Gewerbesteuer - Teil 23 - Rechtsschutz
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
8. Rechtsschutz gegen Gewerbesteuerfestsetzungen
Ist der Gewerbesteuerbescheid, den die Gemeinde erlässt, aus Sicht des Adressaten rechtsfehlerhaft, so stehen ihm mehrere Rechtsschutzmöglichkeiten offen. Bevor die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung besteht, ist im Gewerbesteuerrecht stets das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren zu durchlaufen. Anders als in vielen Gebieten des Verwaltungsrechts (etwa des Polizeirechts oder des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts) ist im Steuerrecht das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren in keinem Bundesland abgeschafft worden. Dies begründet sich damit, dass die Finanzgerichte die einzige Tatsacheninstanz bilden und der Bundesfinanzhof in zweiter Instanz nur noch die Rechtsfragen klärt. Damit dient das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren im Steuerrecht der Schaffung einer zusätzlichen Tatsacheninstanz und verstärkt den Rechtsschutz des Steuerpflichtigen.
8.1 Der Dualismus des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens im Gewerbesteuerrecht
Eine weitere spezifische Besonderheit des Gewerbesteuerrechts ist, dass anders als etwa im Einkommensteuerrecht nach der Steuererklärung nicht direkt der Steuerbescheid ergeht, sondern der Gewerbesteuer-Messbescheid gewissermaßen als Grundlagenbescheid „zwischengeschaltet“ ist und der Gewerbesteuerbescheid erst als Folgebescheid ergeht. Damit liegen zwei Bescheide von zwei grundsätzlich verschiedenen Behörden (dem Betriebsfinanzamt als Landesbehörde und der Gemeindesteuerverwaltung als Gemeindebehörde) vor.
8.1.1 Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid beim Finanzamt
Gegen den Gewerbesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid kann förmlicher Einspruch beim Betriebsfinanzamt nach den §§ 347 ff. AO eingelegt werden.
8.1.2 Rechtsbehelfe gegen den Steuerbescheid bei der Gemeinde
Gegen den Steuerbescheid der Gemeinde ist ein Einspruch nicht zulässig, da der Steuerbescheid nur ein Folgebescheid ist, der die Regelungen des Grundlagenbescheids in sich aufnimmt. Der Steuerpflichtige kann nur gegen den Grundlagenbescheid vorgehen. Ändert sich dieser, so ändert sich automatisch auch der Folgebescheid. Folglich bedarf es keiner separaten Rechtsbehelfe gegen den Folgebescheid. Dem Steuerpflichtigen werden dadurch keine Rechtsschutzmöglichkeiten abgeschnitten.
8.2 Zulässigkeitsvoraussetzungen des Einspruchs
Damit das Betriebsfinanzamt in der Sache über den Einspruch entscheidet und diesen nicht bereits als unzulässig abweist, müssen bestimmte Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
Der Einspruch muss zunächst statthaft sein. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um eine Abgabenangelegenheit handelt (§ 347 Abs. 1 Nr. 1 AO). Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, soweit sich der Einspruch gegen einen Steuerbescheid (wie den Gewerbesteuer-Messbescheid) wendet. Darüber hinaus darf der Einspruch nicht nach § 348 AO ausgeschlossen sein. Für das Gewerbesteuerrecht relevant ist dabei einzig § 348 Nr. 1 AO, nach dem ein Einspruch nicht gegen Einspruchsentscheidungen i.S.d. § 367 AO eingelegt werden kann. Wurde der Einspruch vom Betriebsfinanzamt negativ beschieden, so ist direkt Klage zum Finanzgericht zu erheben.
Derjenige, der den Einspruch einlegt, muss auch tatsächlich beschwert sein (§ 350 AO). Der Einspruchsführer muss eine Rechtsverletzung oder Ermessensfehlerhaftigkeit geltend machen. Dies ist für den Adressaten des Gewerbesteuer-Messbescheids (das betreffende Unternehmen) stets der Fall, soweit nicht die zu erwartende Gewerbesteuer bei 0 € liegt oder der Steuerpflichtige sogar eine Erstattung bekommen könnte. Es ist allerdings nicht möglich, dass das Unternehmen B gegen den gegenüber dem Unternehmen A bekanntgegebenen Gewerbesteuer-Messbescheid Einspruch einlegt. Ein „Populareinspruch“ ist insofern ausgeschlossen.
Der Einspruch muss innerhalb der Einspruchsfrist eingelegt werden. Die Einspruchsfrist beträgt 1 Monat ab Bekanntgabe des Gewerbesteuer-Messbescheids (§ 355 Abs. 1 AO). Wird der Gewerbesteuer-Messbescheid im Inland durch die Post übermittelt, so gilt dieser am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, sog. „Drei-Tages-Fiktion“). Endet die so errechnete Frist auf einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichem Feiertag, so verlängert sie sich nach § 108 Abs. 3 AO bis zum Ablauf des nächsten Werktags.
Beispiel
Das für den Unternehmer B zuständige Betriebsfinanzamt gibt den für B bestimmten Gewerbesteuer-Messbescheid am 20.06.2016 als Brief zur Post auf. Der tatsächliche Zugang des Gewerbesteuer-Messbescheids erfolgt am 21.06.2016.
- Nach der „Drei-Tages-Fiktion“ des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt der Gewerbesteuer-Messbescheid am 23.06.2016 als bekanntgegeben. Dies gilt auch dann, wenn er tatsächlich früher zugestellt wurde (wie hier am 21.06.2016).
Wird der Einspruch zu spät eingelegt, so ist der Gewerbesteuer-Messbescheid bereits bestandskräftig geworden. Der Einspruch wird abgewiesen. In diesem Fall ist nur noch eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 110 AO möglich. Hierzu hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass er ohne Verschulden daran gehindert war, die Einspruchsfrist einzuhalten, wobei ein Verschulden des Steuerberaters dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist.
Nach § 357 AO ist der Einspruch schriftlich einzulegen. Schriftlich meint dabei, dass der Einspruch durch einfachen Brief, per Telefax oder sogar per E-Mail eingelegt werden kann.
Liegen alle Zulässigkeitsvoraussetzungen vor, so kann der Einspruch sowohl beim Betriebsfinanzamt als auch bei der Gemeinde eingelegt werden, die den Gewerbesteuerbescheid erlassen hat. Die Gemeinde leitet in diesem Fall den Einspruch an das Betriebsfinanzamt weiter, prüft diesen aber selbstverständlich aus Kompetenzgründen nicht selbst.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Gewerbesteuer“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, und Patrick Christian Otto, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-90-8.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2019
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
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