Internationales Steuerrecht – Teil 16 – Beherrschender Einfluss
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.2.2.1.2 Beherrschender Einfluss
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG ist dem Steuerpflichtigen ein Geschäftspartner nahe stehend, wenn der Steuerpflichtige auf die Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt. Sie sind sich gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 AStG dann nahe stehend, wenn eine dritte Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die beiden erstgenannten Personen ausüben kann.
Ein beherrschender Einfluss kann auf rechtlicher oder tatsächlicher Grundlage oder dem Zusammenwirken beider beruhen. Der beherrschende Einfluss muss dabei jedoch nicht wirklich ausgeübt werden. Es genügt schon die Möglichkeit, um das Nahestehen von Personen zu begründen. Ein beherrschender Einfluss liegt beispielsweise vor, wenn ein Unternehmen völlig von einem Kapitalgeber oder von einem Rohstofflieferanten abhängig ist.
Beispiel
Die A-GmbH benötigt für die Produktion von ökologischem Radiergummi Kautschuk aus ökologischem Anbau. Einziger Anbieter von Kautschuk aus ökologischem Anbau ist die B-AG.
- Die B-AG erlangt dadurch einen beherrschenden Einfluss auf die A-GmbH, da diese bezüglich der Rohstoffe von der B-AG vollständig abhängig ist.
4.2.2.1.3 Besondere Einflussmöglichkeiten
Die dritte Möglichkeit, das Nahestehen zweier Personen zu begründen, besteht in einem außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auf die andere Person (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 AStG).
Der Einfluss muss sich dabei auf die Geschäftsbeziehung selbst erstrecken. Es reicht die Möglichkeit aus, einen solchen Einfluss ausüben zu können.
4.2.2.1.4 Interessenidentität
Ein Nahestehen von Personen wird in dem Fall angenommen, wenn der Steuerpflichtige oder sein Geschäftspartner ein geschäftliches oder persönliches Interesse an der Einkunftserzielung des Anderen hat.
4.2.2.2 Geschäftsbeziehung zum Ausland oder Funktionsverlagerung
4.2.2.2.1 Geschäftsbeziehung zum Ausland
Mit dem Begriff Ausland ist jedes Gebiet gemeint, das nicht zum Inland gehört, d.h. das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Bei der Geschäftsbeziehung muss es sich mit einer nahe stehenden Person handeln, d.h. mit einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person. Eine Geschäftsbeziehung ist danach jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist, wenn sie bei dem Steuerpflichtigen oder der nahe stehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, deren Einkünfte nach den §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG zu behandeln sind oder wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.
Auf diese Weise soll jede tatsächliche oder rechtliche Leistungsbeziehung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft außerhalb der gesellschaftsvertraglichen Ebene von § 1 Abs. 1 AStG erfasst werden.
Keine Geschäftsbeziehung liegt danach vor, die das Nahestehen selbst begründen, d.h. die das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter regeln. Dazu gehört insbesondere die Überlassung von Eigenkapital, da sie nicht aufgrund einer schuldrechtlichen, sondern einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung erfolgt.
4.2.2.2.2 Funktionsverlagerung
§ 1 Abs. 3 Satz 9 AStG definiert eine Funktionsverlagerung als Verlagerung einer Funktion.
Unter einer Funktion sind gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Funktionsverlagerungsverordnung gleichartige betriebliche Aufgaben zu verstehen, die zu einer Geschäftstätigkeit zusammengefasst und von bestimmten Stellen oder Abteilungen im Unternehmen erledigt werden.
Eine Funktion ist ein organischer Teil des Unternehmens und liegt nicht erst dann vor, wenn die Voraussetzungen für einen Teilbetrieb vorliegen.
Ein Teilbetrieb ist, ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter organisch geschlossener Teil eines Gesamtbetriebs der - für sich betrachtet - alle Merkmale eines Betriebes im Sinne des EStG aufweist und der für sich lebensfähig ist.
Eine Funktionsverlagerung setzt demnach voraus, dass ein inländisches Unternehmen ein ausländisches, nahe stehendes Unternehmen durch Nutzungsüberlassung oder Übertragung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen Vorteilen und den damit einhergehenden Chancen und Risiken in die Lage versetzt, eine Funktion auszuüben, die bisher vom verlagernden Unternehmen übernommen wurde und dort nur noch eingeschränkt ausgeübt oder aufgegeben wird (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Funktionsverlagerungsverordnung).
Es kann zwischen vier Formen der Funktionsverlagerung unterschieden werden:
- Funktionsausgliederung
- Funktionsabschmelzung
- Funktionsabspaltung
- Funktionsverdopplung bzw. Funktionsvervielfältigung
4.2.2.2.2.1 Funktionsausgliederung
Bei der Funktionsausgliederung verlagert ein inländisches Unternehmen eine Funktion vollständig auf ein ausländisches, nahe stehendes Unternehmen.
Beispiel
Die deutsche A-AG schließt seine Produktionsstandorte in Deutschland und verlagert die Produktion auf seine 100%ige Tochtergesellschaft B s.r.o. in Tschechien.
- Damit verlagert ein inländisches Unternehmen (A-AG) eine Funktion vollständig auf ein ausländisches, nahestehendes Unternehmen (B s.r.o).
4.2.2.2.2.2 Funktionsabschmelzung
Bei der Funktionsabschmelzung überträgt ein inländisches Unternehmen Teile einer von ihm bislang vollständig ausgeübten Funktion samt den dazugehörigen Chancen und Risiken auf ein ausländisches, nahe stehendes Unternehmen.
Beispiel
Die österreichische A GmbH stellt Überwachungskameras her. Den Vertrieb in Deutschland übernimmt die in Heilbronn ansässige Tochtergesellschaft der A GmbH, die B GmbH. Die B GmbH leitet den Vertrieb in Deutschland seit zehn Jahren eigenverantwortlich (Eigenhändler) und hat in dieser Zeit einen Kundenstamm aufgebaut. Die A GmbH plant, ihre Vertriebsaktivitäten in Europa zentral von Österreich aus zu koordinieren. Aus diesem Grund soll der Kundenstamm und der Fuhrpark der Außendienstmitarbeiter der B GmbH auf die A GmbH übertragen werden. Die B GmbH ist zukünftig als Kommissionär nur noch für Lagerhaltung und Versand der Kameras zuständig.
- Damit überträgt ein inländisches Unternehmen (B GmbH) Teile einer von ihm bislang vollständig ausgeübten Funktion (Vertriebsleitung) auf ein ausländisches, nahe stehendes Unternehmen (A GmbH).
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Internationales Steuerrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-004-5.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
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LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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