Internationales Steuerrecht – Teil 02 – Besteuerungsvoraussetzungen
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
2.2.2.2 Voraussetzungen der Besteuerung
Die Voraussetzungen der Besteuerung richten sich danach, ob jemand unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig ist.
2.2.2.2.1 Unbeschränkte Steuerpflicht
Anknüpfungspunkt für eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland ist
- bei natürlichen Personen nach § 1 Abs. 1 EStG das Vorliegen eines Wohnsitzes (§ 8 AO) oder eines gewöhnlichen Aufenthalts (§ 9 AO) im Inland und
- bei juristischen Personen (Körperschaften) gemäß § 1 Abs. 1 KStG das Vorliegen der Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder des Sitzes (§ 11 AO) im Inland.
Ist eine unbeschränkte Steuerpflicht gegeben, unterliegt der Besteuerung das Welteinkommen, d.h. die Summe von inländischen und ausländischen Einkünften.
2.2.2.2.2 Beschränkte Steuerpflicht
Die beschränkte Steuerpflicht natürlicher Personen bzw. Körperschaften ist in § 1 Abs. 4 EStG und § 2 KStG geregelt.
2.2.2.2.2.1 Voraussetzungen
Die Besteuerungshoheit eines Staates ist nicht auf die Besteuerung von deren Inländern beschränkt. Ein Staat kann gegenüber ausländischen Person oder Körperschaft eine Steuer erheben, wenn eine sachliche Beziehung eines Steuergutes zum Territorium des steuererhebenden Staates besteht (Prinzip der tatsächlichen Anknüpfung).
Als beschränkt steuerpflichtig gelten in Deutschland
- natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt unterhalten (§ 1 Abs. 4 EStG) oder
- juristische Personen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben (§ 2 Nr. 1 KStG),
die inländische Einkünfte erzielen.
Welche Einkünfte inländische Einkünfte sind, die zu einer beschränkten Steuerpflicht führen, legt § 49 EStG abschließend fest. Die Aufzählung der inländischen Einkünfte, die zu einer beschränkten Steuerpflicht führen, lehnt § 49 Abs. 1 EStG an die sieben Einkunftsarten im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG an. Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommenssteuerpflicht sind danach die Einkünfte aus
- Land- und Forstwirtschaft §§ 13, 14 EStG
- Gewerbebetrieb §§ 15-17 EStG
- Selbständiger Arbeit § 18 EStG
- Nichtselbständiger Arbeit § 19 EStG
- Kapitalvermögen § 20 EStG
- Vermietung und Verpachtung § 21 EStG sowie
- Sonstige Einkünfte §§ 22, 23 EStG.
2.2.2.2.2 Isolierte Betrachtungsweise § 49 Abs. 2 EStG
Eine Besonderheit der beschränkten Steuerpflicht ist die in § 49 Abs. 2 EStG geregelte isolierende Betrachtungsweise.
Die isolierende Betrachtungsweise qualifiziert bestimmte Einkünfte als inländische und unterwirft sie damit der beschränkten Steuerpflicht, indem sie bestimmte ausländische Merkmale ignoriert.
Durch die isolierende Betrachtungsweise werden Einkünfte wegen des bestehenden Inlandsbezugs als inländische Einkünfte behandelt, obwohl unter Berücksichtigung der im Ausland verwirklichten Besteuerungsmerkmale der Inlandsbezug für eine Qualifizierung als inländische Einkünfte nicht ausreichen würde.
Dies ist z.B. dann der Fall, wenn im Inland nachrangige Einkünfte erzielt werden und der Tatbestand für die Besteuerung der vorrangigen Einkünfte nicht erfüllt ist. So sind z.B. gewerbliche Einkünfte gegenüber Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vorrangig. Gewerbliche Einkünfte unterliegen aber nur dann der beschränkten Steuerpflicht, wenn im Inland eine Betriebstätte besteht. Es kann daher vorkommen, dass gewerbliche Einkünfte mangels einer inländischen Betriebsstätte eigentlich nicht unter die beschränkte Steuerpflicht fallen würden, diese Einkünfte aber, wenn man sie isoliert, einen Tatbestand nach § 49 Abs. 1 EStG erfüllen und somit besteuert werden können.
