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Datenschutzstrafrecht – Teil 13 – Verletzung von Privatgeheimnissen: Offenbaren

7.1.5 Offenbaren

Offenbaren ist das schlichte Mitteilen des Geheimnisses an einen Dritten, der die Tatsache noch nicht kennt (Fußnote). Dritter kann niemals der Betroffene selbst sein, selbst wenn er das Geheimnis bisher nicht kannte. Teilt der Arzt seinem Patienten also Erkrankungen mit, macht er sich verständlicherweise nicht nach § 203 StGB strafbar. Ein Geheimnis wird auch offenbart, wenn der Dritte eine vage Ahnung dahingehend aber eben noch keine sichere Kenntnis hatte. Der Empfänger muss die Mitteilung tatsächlich verstehen.
Kein Offenbaren liegt vor, wenn der Geheimnisträger das Geheimnis einem anderen Träger eben dieses Geheimnisses mitteilt.

Beispiel
Arzt T unterhält sich mit Arzt A über von ihm diagnostizierte HIV-Erkrankung von Patient P.

  • Hier ist zu unterscheiden: Befindet sich P in einem Krankenhaus und wird sowohl von T als auch von A behandelt (etwa weil einer von beiden der Chefarzt ist), sind beide schweigeverpflichtet, sodass das Geheimnis nicht weitergetragen werden kann. Wäre A allerdings nur ein befreundeter Kollege von T, unterläge er nicht der Schweigepflicht, da er dieses Geheimnis nicht in Ausübung seiner Tätigkeit erlangt hätte. In diesem Fall würde sich T nach § 203 StGB strafbar machen.

Auch gegenüber Angehörigen des Geheimnisbetroffenen besteht die Schweigepflicht, nicht aber gegenüber dem gesetzlichen Vertreter.
Die Art und Weise des Offenbarens ist irrelevant. Es ist auch möglich, durch Unterlassen zu offenbaren, wobei allein das unvorsätzliche offene Herumliegenlassen noch nicht ausreicht.

7.1.6 Unbefugt

Der Betroffene kann mit der Weitergabe des Geheimnisses einverstanden sein, sodass das Offenbaren dann nicht mehr unbefugt war. Das Einverständnis kann ausdrücklich oder konkludent erteilt werden. Allerdings muss der Betroffene begriffen haben, welche Folgen es haben könnte, dass sein Geheimnis veröffentlich wird und sich damit abgefunden haben.
Bei Drittgeheimnissen ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob auch der Geheimnisträger ohne die Zustimmung des Betroffenen die Befugnis zur Offenbarung erteilen kann. Die unterinstanzliche Rechtsprechung ist in dieser Hinsicht nicht einheitlich.

7.2 Subjektiver Tatbestand

Der Täter muss hinsichtlich der Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale zumindest mit --> dolus eventualis handeln.

Irrtümer
Gerade beim Tatbestand des § 203 StGB sind vielerlei Irrtümer denkbar.

  • Glaubt der Täter, einem Dritten ein Geheimnis zu verraten, wobei er dieses bereits kennt, liegt ein grundsätzlich strafbarer untauglicher Versuch vor. Da aber nur der Versuch eines Verbrechens bestraft wird und bei Vergehen eine explizite Anordnung der Strafbarkeit des Versuchs notwendig ist, die bei § 203 StGB fehlt, wird der Täter in diesem Fall nicht bestraft.
  • Glaubt der Täter, der Betroffene wäre mit der Weitergabe einverstanden, kommt ein Tatbestandsirrtum in Betracht. Nach § 16 I 1 StGB ist in diesen Fällen der Vorsatz ausgeschlossen, sodass der Täter ebenfalls nicht bestraft wird.
  • Glaubt der Täter, die mitgeteilte Tatsache sei jedem bekannt und daher gar nicht geheim, kommt ebenfalls ein Tatbestandsirrtum in Betracht. Hier ist allerdings eine detaillierte Überprüfung des Vorsatzes unentbehrlich. Zieht der Täter in Betracht, dass die Tatsache doch geheim sein könnte und offenbart er sie dennoch, liegt es nahe, dolus eventualis hinsichtlich der Verwirklichung des § 203 StGB anzunehmen.
  • Glaubt der Täter, er dürfe das Geheimnis auch ohne Einverständnis des Betroffenen an andere grundsätzlich schweigepflichtige Personen weitergeben, liegt ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB vor. Die Tat bleibt in diesem Fall nur unbestraft, wenn der Irrtum unvermeidbar war.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Datenschutzstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Guido-Friedrich Weiler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Sven Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-61-8.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 203 StGB

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