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Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) als Rechtsform für mittelständische Unternehmen – Teil 16 – Das monistische Leitungssystem: Verwaltungsrat, Mitglieder

5.2 Das monistische Leitungssystem

Bei dem monistischen Leitungssystem wird das geschäftsführende Organ, das gleichzeitig überwachende Funktion innehat, als Verwaltungsrat bezeichnet. Neben ihm existieren sog. geschäftsführende Direktoren, die keine Überwachungsfunktion innehaben, sondern mit der Führung der laufenden Geschäfte betraut sind. Da es in Deutschland bisher keine Regelungen für ein monistisches Leitungssystem gab, wurden die §§ 20 - 39 SEAG neu geschaffen. In der SE-VO ist das monistische System in den Art. 43 - 45 SE-VO geregelt.

5.2.1 Verwaltungsrat

In Art. 43-51 SE-VO sowie in §§ 22 ff. SEAG sind geregelt,

  • wie viele Mitglieder ein Verwaltungsrat haben muss
  • welche persönlichen Voraussetzungen bei einem solchen erfüllt sein müssen
  • wie die Bestellung und die Abberufung erfolgt
  • wie der Verwaltungsrat intern zu organisieren ist und
  • welche Aufgaben er hat.

5.2.1.1 Erforderliche Mitgliederanzahl des Verwaltungsrates

Die Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsrates wird gem. Art. 43 II 1 SE-VO in der Satzung der SE festgelegt. In einer deutschen SE muss dieser gem. § 23 SEAG aus drei Mitgliedern bestehen, sofern die Gesellschaft ein Grundkapital von 3 Millionen Euro aufweist. Diese Mindestanzahl ist erforderlich, wenn der Verwaltungsrat mitbestimmt ist, d.h. wenn gemäß den gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen eine Pflicht besteht, dass Arbeitnehmer mittels Arbeitnehmervertreter in diesem vertreten sind. Sofern diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist es ebenso möglich, in der Satzung eine niedrigere Mindestanzahl festzusetzen. Die Höchstzahl der Mitglieder unterliegt dabei einer Staffelung.

Es gelten folgende Höchstgrenzen:

  • Grundkapital von bis zu 1.5 Mio. Euro: höchstens 9 Mitglieder
  • Grundkapital von mehr als 1.5 Mio. bis 10 Mio. Euro: höchstens 15
  • Grundkapital von mehr als 10 Mio. Euro: höchstens 21 Mitglieder

5.2.1.2 persönliche Voraussetzungen der Mitglieder des Verwaltungsrates

Die persönlichen Voraussetzungen eines Verwaltungsratsmitgliedes sind in § 27 I SEAG geregelt. Mitglied kann nicht sein, wer

  • bereits in zehn Handelsgesellschaften, die gesetzlich einen Aufsichtsrat oder einen Verwaltungsrat zu bilden haben, Mitglied des Aufsichtsrats oder des Verwaltungsrats ist
  • gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens ist oder
  • gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, deren Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat ein Vorstandsmitglied oder ein geschäftsführender Direktor der Gesellschaft angehört.

Beispiel
Z ist seit geraumer Zeit Vorsitzender des Verwaltungsrates einer 100%igen französischen Tochtergesellschaft einer deutschen Mutter-SE und soll nun auch als Verwaltungsratsmitglied des deutschen Mutterunternehmens ernannt werden.

  • Bei einer 100%igen Tochtergesellschaft handelt es sich um ein abhängiges Unternehmen. Grundsätzlich können gesetzliche Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens nicht zum Verwaltungsratsmitglied gem. § 27 I SEAG bestimmt werden, sodass es dem Z nicht möglich ist, ein solches zu werden.

5.2.1.3 Bestellung und Abberufung

Die Mitglieder des Verwaltungsrates werden gem. Art. 43 III 1 SE-VO von der Hauptversammlung bestellt. Der erste Verwaltungsrat kann durch die Satzung der SE bestellt werden, Art. 43 III 2 SE-VO. Eine Bestellung von Stellvertretern der Mitglieder ist nicht möglich. Ersatzmitglieder können jedoch gem. § 28 III SEAG gleichzeitig bestellt werden. Ersatzmitglieder haben die Funktion, nachzurücken, wenn das ursprüngliche Mitglied vor Ablauf seiner Amtszeit ausscheidet. Ist der Verwaltungsrat unvollständig, ist eine Ergänzung durch Bestellung des Gerichts möglich, Art. 43 IV SE-VO i.V.m. § 30 SEAG.

Die zeitliche Begrenzung ist wie bei der dualistisch geführten SE geregelt. Die Mitglieder werden gem. Art. 46 SE-VO für einen in der Satzung der SE festgelegten Zeitraum, der jedoch sechs Jahre nicht überschreiten darf, bestimmt. Die Mitglieder des Verwaltungsrates, die von der Hauptversammlung ohne Bindung eines Wahlvorschlages, d.h. ohne Bindung an eine Liste mit Bewerbern, die sich zur Wahl stellen, gewählt wurden, können gem. Art. 43 IV SE-VO i.V.m. § 29 SEAG vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in der Satzung der SE gem. § 29 I 2 SEAG mit einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen von der Hauptversammlung abberufen werden.
Die Verwaltungsratsmitglieder, die durch Satzung festgelegt wurden, können gem. § 29 II SEAG vom Satzungsgeber, d.h. den an der SE Firmierung beteiligten Gesellschaftern, mit einfacher Mehrheit abberufen werden. Das Gericht kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auf Antrag des Verwaltungsrats ein Mitglied abberufen, § 29 III SEAG.

Beispiel
X hat sich in seiner Funktion als Mitglied des Verwaltungsrates der N-SE immer wieder in der Öffentlichkeit negativ über das Unternehmen geäußert. Des Weiteren sind immer wieder Informationen über die interne Zusammenarbeit an die Presse gelangt. Dieses Verhalten hat dem Großteil der Aktionäre missfallen, da es immer wieder zu enormen Kursschwankungen geführt hat. X wurde damals von der Hauptversammlung ohne Bindung an einen Wahlvorschlag gewählt und soll nun wieder abberufen werden. 372 von 560 der abgegebenen Stimmen der anwesenden Mitglieder stimmen für eine Abberufung des X.

  • 420 von 560 der abgegebenen Stimmen der anwesenden Mitglieder hätten für die Abberufung des X stimmen müssen. Da lediglich 372 von 560 der abgegebenen Stimmen für eine Abberufung des X ausfielen, mangelt es an der erforderlichen 3/4 Mehrheit. Es liegt keine Abberufung des X vor.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) als Rechtsform für mittelständische Unternehmen“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Sarah Schwab, Wirtschaftsjuristin LL.M., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-60-1.


 

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Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
  • Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern
  • Liquidation von Gesellschaften
  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Normen: Art. 43 ff. SE-VO, §§ 22 ff. SEAG

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