Aufhebungsvertrag - Teil 23 - Aufhebungsverträge
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Tilo Schindele
Rechtsanwalt
7. Aufhebungsverträge mit Vorstandsmitgliedern und GmbH-Geschäftsführern
Je höher die Position des Beschäftigten ist, desto häufiger erfolgt die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einvernehmlich. Aufhebungsverträge sind dann besonders relevant. Für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem Vorstandsmitglied oder einem GmbH-Geschäftsführer gilt grundsätzlich das Gleiche wie für alle anderen Aufhebungsverträge auch. Hierbei sind einige Besonderheiten zu beachten:
Bei Organmitgliedern wie Vorstandsmitglied oder GmbH-Geschäftsführer muss rechtlich zwischen dem körperschaftlichen Akt der Bestellung und dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis getrennt werden. Letzterem liegt meistens ein Dienstvertrag über die Leistung höherer Dienste (Geschäftsbesorgung) zugrunde, vgl. §§ 611, 675 BGB. Sowohl das Amt als auch die Anstellung können einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag beendet werden. Vor dem Beginn der Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag ist genau zu prüfen, ob Bestellung und Anstellung wirksam erfolgt sind. Ist das nicht der Fall, sind die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung und des fehlerhaften Anstellungsverhältnisses anwendbar. Folge ist, dass das Verhältnis jederzeit einseitig durch die Gesellschaft oder das Organmitglied beendet werden kann. Ein Aufhebungsvertrag ist dann nicht erforderlich.
Bei Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gelten die §§ 74 ff. HGB nicht (uneingeschränkt). So kann entgegen § 74 II HGB (analog) ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ausnahmsweise auch ohne Zusage einer Karenzentschädigung wirksam sein. Allerdings sind die Grenzen des Art. 12 GG und des § 138 BGB zu beachten, über die die Wertung des § 74 II HGB mittelbar zum Tragen kommt.
Sind betriebliche Altersversorgung von Organmitgliedern zu berücksichtigen, ist zu prüfen, ob das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) anwendbar ist. . Entscheidend für die Anwendbarkeit ist, ob das Organmitglied unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls so starke Kapital- und Stimmrechte hat, dass es selbst als Unternehmer betrachtet werden kann, so dass das BetrAVG keine Anwendung findet.
7.1 Besonderheiten bei Vorstandsmitgliedern
Ein Aufhebungsvertrag mit einem Vorstandsmitglied kann die Verkürzung dessen Amtszeit bewirken. Dies kann Auswirkungen auf Pensionsansprüche haben, da diese häufig eine bestimmte Dauer der Amtszeit voraussetzen. Zu beachten ist außerdem, dass die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich ist, vgl. § 84 III 5 AktG. Diese sollte als aufschiebende Bedingung in den Aufhebungsvertrag aufgenommen werden.
Besonderheiten gelten auch für die sog. (allgemeine) Ausgleichsklausel: § 93 IV 3 AktG bestimmt für die Aktiengesellschaft besondere Voraussetzungen für den Verzicht auf Ersatzansprüche - dieser kann erst drei Jahre nach Anspruchsentstehung erfolgen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und kein Widerspruch i.S.d. § 93 IV 3 AktG erhoben wird. Eine Ausgleichsklausel im Aufhebungsvertrag läuft also insoweit leer, wie ihr § 93 IV 3 AktG entgegensteht (Schöne in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Auflage 2016, § 611 Rn. 1049). Dennoch keine Ausgleichsklausel für alle übrigen Ansprüche vereinbart werden.
Beispiel (vgl. Burmester in Weber/Ehrich/Burmester/Fröhlich, Handbuch der arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträge, 5. Auflage 2009, Teil 5 Rz. 224)
In einem Aufhebungsvertrag mit einem Vorstandsmitglied ist die Vereinbarung folgender Ausgleichsklausel möglich:
"Mit Erfüllung der vorliegenden Vereinbarung sind wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt, sofern seitens der Gesellschaft gem. § 93 IV 3 AktG wirksam auf sie verzichtet werden kann."
