensverwaltung kommt es häufig zu Einkünften aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung. Hier werden die Einkünfte als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt.
Zu gewerblichen Einkünften kommt es in der Regel im Rahmen des Zweckbetriebs oder im Bereich eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Der Gewinn kann dabei
- nach § 4 Abs. 3 EStG durch bloße Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und -ausgaben (Fußnote) oder
- durch die Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG in Verbindung mit §§ 238 ff. HGB im Rahmen eines Betriebsvermögensvergleichs (Fußnote)
ermittelt werden.
Weitere gesonderte Aufzeichnungspflichten bestehen für die nachfolgenden Sachverhalte:
- Aufwendungen für Geschenke (Fußnote),
- Bewirtungskosten (Fußnote),
- erhaltene Spenden und deren zweckentsprechende Verwendung (Fußnote).
Daneben sind jedoch ebenfalls Aufzeichnungen zum Nachweis der Gemeinnützigkeit erforderlich. Die Steuervergünstigungen werden gemäß § 59 AO nur gewährt, wenn die tatsächliche Geschäftsführung den Satzungsbestimmungen entspricht und die steuerbegünstigten Zwecke ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden.
Dieser Nachweis muss gemäß § 63 Abs. 3 AO durch ordnungsmäßige Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben durch den Vorstand erbracht werden. Dabei sind die Einnahmen und Ausgaben dem entsprechenden Tätigkeitsbereich zuzuordnen. Ist eine konkrete Zuordnung nicht möglich, kann dies im Wege der Schätzung erfolgen.
Außerdem gilt die tatsächliche Geschäftsführung nur als ordnungsgemäß, wenn nach § 63 Abs. 4 AO die Mittel der Körperschaft innerhalb der Frist für steuerbegünstigte Zwecke (Fußnote) verwendet werden.
Überdies sind Aufzeichnungspflichten zum Nachweis der Gemeinnützigkeit zu führen. Im Einzelnen ergeben sich aus den gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen (Fußnote)
- getrennte ordnungsgemäße Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben für den ideellen Bereich, die Vermögensverwaltung, den Zweckbetrieb und die steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe,
- Aufzeichnungen über Spenden (Fußnote),
- Nachweise über die Bildung von Rücklagen (Fußnote) und
- Aufstellung über das Vermögen als Nachweis der satzungsgemäßen Mittelverwendung/Mittelbindung und als Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung.
Die Nichtbeachtung dieser Aufzeichnungspflichten kann zum Verlust der Gemeinnützigkeit und somit der Steuervergünstigungen führen.
Die Verfahrenshandlungen sind durch die gesetzlichen Vertreter des Vereins, d.h. durch den Vorstand beziehungsweise den zur Vertretung ausreichenden Teil des Vorstands, vorzunehmen, § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO. Somit tritt im Sinne des § 34 Abs. 1 AO der Vorstand im Besteuerungsverfahren vor der Finanzverwaltung selbstständig auf.
Er hat die
- notwendigen Steuererklärungen und -anmeldungen abzugeben,
- festgesetzten Steuern aus den Vereinsmitteln zu entrichten,
- Steuerbescheide zu empfangen und
- Vollstreckungsmaßnahmen in das Vereinsvermögen zu dulden, § 77 Abs. 1 AO.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerrechtliches Gemeinnützigkeitsrechts“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-93-9.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2019
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
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Telefon: 0421-2241987-0
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