Beispiel
Eine ausländische Kapitalgesellschaft ohne inländische Betriebsstätte vermietet ein in Deutschland belegendes Grundstück. Deutschland steht aufgrund des Belegenheitsprinzips das Besteuerungsrecht an den Vermietungseinkünften des im Inland belegenden Grundstücks zu.
- Da das entsprechende Grundstück zu einem ausländischen Betriebsvermögen gehört, sind die Einkünfte nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren, sondern als gewerbliche Einkünfte.
2.2.3 Prinzipien der Besteuerung
Bei den Prinzipien der Besteuerung geht es vorrangig um die Besteuerung dem Grund und der Höhe nach.
2.2.3.1 Besteuerung dem Grunde nach
Jeder Staat bestimmt aufgrund des Souveränitätsprinzips eigenverantwortlich die Anknüpfungsmerkmale für das Entstehen eines Besteuerungsanspruches. Dabei orientiert er sich an folgenden Kriterien
- Person des Steuerpflichtigen
- Steuergut
- Verbrauch eines Wirtschaftsgutes und
- Transaktionen.
2.2.3.1.1 Person des Steuerpflichtigen
Bei der Anknüpfung an die Person des Steuerpflichtigen wird das Steuerrechtsverhältnis auf Grund subjektiver Merkmale des Steuerpflichtigen begründet.
Anknüpfungspunkt für die Steuerpflicht ist die wirtschaftliche Gebietszugehörigkeit, d.h. bei natürlichen Personen der Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt sowie bei juristischen Personen der Sitz bzw. Ort der Geschäftsleitung.
Beispiel
Der Belgier A lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Kiel. Er geht hauptberuflich einer Tätigkeit als Polizist nach. Aufgrund seiner belgischen Staatsangehörigkeit ist er unsicher, ob er sein Polizistengehalt gegenüber dem deutschen Finanzamt erklären muss.
- A unterhält einen deutschen Wohnsitz. Auf seine belgische Staatsangehörigkeit kommt es für die Besteuerung seiner Einkünfte nach dem deutschen Steuerrecht nicht an. A hat seine Einkünfte gegenüber dem deutschen Finanzamt zu erklären.
2.2.3.1.2 Steuergut
Im Unterschied zu den persönlichen Anknüpfungspunkten kann der Staat seinen Besteuerungsanspruch auf Grund einer sachlichen Beziehung zum Inland begründen. Anknüpfungspunkte der Besteuerung sind in diesem Fall durch das Steuergut verwirklichte Tatbestandsmerkmale, die sich nach dem
- Quellen- oder
- Belegenheitsprinzip
richten.
Ob persönliche Verbindungen zum Inland bestehen, ist dabei unbeachtlich. Bei dem sogenannten Quellenprinzip knüpft die Besteuerung an inländische Einkunftsquellen ausländischer Steuerpflichtiger an.
Beispiel
Eine inländische A-GmbH schüttet seinen Gewinn an die Gesellschafter B und C aus, die ihren Wohnsitz im Ausland haben.
- Die Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne findet nach dem Quellenprinzip direkt an der Quelle statt, sodass die an die Gesellschafter ausgeschütteten Gewinne - unabhängig vom Wohnsitz der Gesellschafter - grundsätzliche im Inland zu versteuern sind.
Nach dem Belegenheitsprinzip werden alle auf einem Staatsgebiet befindlichen Vermögensgegenstände. zur Besteuerung herangezogen.
Beispiel
Die inländische A-GmbH besitzt ein Grundstück in Frankreich. Dieses ist an die Privatperson B vermietet. Die A-GmbH erzielt damit Einkünfte aus Vermietung.
- Nach dem Belegenheitsprinzip müsste die A-GmbH die in Frankreich erzielten Mieteinkünfte grundsätzlich dort versteuern.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Internationales Steuerrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-004-5.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2019
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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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