- Die Gesellschaft kann Ersatzansprüche i.S.d. § 93 IV 3 AktG weiterhin geltend machen.
- Die Klausel verstößt nicht gegen § 93 IV 3 AktG und ist deshalb nicht unwirksam.
- Alle Ansprüche, die ausgeschlossen werden können, werden ausgeschlossen.
Zum Schutz des Vorstands vor später geltend gemachten Schadensersatzansprüchen kann eine sog. Bestätigungsklausel in den Aufhebungsvertrag aufgenommen werden. In diese bestätigt die Aktiengesellschaft, dass sich das Mitglied des Vorstands während seiner Dienstzeit stets sorgfältig und gewissenhaft verhalten hat. Eine solche Klausel erschwert die Glaubhaftigkeit spätere Vorwürfe gegenüber dem Vorstandsmitglied vor Gericht (Schöne in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Auflage 2016, § 611 Rn. 1049).
Bezüglich der Abfindung von Vorstandsmitgliedern ist das "Mannesmann-Urteil" (BGH, Urteil vom 21.12.2005 - 3 StR 470/04, NJW 2006, 522) des BGH zu beachten, dass Vorgaben aufgestellt hat, die bei fehlender Einhaltung strafrechtliche Konsequenzen haben können, vgl. § 266 StGB. Unproblematisch ist es eine Abfindung in Höhe der bis zum vorgesehenen Vertragsende (vgl. § 84 I 1 AktG) anfallenden Vergütung zu vereinbaren. Anders ist es bei sog. "Anerkennungsprämien", die im Rahmen der Verhandlungen zum Aufhebungsvertrag erstmals vereinbart werden und denen keine Gegenleistung des Vorstandmitglieds gegenübersteht. Sie können strafrechtlich relevant sein, weil sie eine "treupflichtwidrige Verschwendung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens" darstellen können (BGH, Urteil vom 21.12.2005 - 3 StR 470/04, NJW 2006, 522).
7.2 Besonderheiten bei GmbH-Geschäftsführern
Die Zuständigkeit zur Beendigung des Anstellungsvertrags (oder der Bestellung) liegt grundsätzlich bei der Gesellschafterversammlung, vgl. § 46 Nr. 5 GmbHG. Die Ausführung des Beschlusses kann an einen oder mehrere Gesellschafter oder Geschäftsführer delegiert werden.
Für den Geschäftsführer ist es vorteilhaft, wenn ein Entlastungsbeschluss i.S.d. § 46 Nr. 5 GmbHG in eine mögliche Ausgleichsklausel aufgenommen wird. Die Entlastungserklärung durch die Gesellschaftsversammlung hat Präklusionswirkung, das bedeutet, dass die Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter keine Tatsachen mehr geltend machen kann, die vom Entlastungsbeschluss umfasst sind. Betroffen sind also grundsätzlich alle Rechte, die sich aus Pflichtverletzungen des Gesellschafters ergeben, die zur Zeit des Entlastungsbeschlusses für die Gesellschaft erkennbar waren. Eine Einschränkung ergibt sich, wenn die Pflichtverletzung zugleich ein Verstoß gegen die Grundsätze der Kapitalsicherung darstellt, vgl. §§ 30 I, 9b I GmbHG.
Eine Abfindung kann bereits im Anstellungsvertrag für den Fall der vorzeitigen Trennung vereinbart werden. Weil dann im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht abzusehen ist, wie lange der Geschäftsführer für die GmbH tätig sein wird, ist es sinnvoll, die Dauer der Unternehmenszugehörigkeit als Variable für die Berechnung der Höhe der Abfindung miteinzuplanen. Das kann geschehen, indem ein fester Prozentsatz der Bezüge pro vollendetem Dienstjahr oder ein fester Betrag abhängig von der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit festgelegt wird.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Aufhebungsvertrag – Die einvernehmliche Trennung im Arbeitsverhältnis“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Carolina Erb erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-939384-89-2.
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Monika Dibbelt
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Tilo Schindele
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Stand: Januar 2019
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Tilo Schindele, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".
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- Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
- Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1
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