Zuwendungen im Arbeitsverhältnis – Teil 06 – Bewertung nach § 8 Abs. 3 EstG
2.4.1.2 Bewertung nach § 8 Abs. 3 EstG
Die Ermittlung des Zinsvorteils ist nach § 8 Abs. 3 EStG vorzunehmen, wenn der Arbeitgeber ein vergleichbares Darlehen – mit Ausnahme des Zinssatzes – überwiegend an betriebsfremde Dritte vergibt und der Zinsvorteil nicht nach § 40 EStG pauschal besteuert wird. Ein vergleichbares Darlehen liegt bei gleichen Konditionen wie Laufzeit, Zinsfestlegungsdauer und Zeitpunkt der Tilgungsverrechnung vor. Wird der Zinsvorteil nach § 8 Abs. 3 EStG bewertet, bemisst sich der Zinsvorteil nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem ermittelten Endpreis und um 4 % geminderten Effektivzinssatz, den der Arbeitgeber fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr für Darlehen vergleichbarer Kreditart (z.B. Wohnungsbaukredit, Konsumentenkredit) anbietet (Maßstabszinssatz), und dem Zinssatz, der im konkreten Einzelfall vereinbart ist.
Beispiel
Eine Bank gibt einem Mitarbeiter einen Kredit von 100.000 Euro zu 1 % jährlich zu zahlenden Zinsen. Der übliche Zinssatz beträgt 2 %. Endverbrauchern wird ein durchschnittlicher Preisnachlass von 0,1 % gewährt.
Angebotszinssatz: 2 %
Durchschnittlicher Preisnachlass: - 0,1 %
Tatsächlicher Angebotszinssatz: 1,9 %
Gesetzlicher Abschlag von 4%:- 0,08 %
Maßstabszinssatz: 1,82 %
Vom AN gezahlter Zinssatz: - 1 %
Zinsvorteil: 0,82 %
- Der jährliche geldwerte Vorteil beträgt 820 Euro (0,82 % von 100.000 Euro). Dieser Betrag überschreitet auch nicht die 1.080 Euro Grenze des Rabattfreibetrags (s.u.P. 2.6.1 - Rabatte durch Arbeitgeber) und der geldwerte Vorteil bleibt somit steuerfrei.
2.4.2 Sonderfälle
Im BMF-Schreiben vom 19.05.2015 geht die Oberste Finanzverwaltung zusätzlich noch auf zwei Sonderfälle ein:
(1) Versteuerung bei fehlender Zahlung von Arbeitslohn
Erhält der Arbeitnehmer keinen anderen laufenden Arbeitslohn (z.B. bei Beurlaubung oder Elternzeit), ist der im Kalenderjahr erhaltene Zinsvorteil bei Wiederaufnahme der Arbeitslohnzahlung zu versteuern oder andernfalls spätestens nach Ablauf des Kalenderjahres nach § 41c EStG zu behandeln.
(2) Versteuerung bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis
Scheidet der Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis aus und besteht das vergünstigte Arbeitgeberdarlehen weiter, also zahlt der Arbeitnehmer auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses weiter seine Darlehensrückzahlungen, so hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen, wenn er aufgrund des beendeten Dienstverhältnisses die Lohnsteuer für die Zinsvorteile nicht einbehalten kann (§ 41c Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG).
2.5 Beihilfen
Beihilfen und Unterstützungen, die dem Arbeitnehmer zum Zwecke der Entlastung von Aufwendungen vom Arbeitgeber gezahlt werden, gehören grundsätzlich zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Darunter fallen auch sog. Notstandsbeihilfen. Die Notstandsbeihilfen sind Beihilfen des Arbeitgebers zur Abwendung einer wirtschaftlichen Notlage des einzelnen Arbeitnehmers, wobei die Notlage im Einzelfall festzustellen ist (BFH Urteil vom 09.03.1962 – VI 109/61). Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere wenn die Beihilfe gerechtfertigt ist, z.B. in Krankheits- und Unglücksfällen, können diese Notstandsbeihilfen gemäß LStR 3.11 Abs. 2 allerdings steuerfrei bleiben.
Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beihilfen
- aus einer mit eigenen Mitteln des Arbeitgebers geschaffenen, aber von ihm unabhängigen und mit ausreichender Selbständigkeit ausgestatteten Einrichtung gewährt werden (z.B. Unterstützungskasse);
- aus Beträgen gezahlt werden, die der Arbeitgeber dem Betriebsrat oder sonstigen Vertretern der Arbeitnehmer zu dem Zweck überweist, aus diesen Beträgen Unterstützungen an die Arbeitnehmer ohne maßgebenden Einfluss des Arbeitgebers zu gewähren;
- vom Arbeitgeber selbst erst nach Anhörung des Betriebsrats oder sonstiger Vertreter der Arbeitnehmer gewährt oder nach einheitlichen Grundsätzen bewilligt werden, denen der Betriebsrat oder sonstige Vertreter der Arbeitnehmer zugestimmt haben.
Diese Voraussetzungen müssen jedoch nur dann vorliegen, wenn der Betrieb mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Die gewährten Unterstützungen, auch genannt Notstandsbeihilfen, sind bis zu 600 Euro pro Arbeitnehmer im Jahr steuerfrei. Wird diese Freigrenze überschritten, können die Beträge aber auch dann steuerfrei bleiben, wenn sie aus Anlass eines – die Einkommensverhältnisse und den Familienstand des Arbeitnehmers berücksichtigenden – besonderen Notfalls gewährt werden (Seidel in Küttner Personalhandbuch 2019, Beihilfeleistungen Rn. 7).
Neben den Notstandsbeihilfen gibt es auch sog. Erholungsbeihilfen, welche dem Arbeitnehmer zum Zwecke eines Erholungsurlaubs oder einer Erholungskur gewährt werden können. Diese gehören grundsätzlich zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Sie können jedoch in begrenztem Rahmen durch Pauschalversteuerung steuerlich begünstigt sein, nämlich dann, wenn sie ausnahmsweise als Unterstützungen i.S.v. Notstandsbeihilfen anzusehen sind. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer zur Abwehr oder Behandlung einer typischen Berufskrankheit (z.B. Kur) unterziehen muss. Des Weiteren muss der erholungsbedürftige Arbeitnehmer ohne die Beihilfe seines Arbeitgebers und ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung aus eigenen Mitteln nicht die Möglichkeit haben, in Erholung gehen zu können (BFH Urt. v. 27.01.1961 - VI 249/60 U).
Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG können Erholungsbeihilfen, soweit sie nicht als steuerfreie Unterstützungen anzusehen sind, mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent besteuert werden. Dies ist dann möglich, wenn Erholungsbeihilfen gewährt werden, die pro Kalenderjahr 156 Euro für den Arbeitnehmer, 104 Euro für dessen Ehegatten und 52 Euro für jedes Kind nicht übersteigen und der Arbeitgeber sicherstellt, dass die Beihilfen zu Erholungszwecken verwendet werden. Voraussetzung ist, dass die Erholungsbeihilfen für die Erholung dieser Personen bestimmt sind und hierfür auch verwendet werden. Davon kann in der Regel ausgegangen werden, wenn die Erholungsbeihilfe im zeitlichen Zusammenhang mit einem Urlaub des Arbeitnehmers gewährt wird (R 40.2 Abs. 3 LStR 2015).
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerfreie Zuwendungen im Arbeitsverhältnis“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019,www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-010-6.
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Herausgeber / Autor(-en):
Tilo Schindele, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
Er prüft, erstellt und verhandelt unter anderem
- Aufhebungsverträge
- Abwicklungsverträge
- Kündigungen
- Kündigungsschutzansprüche
- Abfindungen
- Lohn- und Gehaltsansprüche
- Befristete und unbefristete Arbeitsverträge
- Betriebsvereinbarungen
- Tantiemenvereinbarungen
und berät und vertritt Betriebsräte.
Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".
Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:
- Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
- Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1
Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:
- Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit
Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema:
- Arbeitsvertragsgestaltung: Gestaltungsmöglichkeiten und Fallen
- Arbeitszeitmodelle: Arbeitszeitkonten, Gleitzeit, (Alters-)Teilzeit, Schichtmodelle, Jobsharing
- Telearbeit aus arbeitsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und IT-rechtlicher Sicht
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